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Nochmal Südküste

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Ausschweifungen

Von Vögeln, Lebenskräften und Gebärmüttern

Der Mensch ist allein. Eingeschlossen von Regen, Wind, Sonne und Firmament sieht er sich einer Natur gegenüber, die der Verstand nicht zu greifen vermag: der verwirrte Geist schafft sich seltsame Träume. »Hast du, Fischer, die Meerestochter gesehen, die am Ufer des Meeres ihr Haar kämmt, das so golden glänzt wie die Sonne im Mittag? – Ja, ich habe die weiße Meerestochter gesehen, habe sie sogar singen hören: ihr Gesang war klagend wie das Meer.«

Am Fuß der Felswand erinnert sich der Seemann an die Strafe Duhats, der Tochter Gradlons. An diesen Stellen leistet die Prinzessin von Ys auf ewig Sühne für ihre ausschweifenden Taten.

Die Maßstäbe verschwimmen. Man muß die Einbuchtungen der Erde erreichen: die Häfen. Der Hafen bildet eine hohle Verformung der Küste, einen Ort der Erholung und Erneuerung. Hier allein kehren die Lebenskräfte zurück, hier beginnt das Blut wieder in den Adern zu fließen, wenn man von diesen schwindelerregenden Orten gänzlich blutleer zurückfindet. Der Vergleich mit der lebensspendenden Funktion der menschlichen Gebärmutter ergibt auch eine Ähnlichkeit zwischen dem Entwurf eines Hafens und dem anatomischen Grundmuster im Menschen. Welcher Entwurf jedoch? Ein Hafen lebt in dem Lärm, den Düften, im Gesang der Vögel, dem Schaukeln der Boote, er lebt unter dem Nebel und den Wellen, und nicht im mathematischen Kalkül des Architekten.

Die Fischerhäfen an der bretonischen Südküste liefern dafür eindrucksvolle Beispiele. Weder Saint-Malo noch Paimpol, die sich mit dem Nimbus der abenteuerlichen Hochseefischerei umgeben, besitzen diese gleiche angenehme Wärme, wie sie sich in den Hafenbecken am Atlantik ausbreitet.