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Quattro Canti

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Quattro Canti: ein Viertel voller Überraschungen

Kirchen und Paläste

 

  • Das Quattro-Canti-Viertel bildet den »Nabel« Palermos (Plan II, E4). Es handelt sich zunächst um die Kreuzung zweier Hauptverkehrsadern, der Via Maqueda und des Corso Vittorio Emanuele, welche die Altstadt in vier große Viertel aufteilen. Vier Barockbauten, davor Brunnen und die vier Jahreszeiten darstellende Statuen - das Ganze gekrönt von den Wappen der Herrscherfamilien - ergeben einen sehenswerten architektonischen Komplex, dem Restauratoren unlängst neuen Glanz verliehen haben. Daneben dann die Piazza Pretoria: ein hübscher Platz, gesäumt von Kirchen und Palazzi, mit dem großen Springbrunnen aus dem Jahre 1555, der wie die Kulisse zu einem Theaterstück wirkt. Gedacht war er ursprünglich für eine florentinische Villa, wurde dann aber 1575 nach Palermo geschafft. Die Nacktheit der männlichen Statuen war wohl nicht nach dem Geschmack der Nonnen im benachbarten Kloster. Fromme Schwestern beschlossen daher eines Tages, die unzüchtigen Kerle zu entmannen. Da die empfindlichen Teile aber nicht sichtbar waren, brachen sie aus Rache den Statuen wenigstens die Gesichtserker ab. Mamma mia ... was es nicht alles gibt.

    Bei Sonnenuntergang oder nachts, wenn hell erleuchtet, wirkt die Piazza besonders stattlich - nicht zuletzt, weil die vielen Touristen dann in ihre Betten verschwinden. Im Hintergrund erhebt sich das Kloster Santa Caterina (16. Jh.) von dem es heißt, es stelle mit das ansehnlichste Barockgebäude Palermos dar. Dessen Pforte ist jedoch schon seit Jahren verriegelt. Die Kirche, die zur Zeit restauriert wird, drohte übrigens einzustürzen. Von hier aus ist es nur ein Katzensprung zur Piazza Bellini - benannt nach dem ehemaligen Theater, wo heute Lucullus regiert - und zur Martorana-Kirche (zu besichtigen von 8-13h und 15.30-19h während der Sommermonate; bis 17.30h im Winter; sonntags nachmittags und an Feiertagen geschlossen) aus dem 12. Jahrhundert mit ihrem schmucken Campanilen. Allen Verstümmelungsversuchen getrotzt haben einige außergewöhnliche Mosaiken byzantinischen Ursprungs in der Kuppel. Die Kirche verdeutlicht das Zusammenspiel der verschiedenen Kulturen unter Roger II. und die Toleranz der normannischen Herrscher. Der nach byzantinischem Muster schwarzbärtige, asketische und zarte Roger - tatsächlich war er groß und blond - empfängt hier selbstbewußt aus der Hand des übergroßen, allmächtigen Christus - und nicht aus der des Papstes, dem Lehnsherrn - die sizilianische Krone. Ein weiteres Mosaik zeigt den weißhaarigen Stifter der Kirche, den Griechen Giorgio d´Antiochia, Großadmiral und höchster Befehlshaber des Königs, demütig vor der Madonna liegend. Nach ihm hieß die Kirche ursprünglich Santa Maria dell´Ammiraglio, bevor man sie nach einer späteren Wohltäterin La Martorana umtaufte.

    San Cataldo gleich nebenan datiert ebenfalls aus dem 12. Jahrhundert. Hinein gelangt man als Normalsterblicher normalerweise nicht, weshalb wir uns mit den drei rosaroten Kuppeln im arabischen Stil - erinnert entfernt an die Kopfbedeckung eines Eunuchen - begnügen müssen. Die Mutigeren können den Wächter der Martorana nach dem Schlüssel fragen. In diesem Fall sollte man jedoch ein »Trinkgeld« bereithalten.

    Von der Via Maqueda abbiegen in die Via Ponticello (Plan II, E4), und schon stehen wir vor der nächsten Kirche, übrigens der ersten von den Jesuiten erbauten auf der Insel, nämlich im ausgehenden 16. Jahrhundert. Nachdem sie im Zweiten Weltkrieg erheblichen Schaden genommen hatte, wurde die Chiesa del Gesù vorbildlich restauriert, wovon ein jeder sich zwischen 9-11h und 17-18.30h überzeugen kann (Busverbindungen: 1, 7, 38 und 46). Der ursprünglichen Pracht halber wurde sämtlicher Stuck wiederhergestellt, und zwar mit einer solchen Anhäufung singender und tanzender Putti, dass sie dem Betrachter bald zu den Ohren herauskommen. Der Via Ponticello weiter folgend, erreicht man die Piazza Ballaro am Fuße der Chiesa del Carmine, wo ein Markt geschäftiges Treiben entfaltet. Wir befinden uns hier im Albergheria-Viertel, von Belang für all jene, die durch Alt-Palermo flanieren möchten.

     

  • Palazzo della Provincia: Via Maqueda, Höhe Hotel Sicilia (Plan II, F5). Sich vom Doppelgitter mit elektrischer Verriegelung und den Überwachungskameras nicht einschüchtern lassen! Bei diesem Gebäude, heute Sitz des Provinzialrats von Palermo, handelt es sich um einen 1931 renovierten Palazzo aus dem 18. Jahrhundert, in dessen Innerem noch Decken im unverwässerten sizilianischen Barock zu bewundern sind - wirkt bei weitem nicht so klobig wie der neapolitanische - ferner Fresken, Spiegel, Gemälde, böhmische Kristallüster und altes Mobiliar. Falls der Rat nicht gerade tagt, sind die Versammlungssäle der Öffentlichkeit zugänglich. Für uns steht fest, dass in ganz Palermo kein eindrucksvolleres Gebäude existiert. Dem Neugierigen eröffnet sich hier eine einmalige Gelegenheit, das Innenleben eines richtigen Palazzo zu bewundern, von denen so viele rundherum dem Verfall preisgegeben sind. Besucher werden mit aller Zuvorkommenheit behandelt.

     

  • Jetzt denselben Weg zurück bis zu den Quattro Canti und links die Via Vittorio Emanuele hinauf: als erstes passieren wir die Chiesa di San Giuseppe dei Teatini (17. Jh.), deren Innenleben, auf das man während der Gottesdienste einen Blick riskieren kann, ein gutes Beispiel barocker Ausschweifung abgibt. Anschließend passieren wir die Chiesa San Salvatore, nun ein Konzertssaal, da ihre eigenartige ovale Form sich als akustisch günstig erwies. Zu besichtigen montags, mittwochs und freitags von 16-18h. Zu sehen gibt es das großartige Kuppelfresko des sizilianischen Künstlers P. Amato, samtbezogenes Gestühl rund um den Hauptaltar und eine Logen-Galerie für die ehemals vornehmen Kirchenbesucher, aus denen jetzt vornehme Konzertgänger geworden sind. Dann die Piazza Bologni: als Statue regelt hier Karl V. seit 1630 den Verkehr, vis-à-vis eines verfallenen Palazzos, der unlängst herausgeputzt wurde.