Sehenswert
Sehenswert
Grace und ihre Piraten
Granuaile Centre: Louisburgh, T. 98-66 19, F. 664 85. Im Juni montags bis samstags, im Juli täglich (sonntags sogar bis 18 h) und im Mai, September und Oktober von montags bis freitags von 10-17h. Mischung von Wachsfigurenkabinett, Andenkenladen und Restaurationsbetrieb, bei dem sich alles um die berühmte Grace dreht, mit historischen Dokumenten, Schiffsmodellen und den Burgen der O´Malleys.
Die kleine Gemeinde von 190 Einwohnern brachte immerhin 210.000 Euro zusammen, davon 50.000 Euro aus EG-Mitteln. Das Museum, erst im Frühsommer 1994 eröffnet, wurde auf Anhieb ein Erfolg, so dass nun ein Grace O´Malley-Gedächnispfad zu den Schauplätzen ihres Lebens, den Burgen und sicheren Ankerplätzen entlang der Küste geplant ist.
Die Geschichte der Grace O´Malley. Geboren wurde sie um 1530 in Louisburgh, in einem Haus, wo heute das Wort Ticket-Office prangt. Das war zu der Zeit als die Engländer unter Heinrich VIII. versuchten, das Land zu unterwerfen. Irland war in über siebzig, sich untereinander befehdende Fürstentümer zerfallen. Grace´s Vater war der gewählte Fürst der O´Malleys, einem der wenigen irischen Clans, die von der Seefahrt lebten. Er verheiratete Grace, als sie sechzehn war, mit Donal O´Flaherty, dem Häuptling eines anderen mächtigen Clans an der Westküste. Das Leben als Hausfrau und Mutter erfüllte sie nicht, so dass sie bald begann, sich in die politischen Angelegenheiten ihres Mannes, in die Intrigen und Machtkämpfe, einzumischen. Ihre Engagement trug ihr die Zuneigung der Clan-Gefolgsleute ein, die sie vor allem dafür bewunderten, dass sie sich beherzt auf die Seeräuberei verlegte. Sie liebte das Meer und hatte ihre Flotte im Griff. Die Männer gehorchten ihren Befehlen, denn sie verstand sich auf die Seefahrt wie keiner von ihnen. Von Zeit zu Zeit überfiel sie mit ihren Leuten Handelsschiffe der reichen Kaufleute von Galway, die damals den Seehandel mit England, Schottland und der iberischen Halbinsel beherrschten und allen Außenstehenden den Zugang zum Hafen verwehrten. Grace ließ die Schiffe aufbringen, ging an Bord, verhandelte mit den Kapitänen über eine angemessene »Gebühr« für eine sichere Passage. Willigten sie ein, durfte das Schiff passieren. Taten sie es nicht, dann ergriffen Grace und ihre Piraten mordend und plündernd Besitz von den Schiffen. In zweiter Ehe heiratete Grace Richard Burke, den Anführer der nordöstlichen Nachbarn des O´Malley-Clans, denn sie entwickelte sich zu einer machtbewußten Frau. Doch auch diese Allianz war zu schwach, um die Region vor den Engländern zu schützen, die damals versuchten, die irischen Fürstentümer zu unterwerfen. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen versuchte Grace, das Problem auf andere Art in den Griff zu bekommen, indem sie um eine Audienz bei Elisabeth I. von England nachsuchte. So standen sich die beiden Frauen im September 1593 gegenüber, und Grace fand mit ihrem Anliegen, Schutz vor den unberechenbaren und harten britischen Abgesandten sowie Freilassung ihres Sohnes aus dem Gefängnis, Gehör. Von der Geschichtsschreibung war Grace O`Malley lange Zeit vergessen. Zwar entstanden Lieder und eine Fülle von Balladen, Grace nahm in der Volksüberlieferung eine überlebensgroße Gestalt an und war eine Symbolfigur, vor allem im 18. Jh., als die Engländer jeden Ausdruck nationaler irischer Identität mit harter Hand unterdrückten, sie lebte in Romanen und Jugendbüchern, aber erst mit Erscheinen des gründlich recherchierten Buches »Granuaile A Notorious Woman« von Anne Chambers, einer Bankangestellen, die nach Feierabend in den Archiven der Dubliner Universität gestöbert hatte und dabei auf Manuskripte aus dem 16. Jh. gestoßen war, horchten die Gelehrten auf. So stieß sie auf den Bericht des englischen Abgesandten Sir Henry Sidney aus dem Jahr 1577, in dem es heißt: »Es kam auch ein sehr weiblicher Kapitän namens Grany Imallye zu mir, ... mit drei Galeeren und zweihundert kämpfenden Männern ... Sie brachte auch ihren Mann mit, denn sie war wohl zur See wie an Land deutlich mehr als seine Frau Gattin. Dies war eine berüchtigte Frau entlang der ganzen irischen Küste.« Anne Chambers förderte auch ein Verhörprotokoll zutage, in dem Grace O´Malley auf achtzehn Fragen Antwort gibt, zu ihrem Leben und dem ihrer Söhne, ihrem Besitz und ihrer Macht. Ferner fand sie die Petition, mit der Grace vor Elisabeth I. getreten war. Das war der Beweis dafür, dass es diese Frau aus einem der entlegensten Winkel Irlands mit den Mächtigen ihrer Zeit aufgenommen hatte. Die Lobgesänge der Barden waren nicht nur eine Legende aus vergangenen Zeiten, sondern sie hatten auch einen wahren Kern. Heute haben Frauengruppen Grace für sich entdeckt, und auch das Unterrichtsministerium erwägt, ihre Geschichte in den verbindlichen Lehrkanon für die Sekundarschulen aufzunehmen. Für Leseratten: »Granuaile A Notorious Woman« von Anne Chambers, Wolfhound Press, Dublin. »Grania She-King of the Irish Seas«, Morgan Llywelyn, Sphere Books, London. »Ich, Grace O´Malley«, Franjo Terhart, Ed. Bitter, Recklinghausen 1991.