Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Im Loop (2)

Body: 

Weitere Ecken im Loop

Chicago: Kunst, Kommerz und Kriminalität

Wer hat Angst vor Al Capone?

– First National Bank Plaza: Monroe und Dearborn. Eine der bemerkenswertesten Architekturkomplexe in Chicago. Die First National Bank, höchstes Bankgebäude der Welt, besitzt eine verblüffende konkave Fassade.

Auf der Plaza hat man Gelegenheit, das großartige Vier Jahreszeiten-Mosaik von Chagall zu bestaunen. Als Werkstoff dienten Chagall Glasstücke und Steinchen in über zweihundertfünfzig verschiedenen Farben. Gegenüber, in der 30 W Monroe, das Inland Steel Building von 1956. Der erste Nachkriegswolkenkratzer, bei dem ein Maximum an Glas verwandt wurde. Auf der anderen Seite der Kreuzung das Xerox von 1980.

– Carson, Pirie, Scott & Cie: State und Madison. Meisterwerk von Sullivan und Burnham (1899). Besonders auffällig: der überschwengliche Fassadenschmuck und die bewunderswerte Bronzespitze, welche die Türen des großen Warenhauses schmückt. Sullivan gab zu, dass er vor allem die weiblichen Kunden betören wollte, ihnen den Eindruck vermitteln wollte, ihr Besuch in diesem Hause werde ganz besonders begrüßt.

– Daley Center: Washington und Dearborn. Ein weiterer, aufgrund einer monumentalen Statue von Picasso berühmter Platz. Bei der Aufstellung 1967 rief sie ablehnende und polemische Reaktionen hervor, genau wie bei Errichtung des Eiffelturms oder des Centre Pompidou (Beaubourg, in Paris). Inzwischen sind die Einwohner Chicagos natürlich mächtig stolz auf ihre Plastik, in der man mit etwas Fantasie einen Frauenkopf erkennen könnte, eines der Lieblingsthemen des Künstlers. Gegenüber, zu Füßen des Brunswick Buildings, eine Statue von Miró (1981). Kuriosität am Rande: auf der anderen Seite der Straße, auf der Ecke, das Mc Carthy Building, das erste nach dem Feuer erbaute Gebäude (1872). Man stelle sich vor: ein Immobilienhändler trägt sich mit dem Gedanken, das für amerikanische Verhältnisse geschichtsträchtige Haus abzureißen! Nicht etwa, um Profit daraus zu schlagen, ach wo! Vielmehr um es besser wieder aufzubauen!

Ein paar Schritte weiter, in Richtung Michigan See (Washington und State), das Reliance, einer der erstaunlichsten Entwürfe von Burnham aus dem Jahre 1890.

– State of Illinois Building: Clark und Washington. Gehört zu den jüngsten architektonischen Errungenschaften Chicagos (1984) und weist ganz klar den Weg in die Architektur des 21. Jhs. Imposant dimensionierter Innenhof, der aber im ganzen recht umstritten ist. Die Riesenglasabdeckung wirft unüberwindliche Klimatisierungsprobleme auf. Shopping Center, Boutiquen und Lokale im Inneren. Unbedingt vom sechzehnten Stock aus die Halle aus der Vogelperspektive begutachten. Vor dem Gebäude thront das Monument with Standing Beast, eines der größten und letzten Werke von Dubuffet, 1984 aus Glasfieber entstanden.

Ein kleiner Spaziergang südlich des Loop bietet sich an. Die etwas düstere Epoche in der Stadtgeschichte gehört schon fast der Vergangenheit an. Die historischen Schauplätze der Bandenkriege haben die Behörden ganz bewußt entweder dem Erdboden gleich gemacht oder einfach mit Mißachtung gestraft. Sie werden nicht allzu gern an diese finsteren Zeiten erinnert. Trotzdem gehören sie zum geschichtlichen Erbe dieser Stadt. Auf den Spuren Al Capone´s zu wandeln, der für viele noch immer das Symbol Chicagos überhaupt darstellt, scheint einem Abenteuer gleichzukommen. Ein kleiner Führer ermöglicht es, Schritt für Schritt die Etappen des Bandenkrieges nachzuvollziehen. Dabei kommt man zum Beispiel zum Metropolitan Hotel (Michigan Ave), einem der Hauptquartiere Al Capones. Auch das Lexington Hotel, Ecke Michigan Ave und 22th Street, steht noch. Es verdankt diese Tatsache wohl nicht zuletzt seiner Nachbarschaft zum Ghetto der Schwarzen. Dies war das letzte Hauptquartier Al Capone´s, bevor er ins Gefängnis wanderte. Schwarz, baufällig und verlassen harrt es aus. Wird man es abreißen? Keiner weiß es. Und schließlich noch das Biograph Center (Michigan Ave), wo John Dillinger in einem Restaurant, in dem man besser nicht mit dem Rücken zur Tür sitzen sollte, durch eine MP im wahrsten Sinne des Wortes niedergemäht wurde.