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Ein wenig Geschichte

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Ein wenig Geschichte

Hintergrundwissen zu den „Troubles“

Nach dem Verlust seiner drei am stärksten katholisch geprägten Grafschaften im Jahre 1921 verblieb Ulster weiterhin unter britischer Fuchtel. Für die katholische Minderheit im restlichen Gebiet brachen schwere Zeiten an. Die Spannungen zwischen den konkurrierenden Religionsanhängern wuchsen im Laufe der Jahre immer mehr an, bis es im August 1969 zu einem neuerlichen Gewaltausbruch kam. Seit 1922 wurde die katholische Minderheit mit Hilfe repressiver Gesetze planmäßig unterdrückt und in ihren Rechten beschnitten. Um den politischen Willen der Katholiken niederhalten zu können, bedienten sich die Machthaber des sogenannten »Gerrymandering«, d.h. sie beschnitten das Wahlrecht der Katholiken solange, bis diese auch dort unterrepräsentiert waren, wo sie in Wahrheit über die Mehrheit verfügten. So läßt sich zum Beispiel erklären, warum in der Stadt Derry, in der drei Viertel der Bevölkerung katholisch waren, diese Mehrheit nur mit acht Sitzen im Stadtrat vertreten war, während auf die protestantischen Unionisten zwölf Sitze entfielen. Damit nicht genug, brachte die Wahlzensur noch andere Ungerechtigkeiten mit sich: da nur Hauseigentümer eine Stimme abgeben durften, blieb es nicht aus, dass einige Unternehmer in der Praxis mit mehr als einer Stimme ins Gewicht fielen. Obendrein litt die so betrogene Minderheit unter Benachteiligungen am Arbeitsplatz und bei der Wohnungszuteilung. Ein paar Zahlen zur Illustration: 1970 waren bei der Belfaster Werft Harland & Wolf insgesamt zehntausend Leute beschäftigt; nur vierhundert davon waren Katholiken, obwohl sie im ganzen ein gutes Drittel der Stadtbevölkerung ausmachten.

Was den Mächtigen der Politik rechtens war, erschien den einfachen Arbeitern auf der Werft und in den Betrieben nur billig. Es kann nicht verwundern, dass die protestantischen Arbeitnehmer sich gegenüber den Katholiken für etwas Besseres hielten und auch keinerlei Skrupel zeigten, ihre Vorrechte zu verteidigen. Parallel dazu entwickelte sich in den nordirischen Städten eine Ghettoisierung nach religiösen Gesinnungen, wurden Katholiken im Zuge einer »ethnisch-konfessionellen Säuberung«, wie man das heute nennt, aus ihren Häusern vertrieben. Dies betraf vor allem die intoleranteren unteren Schichten. Die Verhältnisse sind durchaus vergleichbar mit den Rassenproblemen zwischen Schwarzen und Weißen in den Vereinigten Staaten.

Im Jahre 1966 wurde schließlich eine katholische Bürgerrechtsbewegung gegründet, die für die Durchsetzung der Prinzipien »one man, one vote« und »Gleichheit am Arbeitsplatz und bei der Wohnungsvergabe« kämpfte. Die Königstreuen antworteten auf diese Forderungen mit Gewalt und Brutalität. Jede Reform, jedes noch so winzige Zugeständnis, erschien ihnen als erster Schritt zum Machtverlust. Die »B. Specials«, ausschließlich aus Protestanten bestehende Polizeimilizen, waren in ihrem Vorgehen gegen Kundgebungen der Katholiken keineswegs zimperlich.

1969 schließlich erforderte der Aufstand von Bogside in der Stadt Derry das Einschreiten der britischen Armee. Die Übergriffe der Loyalisten auf die katholischen Ghettos der Stadt riefen obendrein die längst von der Bildfläche verschwundene IRA wieder auf den Plan, die sich die Verteidigung der unterdrückten Bevölkerung auf ihre Fahnen geschrieben hat. Bald darauf wurden zumindest einige Forderungen wie das Prinzip des »one man, one vote« und die Auflösung der »B. Special«-Miliz erfüllt. Für den Frieden zwischen den Religionsparteien war es jedoch längst zu spät. Seit die IRA wieder in Aktion getreten war, tobte der Bürgerkrieg vielmehr erst richtig los. Gefängnisse und Internierungslager füllten sich mit militanten Republikanhängern. 1981 wurde Bobby Sands, ein Gefangener, der gemeinsam mit neun Gesinnungsgenossen durch einen Hungerstreik seine Anerkennung als politischer Häftling erzwingen wollte, zum Abgeordneten mit Sitz im britischen Parlament gewählt. London lehnte ab, da die Anerkennung der von den irischen Nationalisten vorgetragenen Forderungen diesen ein politisches Mitspracherecht gegeben hätte. Der dramatische Tod Bobby Sands und seiner Kameraden rüttelte die Öffentlichkeit wach; insbesondere die jungen Iren waren ähnlich schockiert wie ihre Großeltern angesichts der Hinrichtung der Anführer des Aufstands von 1916.

Der Bombenanschlag 1992 in der Londoner City bewies der britischen Regierung, dass die IRA weder militärisch zu vernichten noch die republikanische Bürgergruppierung zum Schweigen zu bringen war, zumal diese die uneingeschränkte Unterstützung der meisten Katholiken im Lande genießt. Ferner befürworteten mittlerweile die meisten Engländer einen Abzug der britischen Armee aus Nordirland.