Geliebte des Raben
Zeitreiseroman ins mitteralterliche England
Die Geliebte des Raben, Droemer/Knaur Verlag 2005, 445 Seiten, 8,95 Euro, Autor: Denise Giardina
Bücher mit glänzendem königsblauem Einband und einer dicken Edelsteinbrosche vorne drauf machen mich von jeher skeptisch. Lass dich nicht von Äußerlichkeiten blenden, habe ich mir gesagt und nun liegt er vor mir, der "Zeitreiseroman voller Erotik, Spannung und Humor". So zumindest drückt es der Klappentext-Titel aus. Dann wollen wir es mal wagen...
Lydde Falcone ist zwei Jahre alt, als ihre gesamte Familie mit Ausnahme ihres Vaters bei einem Brand ums Leben kommen. Von da an wächst Lydde bei ihrer Tante Lavinia und ihrem Onkel John in West Virginia auf. Schon bald entdeckt sie ihre Neigung zur Schauspielerei. Diese Neigung wird schließlich auch zum Beruf und so verdient sich Lydde bald in Großbritanien als Theaterschauspielerin. Als sie 55 Jahre alt ist, besucht sie ihr Onkel John in Lyddes (imaginären) Heimatstadt Norchester. Dieser bittet sie, bald möglichst nach Hause zu kommen. Er müsse ihr etwas wichtiges zeigen. Dies jedoch wird erst zu Lyddes Entschluss, als der Onkel kurz nach seiner Rückkehr einem Herzanfall erliegt. In West Virginia angekommen kann sich keiner so recht das plötzliche Ableben erklären und so macht sich Lydde bald auf die Suche nach Dokumenten, um herauszufinden, welche wichtige Mitteilung ihr Onkel für sie bereit hatte.
Statt Dokumenten findet Lydde einen Schlüssel, der durch mehrere geheimnisvolle Türen in den Bergen führt und sie schließlich in eine Kirche in Norchester des 17. Jahrhunderts katapultiert. Dort angekommen wird die aufgrund ihrer Kleidung und ihres Haarschnitts schnell für einen Jungen gehalten. Einen Jungen? Ja, denn ein angenehmer Nebeneffekt der Zeitreise ist, dass ihr Körper nun wieder der einer 20jährigen ist. Und dann läuft ihr auch noch Onkel John über den Weg...
Und so trifft Lydde nicht nur auf den verloren geglaubten Onkel, sondern auch auf die große Liebe in Gestalt eines Robin Hood Verschnitts namens "der Rabe". Nach dem ersten Treffen mit dem maskierten Helden dauert es kaum ein paar Wortwechsel, bis sich die Heldin am liebsten auf der Stelle mit ihm vereinigen würde. Na ja, der 20jährige Körper halt. Aber dies ist nicht die einzige schlecht nachvollziehbare Stelle in diesem Roman. Generell bleiben die Figuren absolut blutleer und gesichtslos.
Der Schreibstil der Autorin ist etwas aufdringlich und variiert ständig in seiner Erzählgeschwindigkeit. So ist es kein Wunder, dass Protagonisten unterwegs vergessen werden und bei späterem Wiederauftauchen keinen Sinn mehr machen. Wer sich nicht auch noch auf die Suche nach Anachronismen macht, wird über diese erzählerischen Schwächen unter Umständen hinwegsehen können.
Ich bin mir durchaus bewusst, dass es sich hierbei um einen Science-Fiction-Roman hält. Allerdings misslingt es der Autorin komplett, Zusammenhänge nachvollziehbar darzustellen. Ganz zu schweigen von der aufgezwungenen Liebesgeschichte.
MM
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