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Boston

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Boston (Vorwahl: 617)

Liberal und europäisch

Die legendäre Tea-Party und ihre Folgen

Bedauerlich, dass Boston in den Reiserouten so vieler Reisefiebriger schnöde übersprungen wird. In erster Linie handelt es sich um eine hübsch anzusehende Stadt mit zum Teil engen und verschlungenen Straßen, in denen die Gaslaternen noch nicht durch elektrische ersetzt wurden.

In vielerlei Hinsicht erinnert Boston an San Francisco oder ein europäisches Städtchen. Der Name Bostons ist mit allen großen liberalen Fragen der amerikanischen Geschichte verbunden: Revolution, Unabhängigkeit, Abschaffung der Sklaverei, Emanzipation der Frauen. Paradoxerweise ist Boston zugleich die Stadt der Intoleranz, das Zentrum der Puritaner und der Quäker, wo »die Cabots ausschließlich mit den Lowells sprechen und diese wiederum ausschließlich mit Gott.« Man gibt sich reichlich zugeknöpft, und doch sind da gleichzeitig der Hafen, wo sich abends die alkoholisierten Seeleute raufen, und ein beachtliches Universitätsviertel.

Was soll´s: eine Stadt, die seit 350 Jahren existiert, hat wohl ein Recht auf etliche Wiedersprüchlichkeiten.

Ein wenig Geschichte

Boston, die Wiege Amerikas: im Jahre 1620 ging die Mayflower im nahegelegenen Plymouth vor Anker. An Bord befanden sich 102 Siedler aus England, darunter 41 Puritaner. Wenn man mal nachrechnet, wer heute alles für sich beansprucht, einen Vorfahren auf der Mayflower gehabt zu haben, dann hätten es mindestens dreitausend Personen sein müssen, die damals in die Neue Welt gezogen sind!

Kurz und gut, seit 1630 entwickelte sich Boston mit rasender Geschwindigkeit. Einige Stationen: 1635: Gründung der ersten Lateinschule Amerikas, der Boston Public Latin School, gefolgt von einer theologisch ausgerichteten Universität, aus der sich Harvard entwickeln sollte; 1673: Einrichtung der ersten Werft; 1698: Erstellung der ersten Straßenkarte; 1704: Druck der ersten Zeitung, des »Boston News Letter«.

In der Mitte des 18. Jhs ist Boston die bedeutendste Stadt der Kolonie und beginnt sich gegen die autoritäre Haltung Londons aufzulehnen. 1770 wird ein Aufstand gegen neue Steuern von den Engländern blutig niedergeschlagen: das »Boston Massacre«. Und schließlich, im Jahre 1773, werfen die Bostoner, aus Zorn über die ausufernden Einfuhrzölle auf Tee, eine ganze Schiffsladung Teesäcke ins Meer: die »Boston Tea Party«, der Anfang auf dem Weg zur Unabhängigkeit. 1776 vertreibt George Washington die englischen Truppen dann aus der Stadt.

Eine Vielzahl berühmter Personen stammt ursprünglich aus Boston oder hat zumindest hier gewohnt. Unter anderen: Edgar Allan Poe, Hawthorne, Emerson, Longfellow, Henry James und Benjamin Franklin, der Mann, der in einer einzigen Nacht so unglaublich viele »Eisendrähte« verkaufte – er war Erfinder des Blitzableiters – der Architekt Louis Sullivan, der vor allem in Chicago Karriere machte; Samuel Morse, der die Morsezeichen erfand; die Präsidenten John Adams und John Quincy Adams und, aus der Umgebung, ein gewisser John Fitzgerald Kennedy.

Im 19. und 20. Jh. verliert Boston zwar an Bedeutung, mischt aber weiterhin vorne mit: 1810, erstes großes Orchester; 1826, erste Eisenbahn; 1845, erste Nähmaschine; 1846, erste Operation mit Betäubung; 1862, erste Football-Mannschaft; 1873, erste Universität, die alle Fakultäten den Frauen öffnet; 1874, erste Sprachübermittlung per Fernsprecher; 1875, Geburt der ersten Weihnachtskarte; 1897, erster Marathon; 1929, erster funktionierender Elektronikrechner; 1959, erste Anti-Baby-Pille und so fort.