Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Die Araber

Body: 

Sanfte Herrschaft

Steuern statt Schwertkampf

Die Araber machen Sizilien reicher

Die etwa zweihundertjährige Araberherrschaft war für Sizilien eine unerwartete Wende. Sie landeten in einer Nacht mit hundert Schiffen unter Asad Ibn Far…t von Susa kommend mit zehntausend Mann, darunter Berber aus Tunis und Schwarze aus dem Sudan sowie siebenhundert Pferde, in Mazara del Vallo. Für die Inselbewohner waren sie zunächst nichts anderes als mächtige, gefürchtete Seeräuber. Einmal die Eroberungskriege überstanden, sollten sie jedoch unter den neuen Herren aufatmen, die sich als durchaus tolerant erwiesen.

Hausherren blieben die Araber bis 1061, als die Normannen ihren Erobererfuß auf die Insel setzten. Zuvor sorgten sie noch dafür, dass Palermo die schönste Stadt Siziliens wurde. Vom dort residierenden Emir hingen die Kadis (Führer) drei verschiedener Bezirke ab: in Noto (Südosten), Demone (bei Catania) und Mazara (Westen). Die arabische Verwaltung war nicht allzu zentralisiert, die christliche Religion toleriert, der Steuerdruck indes erheblich: trotz Aufschwung des Handels und der Landwirtschaft (Dattelpalmen, Bitterorangen, Maulbeerbaum, Zuckerrohr, Zitronen und Baumwolle). Aus Persien importierte ausgefeilte Bewässerungstechniken – man denke nur an die bis heute funktionierenden und auf das 11. Jh. zurückgehenden Bagni von Cefala Diana in der Provinz Palermo – legten den Grundstein zum sizilianischen Reichtum.

Wer sich den Arabern nicht widersetzte, dessen Eigentum blieb unangetastet. Das Volk durfte seinen Kult und seine Gesetze beibehalten. Niemand wurde gezwungen, sich zum Islam zu bekehren. Christen und Juden war es zwar verwehrt, neue Kirchen und Synagogen zu erbauen, doch gestattete man ihnen, die alten instand zu setzen und ungestört ihren Glauben auszuüben, sofern sie die ihnen auferlegten Regeln beachteten. So war es verboten, in Hörweite eines Muselmanen die Bibel zu lesen oder Gebete zu sprechen, die Glocken zu läuten, das Kreuz in der Prozession durch die Straßen zu tragen, Wein zu trinken, Waffen zu tragen und Pferde zu reiten. Pflicht war die Zahlung einer »Ungläubigensteuer« – eine gewitze Erfindung der Emire. Die Normannen drehten den Spieß später um und ließen die Muslime im Namen Allahs berappen.

Etappen der gar nicht so »grausamen und blutdürstigen« Araberherrschaft – die christlichen Geschichtsschreiber unterliegen gerne ihrer eigenen Propaganda, sobald es um die Konkurrenz geht – sind Fall und Untergang der wichtigsten Städte: Mazara im Jahre 827, Palermo und Messina 831, Lentini und Ragusa 848, Syrakus 878 und Taormina 903.

Ging es auch nicht immer friedlich zu – die Emire lagen sich mit den Berbern, die das in Girgenti umgetaufte Agrigent (Akragas) zu ihrem Hauptsitz erkoren hatten, des öfteren in den Haaren – wurde Sizilien unter der neuen, vernünftigen Verwaltung binnen kurzem zum reichsten Gebiet des Mittelmeerraumes. Die Landwirtschaft erfuhr Auftrieb, das verplattete geistige und kulturelle Leben neue Anstöße. Das von Byzanz und Rom eingeführte, ungerechte und erdrückende Steuersystem wurde abgeschafft. Die Araber – Seeräuber waren und blieben sie – raubten sich weiterhin an den Küsten Süditaliens ihr Schätze zusammen, mit denen der Hassimide Hassan Ben Ali die Hauptstadt Palermo reich machte. Und gewaltig muß dieser Reichtum gewesen sein. Als die Muselmanen 1072 ihre Herrschaft an die Normannen abtreten mußten, kaperten die Pisaner vor Palermo sechs flüchtende arabische Galeeren. Die Beute reichte für den Bau des Baptisterium, des Domes und des Schiefen Turms auf der Piazza dei Miracoli.