Interessante Pubs

Für Schluckspechte

Die Kneipenszene ist im Umbruch. Bei Bürgerkriegsbeginn waren es noch 600 Pubs bei einer Einwohnerzahl von 279.000; 1994 war die Zahl auf 175 gesunken. Namen wie McGurk´s Bar (15 Tote, Dez. `70), Rising Sun (7 Tote, Okt. `93) oder O´Tooles (6 Tote, Juni `94) markieren die Blutspur, die militante Eiferer durch Ulster zogen. Heute sind die Kneipen gefüllt, die Belfaster saufen wie verrückt, die nüchternen füllen Kaufhäuser und Geschäfte – ein völlig neues Lebensgefühl. Endlich herrscht wieder Leben auf den Hauptgeschäftsadern der Stadt. Selbst das Europa-Hotel, das »meistbombardierte Hotel der Welt« hat seine Ruhe wiedergewonnen. Treffpunkt aller »Kriegsberichterstatter« war das Europa ein Ort hektischen Nachrichtensammelns und feuchtfröhlicher Begegnungen, ein feudales Mediennest zwischen den Fronten.

Erst kürzlich hat Robinson´s wiedereröffnet, einer der traditionsreichsten Pubs in Belfast. Die zweistöckige Gaststätte in der Queen Victoria Street war 1991 nach einem Anschlag der IRA bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Nicht alle trauen dem Frieden. So war die »katholische« Rock Bar in der Falls Road, seit 1901 im Familienbesitz und allein im Frühjahr 1994 zweimal Ziel protestantischer Feuerüberfälle, zumindest vor kurzem noch verrammelt wie ein Hochsicherheitstrakt: die Fenster mit Maschendraht gegen Brandbomben gesichert, Einlaß erfolgte nur nach Überprüfung per Videokamera, erst auf zweifachen Knopfdruck öffnete sich die schwere Stahltür zum Schankraum.

— Kelly´s Cellar: 30 Bank Street (Plan C2). Die Seitengasse der Royal Avenue verläuft parallel zur Castle Street. T. 22 48 35. Populärer Treffpunkt für Studenten & Co und Randgruppen. Der Pub hat eine lange Geschichte auf dem Buckel: 1720 öffnete er zum ersten Mal die Pforten, damals hieß die Bank Street noch »Crooked Lane«. 1798 versammelte sich hier der Vorstand der United Irishmen, namentlich Wolfe Tone, Henry Joe McCracken, Dwyer, Thomas Russel u.a. Henry Joe McCracken, von den Redcoats Seiner Majestät in Bedrängnis gebracht, flüchtete sich unter den Tresen im Kelly´s. An der Wand hängen ein paar Originalzeugnisse dieser glorreichen Zeit. Andere illustre Gestalten statteten dem Pub einen Besuch ab: der Theaterschauspieler Sir Martin John Harvey, der Romanschriftsteller Hugh McCartan und der Abgeordnete der Nationalversammlung Wee Joe Devlin. Der Wirt hat den Laden kürzlich überholen lassen, was Gott sei Dank dem Ambiente der Gewölbe keinen Abbruch getan hat. Freitags und samstags stehen Music Sessions. An kulinarischen Genüssen werden außer Suppen und Imbissen Austern geboten, die nirgends in der Stadt billiger zu haben sind. Warme Küche 12-14.30h.

— The Crown: gegenüber vom Belfast Europa Hotel, 46 Great Victoria Street (Plan D2). T. 24 94 76. Seit 1826 besteht die Kneipe, die zunächst »Railway Tavern« hieß. 1885 jedoch wurde sie völlig umgekrempelt. Eine der Schlüsselszenen des Films »Odd Man Out« von Carol Reed spielt hier. Allerdings hat man nur den Außenbau wirklich abgefilmt; das Innere wurde im Londoner Studio nachgebaut. James Mason, als republikanischer Kämpfer auf der Flucht, sucht in der bewegenden Szene im Pub Unterschlupf. Mal auf die wunderbare Verzierung der viktorianischen Fassade achten. Der Architekt hat sich eindeutig von Italien inspirieren lassen. Auffällig in diesem Pub sind die vielen Snugs, abgetrennte Nischen, in sich turtelnde Pärchen zurückziehen oder auch Leute, die einfach unbehelligt ihr Bier schluppern wollen. Einer Anschlagtafel konnte man entnehmen, welches Separée noch frei war. Montags bis samstags mittags Pub Grub mit Stew, Austern, wenn es die Saison erlaubt und belegte Brote. Übrigens: der National Trust hat den Pub als einzigen in Irland aufgekauft. Er gilt Stein für Stein als schutzwürdiges Denkmal von nationalem Rang.

— White´s Tavern: Winecellar Entry; Eingang bei Nr. 15 Lombard Street. Die Straße beginnt an der Kreuzung des Castle Place mit der High Street (Plan C2). T. 24 30 80. Wir haben es hier mit der ältesten Taverne Belfasts zu tun, eröffnet 1630, was allerdings nur noch an der Fassade abzulesen ist. Da die Kneipe vom Ende des 18. Jhs bis 1950 als Spirituosenlager zweckentfremdet wurde, bleibt Kelly´s der älteste Pub mit ungebrochener Tradition. Innendrin wurde inzwischen alles auf modern getrimmt; das Dekor ist ein bißchen arg aufgemotzt. Montags bis samstags gibt´s zwischen 12 und 15h zu ganz bescheidenen Tarifen Burger, Quiches, gebackenen Schellfisch, Salate, Steaks, Tagesgerichte u.ä.. Mittwochabends ist Jazztime.