Mittelalter
Religion und Wissenschaft im Mittelalter
Positiver Einfluß der Araber
Toleranz statt Integralismus
Die Tatsache, dass arabische Herrscher, Seeräuber und Sklavenjäger Süditalien, Korsika und Sardinen, die Balearen und die europäische Mittelmeerküste die Araber unterhielten sogar einen Stützpunkt bei Cap d´Agde in Frankreich bis ins 19. Jh. hinein unsicher machten, verstellt den Blick auf einige geschichtliche Tatsachen. Die traditionelle Geschichtsschreibung kennzeichnete die Araber als beutelüstern, grausam und voller Verachtung gegenüber fremden Kulturen. Dabei waren sie keineswegs als Barbaren auf Sizilien gelandet.
Während zu jener Zeit im christlichen Abendland nur wenige mit Feder und Tinte umgehen konnten überwiegend die Geistlichen, im Englischen »clergy«, woraus dann »clerk« (Büroangestellter) und auch der Eigenname »Clark« wurde besaßen die Araber öffentliche Bibliotheken, Schulen, und Universitäten (man beachte wieder unser unglaubliches Wissen!).
Ein Einwohner Palermos wäre als Besucher im völkerwanderungsgeschädigten Rom, in Köln oder in Paris sicher wegen des Drecks in den Straßen, des Mangels an Hygiene, an Schulen, Bädern und Spitälern befremdet gewesen, hätten sich quasi in einem »Entwicklungsland« gefühlt.
Die heutige Geschichtswissenschaft ist sich darüber einig, dass ohne arabischen Einfluß kein modernes Europa, wie wir es kennen, denkbar wäre.
Das maurische Spanien und das arabische Sizilien bildeten Einfallstore für Wissenschaft und Kunst der Muselmanen. Die Mauren hatten die antike Überlieferung mitgebracht, das wissenschaftliche Denken eines Aristoteles weitergegeben. So bemühte sich im 12. Jh. in Sevilla Ibn Ruschd Averroes (ca. 1120-1198) mit seiner Schule um ein begriffliches Denken, das sich vom theologischen unterscheiden sollte.
In Cordoba wurde der Arzt und Religionsphilosoph Maimonides geboren. Moses des Maimon (1135-1204) wurde ein Begründer des modernen Rationalismus, indem er sich bemühte, Gott aus der Vernunft zu begründen, eine wichtige Vorarbeit, weit über die mittelalterliche Philosophie hinaus.
Auf Sizilien konnten die Araber auch nach der normannischen Landung noch anderthalb Jahrhunderte wirken. Sprache der Wissenschaften war Arabisch. Kaftan und Turban gehörten zum Straßenbild. Der Adel wurde arabisch bekocht, genoß arabische Bäder und schmückte seine Behausungen entsprechend arabischem Geschmack aus. Unter Roger II. bestand die Leibwache aus Arabern. Muselmanen waren Minister, Ärzte, Wissenschaftler.