Eine amerikanische Familie
Eine amerikanische Familie
Auf der Suche nach dem Sinn des (amerikanischen) Lebens
Eine amerikanische Familie | Aufbau-Verlag | 336 Seiten | 19,90 Euro | von Matthew Sharpe
Er überlegte, dass er den Fänger im Roggen lesen sollte, oder irgendeine Fänger-im-Roggen-ähnliche Zumutung, die Teenager auf der ganzen Welt über sich ergehen lassen mussten. [...] Schon vor langer Zeit hatten sie ihm den "Fänger im Roggen" bis zum Erbrechen in den Hals gestopft. Dann hatten sie ihm den Fänger im Roggen zusammen mit seinem Erbrochenen in den Hals zurück gestopft, bis er sich wieder erbrechen musste und sie ihm den Fänger im Roggen plus sein erbrochenes Erbrochenes noch einmal reingewürgt hatten, und inzwischen war es das einfachste, nur zu schlucken.
Er, das ist Chris, der 16jährige "Fänger im Roggen" der Jetzt-Generation. Er tut es Salingers "Holden Caulfield" gleich und begibt sich auf die Suche nach seinem Platz in dieser Welt, mit der er sich eigentlich gar nicht identifizieren kann. Der Vater geisteskrank durch Selbstverschulden, die bigotte Schwester vom besten Freund geschwängert, seine Mutter beginnt ein Verhältnis mit einem wesentlich älteren Mann.
Der arme Matthew Sharpe wird nur zu gerne mit "Jesus von Texas"-Autor DBC Pierre verglichen. In diesem Vergleich jedoch geht er als Verlierer hervor, da er dessen Wortgewalt nicht erreichen kann. Thematisch halten sich beide an das heutige, gespaltene Amerika und bedienen sich eines pubertierenden Sechszehnjährigen. Sharpes Charaktere zeichnen sich allesamt durch Einsamkeit sowie eine tiefe, psychologische Zerrissenheit aus. Diese amerikanische Familienrealität ist sicherlich etwas überzeichnet, doch sie drückt wohl ganz treffend die Einsamkeit und Leere einer von Konsum und Werbeidealen beherrschten Welt aus.
MM
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