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Walt Disney

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Es war einmal ... die Disney Story

Wie ein unglücklicher Mann Kinderträumen Gestalt verlieh

Mickeymaus, der biedere Held

Wie alle Stars stieg auch Mickey Mouse 1928 vom Himmel Hollywoods herab. Ursprünglich war Mickey nämlich keine Comicfigur, wie viele Leute meinen, sondern entstammt einem Zeichentrickfilm. Disney war kein besonders talentierter Zeichner und stellte seine Versuche diesbezüglich auch frühzeitig wieder ein. Er war vor allem ein einfallsreicher Mann, der es verstand, seine Ideen auch in die Tat umzusetzen. Der Gedanke, seine Figuren mit Gesichtsausdrücken auszustatten, die ihre Gefühle widerspiegeln, gilt als sein erster bahnbrechender Einfall.

Die Legende besagt, dass Disney eine kleine Maus bei sich aufnahm, die er Mortimer nannte. Sie wurde später in Mickey umgetauft, da ihr erster Name ihrem Besitzer zu hochtrabend schien.

Um die Arbeit der Zeichner zu erleichtern, besteht Mickey in der Hauptsache aus runden Formen: runde Ohren, runder Kopf, runde Augen ... und sogar runde Hosenknöpfe. Später sollten Psychoanalytiker in diesen Rundungen ein Zeichen von Menschlichkeit und Sympathie entdecken. Sie verbanden damit Frauen, Früchte ... Der Kater Felix mit seinen spitzen Ohren wirkt da sehr viel härter und aggressiver.

Nicht immer gehört Mickey zu den Tapfersten, er legt jedoch das Heldentum des kleinen Mannes an den Tag. Er flüchtet vor Pat Hibulaire, aber zögert nicht, die Ehre Minnies zu verteidigen. Er zeigt sich dem weiblichen Geschlecht gegenüber schüchtern, zeichnet sich aber durch eine Art Charakteradel aus, der auffallend an Charlie Chaplin erinnert. Ein gutes Beispiel für Kinder, ein anständiger Erdenbürger.

Schon bald erkannte Disney, dass die Zukunft dem Tonfilm gehörte. Steamboat Willie, der im Disneyland gezeigt wird, ist der erste Zeichentrickfilm mit synchronisiertem Ton. Nur wenige Besucher wissen, dass die näselnde Stimme Mickeys dessen Schöpfer höchstpersönlich gehörte.

Weitere geniale Fähigkeiten bewies Disney auf dem Gebiet des Marketing und der Marktstudien, schon bevor diese Dinge überhaupt offiziell erfunden worden waren. Er lud seine Mitarbeiter ins Kino ein, wenn sein neuester Trickfilm gezeigt wurde, und ließ sie die Reaktionen des Publikums beobachten. Hinterher wurde ausgewertet, warum manche Gags bessere Wirkung gezeigt hatten als andere.

Was Disneys übrige Stars anbelangt, so hat er sie einfach aus bekannten Kinderbüchern geklaut. Charles Perrault lieferte »Cinderella«, Lewis Carroll »Alice im Wunderland«, Collodi »Pinocchio«, Kipling »Mogli« und Jules Verne den »Kapitän Nemo«.

Disney starb am 15. Dezember 1966 im Alter von 65 Jahren an Lungenkrebs. Erst nach seinem Tode übrigens bestätigten sich Gerüchte, dass Disney 25 Jahre lang als Zuträger und Denunziant für das FBI tätig gewesen war, wie der Schriftsteller Marc Eliot in seinem Buch »Walt Disney: Hollywoods Dark Prince« aufgrund von FBI-Akten nachweist. Ziel war die Ausmerzung des Kommunismus verdächtigter Hollywoodstars, Produzenten und Regisseure.

Einen seinen besten Mitarbeiter, der sich als Streikführer hervorgetan hatte, denunzierte er z.B. mit dem vernichtenden Hinweis, er habe keine Religion und obendrein in seiner Jugend in Moskau studiert. Der so Angeschwärzte stand fünfzehn Jahre lang auf der schwarzen Liste des FBI und verlor, als Kommunist abgestempelt, immer wieder seinen Job. Auch Reagan wurde während seiner Zeit als Vorsitzender der Schauspielergewerkschaft unter dem Namen »Source T-10« als Agent geführt.

Privat war Disney ein unglücklicher Mensch. Disney trank ebenso hart wie heimlich, war Kettenraucher, hypernervös, was sich in zahlreichen Ticks zeigte, und litt unter schweren Zwangshandlungen. So mußte er bis zu dreißig Mal in der Stunde zum Händewaschen ans Waschbecken. Ursprung seiner Traum- und Scheinwelten war wohl die unglückliche Ehe seiner Eltern und sein strenger Vater, der ihn regelmäßig mit dem Lederriemen züchtigte. Da Disney ihn natürlich ablehnte, fantasierte er sich zusammen, dass dieser gar nicht sein Vater sei, dass es irgendein Geheimnis gebe usw.

Diese existentielle, neurotische Unsicherheit über seine Identität zog ihn zu Stoffen wie Schneewittchen hin, dem im Wald ausgesetzten Stiefkind; zu der Holzpuppe Pinocchio, die sich danach sehnt, leiblicher Sohn ihres Erzeugers zu sein; zum Rehkitz Bambi, das seine Mutter verliert und vom Vater getrennt wird. Alles kreist um die Heiligkeit der Familie und die tragischen Folgen ihrer Auflösung. Wie bei allen Märchen handelt es sich im Kern immer um ödipale Konflikte. Daher die Anziehungskraft, denn schließlich sind wir alle durch die Schule der Familie gegangen.

Noch mit walnußgroßen Tumoren in der Lunge betrachtete Disney seine heile Welt vom St. Josephs Hospital, das Disneyland gegenüberliegt, bis zuletzt.