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Chiesa San Spirito

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Die Heiliggeistkirche

Erinnerung an einen blutigen Aufstand

Befreiung von den Franzosen

  • Heiliggeistkirche (Chiesa San Spirito bzw. Chiesa del Vespro) und »Sizilianische Vesper«: quaderförmige Normannenkirche mit gefälligen Rundbogenfenstern auf dem Friedhof von Sant´Orsola, hinter dem Krankenhaus (Plan II, E3). Busse 18, 42 und 46. Täglich von 9-12h zu besichtigen.

    Die Heiliggeistkirche entstand zwischen 1173 und 1178, als König Wilhelm der Gute regierte, zur Zeit des aus England gebürtigen Erzbischofs Gualtiero Offamilio (Walter of the Mill), und wurde 1282 Schauplatz der »Sizilianischen Vesper«, einer Revolte der Inselbewohner gegen die Willkürherrschaft der Bourbonen von Anjou. Ausgehend vom Vorplatz des Sakralbaus, wurden im Verlauf des sich flächenbrandartig ausbreitenden Aufstands vom Ostermontag 1282 an, nach dem Vespergottesdienst, zweitausend Franzosen von aufgebrachten Sizilianern umgebracht.

    Auslöser, aber nicht der tiefere Grund des Massakers war der Umstand, dass sich eine Gruppe angetrunkener französischer Soldaten ungebeten unter die Besucher des Kirchenfestes gemischt hatten. Von ihrer Obrigkeit daran gewöhnt, in Sizilien Narrenfreiheit zu genießen, begann ein arroganter Bursche namens Drouet, eine junge Frau zu belästigen. Deren Ehemann sah sofort rot - schließlich hatte der Feind sein Eigentum angetastet! - und zog das Messer. Die ihren Kumpanen zu Hilfe eilenden Franzosen sahen sich alsbald von haßerfüllten Männern umgeben. Der Funke war übergesprungen und entfachte eine seit langem unter einer dünnen Oberfläche schwelende Glut zum offenen Feuer. Mit dem Ruf Moranu li francisi! (»Tod den Franzosen!«) stürzten sie sich auf die Soldaten, von denen nicht ein einziger mit dem Leben davonkam. Die Nachricht von dem Vorfall verbreitete sich in Windeseile: bewaffnete Männer stürmten auf die Straßen und es begann ein fürchterliches Gemetzel. Sie drangen in die Häuser ein und verschonten weder Frauen noch Kinder; selbst mit Franzosen verheiratete Sizilianerinnen und Schwangere fanden keine Gnade. Die Raserei erfaßte Gastwirtschaften und Klöster und machte nicht einmal vor ausländischen Ordernsbrüdern halt. Wer das sizilianische Wort für Kirchererbsen, Ciciri, nicht aussprechen konnte, mußte Federn lassen. Die Aufständischen stürmten schließlich den nur unzureichend bewachten Königspalast - die Bediensteten hatten die Erlaubnis zur Teilnahme am Osterfest bekommen.

    Am nächsten Morgen war Palermo in der Hand der Aufrührer. Von hier aus breitete sich der Aufstand über das ganze Land aus. In der letzten entscheidenden Schlacht, in Messina, befreiten die Sizilianer ihre Insel schließlich von der verhaßten Franzosenherrschaft (Mala signorìa).

    Tatsächlich wurde die Herrschaft der Bourbonen in Sizilien als Usurpation begriffen, im Gegensatz zur »guten« Regentschaft der Normannen, insbesondere Wilhelms I., oder der Staufer. Nachdem die Bourbonen aus Sizilien vertrieben waren, fiel die Insel auf eigenen Wunsch an das Königshaus von Aragon (s. unser ausführliches Geschichtskapitel).