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Catania

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Catania (Vorwahl: 095)

Kampf dem Rufmord

Modernität und Kriminalität

Der mit gut 400.000 Einwohnern zweitgrößten Stadt Siziliens eilt ein doppelt schlechter Ruf voraus: zum einen gilt Catania als gefährliches Pflaster, das den Rekord bei Entführungen im besonderen und in der Kriminalitätsstatistik im allgemeinen hält; zum anderen behaupten die Sizilianer, besonders die aus Palermo, Catania sei von allen Städten die am wenigsten sizilianische. Mit diesen Vorurteilen gehört mal gewaltig aufgeräumt.

Catania macht zur Zeit tiefgreifende Veränderungen durch. Es ist der wichtigste landwirtschaftliche Umschlagplatz auf der Insel. Erdgas und -öl, schon vor einiger Zeit hier entdeckt, haben die Schwerindustrie angelockt. Es gibt also mehr Geld und mehr Banken, folglich häufen sich auch die Überfälle (was könnte man einem armen sizilianischen Bäuerchen im Hinterland schon abnehmen?). Alles nur eine Frage der Logik. Und dann das Problem der Arbeitslosigkeit mit noch schwerwiegenderen Auswirkungen als in anderen italienischen Großstädten - dank der besonderen Situation des Mezzogiorno - was den Anstieg der Kriminalität noch begünstigt. Wir können nur immer wieder auf die Ratschläge im Kapitel »Die Sizilianer« hinweisen!

Wie der Gelehrte Wolfgang Sartorius von Waltershausen vor der 32. Versammlung der deutschen Naturforscher 1856 in Wien berichtete, wäre die Stadt einmal fast von Lava überschwemmt worden. Um halb sechs abends am 8. März 1669 machten sich die ersten Zeichen eines Ausbruchs bemerkbar. Ein Wirbelsturm von einer Viertelstunde kam auf; die Sonne verfinsterte sich vor Asche und Staub. Es folgten Erdwellen, die Gebäude und Bäume wie Schiffe hin und her wogen ließen. Ein achtzehn Kilometer langer Riß tat sich auf und entließ wochenlang Lava »in der vierfachen Breite der Donau bei Wien«. Alles auf dem Weg des Stroms, Dörfer und Städtchen, wurden zugedeckt. Von Misterbianco ragte nur noch die Spitze des Kirchturms aus der Lava. Nach zwei Monaten drohte der Strom nicht nur mehr Catania zu umfließen, sondern durch eine Bresche von rund fünfzig Metern ins Stadtgebiet einzudringen. Ein Don Diego Pappalardo - jemandem mit so einem Namen hätten wir nicht getraut - machte sich anheischig, die Stadt zu retten. Mit seinem Bruder und hundert tapferen - zum Schutz vor der Hitze in Felle gekleideten - Mannen aus Pedura wollten sie die Lava, wo sie sich zu einem starren Wall aufgetürmt hatte, mit Pickeln und Brechstangen anstechen und die flüssige Glut dahinter in eine weniger gefährliche Richtung ablenken. Dumm nur, dass das erwähnte Misterbianco auf dieser auserkorenen Schneise lag. Die Einwohner kriegten die schnöde Untat spitz, und so blieb unseren kühnen Recken bald nichts anderes übrig als vor den fünfhundert aufgebrachten Eingeborenen zur Rettung ihrer Felle - und nicht nur dieser - Fersengeld zu geben.

Und was ist nun an jenem gebetsmühlenartig erhobenen Vorwurf dran, nicht »authentisch« zu sein? Gut möglich, dass Sizilien, wie´s einmal war, im Schwinden begriffen ist, wenn man sich vor Augen hält, wie rasch die Traditionen verwässern und wie tief familiäre Werte in der Krise stecken - was nicht immer von Nachteil sein muß. Man glaubt, auf der Straße, in den Kneipen oder auf Volksfesten immer mehr gelöste Gebärden wahrnehmen zu können, häufiger junge Leute im freien Umgang miteinander zu sehen, offener lächelnde junge Mädchen und ungeniert turtelnde Pärchen. Die großformatigen Trauerplakate sind in Catania oft auf das Maß schlichter Bekanntmachungen zurückgestutzt. Und die Kirche - neben der Mafia seit Verschwinden der DC einzige Stütze der alten Gesellschaftsordnung - hat bei alledem das Nachsehen, wie man sich denken kann.

Kurz und knapp gesagt wäre es ein Fehler, Catania einfach links liegen zu lassen. Die Altstadt braucht sich nämlich nicht zu verstecken, und außerdem würde man sich um das Vergnügen bringen, den quirligsten, buntesten und malerischsten Fischmarkt in ganz Sizilien zu erleben. Wär´ doch ewig schade, oder?

Ausflugstipp Castello die Nelson

Am westlichen Rand des Ätnas, zw. Adrano u. Maletto liegt Bronte mit dem Castello die Nelson, eine ehemalige Benediktiner-Abtei (Abbazione). Hier gibt es u.a. die Privatgemächer Admiral Nelsons zu sehen. Das Anwesen sowie der Titel "Herzog v. Bronte" wurde ihm 1799 von Ferndinand IV. v. Neapel zum Dank für die Niederschlagung eines Aufstands geschenkt. Den Anführer, Caracciolo, hatte Nelson freundlicherweise am Mast seines Schiffes aufgehängt. Erst 1981 hatte die Gemeinde das Schloss samt Ländereien vom letzten Nachfahren, Alexander Nelson Hood, aufgekauft.
Im Innenhof waren die Kelten unterwegs, denn sie haben ein Kreuz hinterlassen, so dass sich alle Briten freuen. Ferner gibt es eine Ikone, die ein gewisser Giorgio Maniace, im Jahr 1038 aus Griechenland herbrachte.
Insgesamt ein wundervolles Erlebnis, insbesondere für Kunstliebhaber.