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Sehenswürdigkeiten

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Sehenswürdigkeiten

Das Tor des Metzgers

— Die eindrucksvollste Gesamtübersicht über die Stadt bietet sich zweifellos vom Butcher´s Gate am oberen Ende der Waterloo Street. Vor den Füßen des Betrachters breitet sich Bogside aus, wohl Derrys berühmtester Stadtteil, der von 1969-1972 »freie Gemeinde« war. Konkret bedeutete das, dass der protestantischen Miliz und der britischen Armee der Zutritt verboten war. Der größte Teil des Viertels wurde mittlerweile vollständig saniert. In seiner oberen Hälfte finden sich aber noch ein paar alte Häuserblocks, Überbleibsel der einstigen Arbeitersiedlungen. Von einer dieser berühmten Häuserzeilen ist nur noch eine Brandmauer übrig, beschriftet mit der Zeile »You are now entering Free Derry«, auf der die Soldaten Ihrer Majestät der Königin von Zeit zu Zeit Farbbeutel platzen ließen. Hinter Bogside erstreckt sich Creggan, ebenfalls eine Hochburg der Republikanhänger. Unterhalb vom Butcher´s Gate, an der Rossville Street, erhebt sich ein Mahnmal, das an die vierzehn von protestantischen Milizen ermordeten Demonstranten erinnert, die sich hier am 31. Januar 1972 zu einer friedlichen Kundgebung versammelt hatten.

— Altstadt und City Walls: an dieser Stadtmauer aus dem 17. Jh. scheiterte der Versuch Jakobs II. im Jahre 1689, die Stadt einzunehmen und damit Wilhelm von Oranien zu bezwingen. Nach achtmonatiger Belagerung gab er entnervt auf und blies zum Rückzug. Für die königstreuen Protestanten wurde Derry in der Folge Symbol ihrer ungebrochenen Vorherrschaft in Nordirland. Alljährlich am 12. August wird der Sieg von all denjenigen, die sich als Nachfahren der Orangisten und Gegner der irischen Wiedervereinigung – sie haben sich nach dem Modell der Freimaurerlogen zusammengeschlossen – verstehen, ordentlich gefeiert, wobei natürlich kräftig Ressentiments gegen die Katholiken geschürt werden. Kein Wunder, dass an diesem Tag die Stimmung in der Stadt äußerst gereizt ist.

Wer jedoch am 12. August zugegen sein sollte, schaue sich ruhig die Prozession der Orangisten an. Vor dem staunenden Auge bewegen sich Porträts im Stile Cabus, eines hier populären Zeichners, im Zug mit. Etwaige kritische Anmerkungen behalten Lästerzungen an diesem Tag lieber für sich. Anmerkung: wenn der 12. August nun gerade in die Woche fällt, wird am Samstag vorher oder nachher gefeiert. Man erkundige sich vor Ort. Auch wenn der Besuch in Derry auf Mitte Juli fällt, wird man die Orangisten beim Feiern erleben: am zwölften des Monats halten sie eine Ehrenparade zum Gedenken an den Sieg im Gefecht an der Boyne Anno 1690 ab.

Nachdem die Stadtmauer lange Zeit nur britischen Soldaten zugänglich gewesen war, durften für einige Jahre auch Zivilisten auf ihr flanieren. Heute sind weite Teile wieder gesperrt. Begehbar ist sie oberhalb der Altstadt mit Blick hinüber auf die Bogside. Das Gemäuer, das aussieht wie ein Gefängnis, ist übrigens die Polizei. Muß wohl nicht erklärt werden, weshalb sie sich so verschanzen.

— Derry Craft Village: Eingang an der Shipquay Street oder der Magazine Street, T. 260 329, F. 360 921. Kleiner Markt, insbesondere für Kunsthandwerk, im Stil eines irischen Dorfes; daneben einige Cafés und Läden. Fast eine Art Puppenstube innerhalb der Altstadt mit Läden, Werkstätten und Lokalen, Blumenkästen und Bänken im Freien sowie liebevoll bemalten Häuschen und fast zu schön, um wahr zu sein in dieser sonst wenig aufregenden Stadt. Sollte man unbedingt mal vorbeischauen, allerdings wirkten die Geschäfte zumindest in der Vorsaison noch wie ein totgeborenes Kind. Die Läden wechseln auch öfters den Besitzer. Wenn man schon mal in der Ecke ist, auch unbedingt bei dem Buchantiquariat neben der Boston Tea Party reinschauen. Netter, hilfsbereiter Inhaber. Kunsthandwerklich Interessierte finden bestimmt genügend Krimskram. Überhaupt ist dieser Teil des Städtchens am besten zum Bummeln geeignet, ohne dabei vom Souvenierkitsch erschlagen zu werden.



Sehenswertes

Bunte Fenster erzählen von der Belagerung von 1689

— Protestantische Kathedrale St. Columb: 1633 in spätgotischem Stil errichtet; Chor und Turmspitze wurden jedoch im vorigen Jahrhundert erneuert. T. 26 27 46. Montags bis samstags zwischen 9 und 13h und 14-17h. Die Inschrift auf einem Stein des Portals »If stones could speak ...« macht die enge Verbrüderung der königstreuen Iren mit London sinnfällig. Das Chapter House beherbergt zahlreiche Zeugnisse aus der turbulenten Vergangenheit der Stadt, wie Medaillen, Fotos, schöne Stiche, alte Bibeln, einen Brief von Tyrconnel an Lord Antrim, Waffen, Kanonenkugeln, die Schlüssel und das Vorhängeschloß der vier alten Stadttore. Im Kirchenschiff und im Chorhaupt erzählen bunte Fenster von der Belagerung von 1689.

Rundherum erstreckt sich ein Friedhof mit teilweise uralten Gräbern. Coffee- und Souvenirshop montags bis freitags 11-14h geöffnet.

— Apprentice Boy´s Hall: unweit der Kathedrale, auf der Society Street. Im 19. Jh. zu Ehren jener beherzten jungen Leute errichtet, die angesichts des Ansturms der Truppen Jakobs II. die Schlüssel an sich gerissen und damit in weiser Voraussicht die Stadttore versperrt hatten. Noch heute wird am 12. August dieses Ereignisses gedacht. Von wem? Von den Protestanten, natürlich. 1995 kam es noch einmal zu kräftigen Krawallen, als die Apprentice Boys ihren traditionellen Aufmarsch hatten.

— The Diamond: der Platz im Herzen der Altstadt mit dem pompösen War Memorial. Abends nach 19.30h wirkt das Viertel wie ausgestorben. Von diesem Platz zieht sich die Shipquay Street, die Hauptgeschäftsstraße, bis zum Shipquay Gate hin. Im Winter tauft sie der Volksmund »Slipquay Street«, weil sie sich dann oft in eine spiegelglatte Eisfläche verwandelt.

— Tower Museum: Union Hall Place, im O´Doherty-Turm, unterhalb der Magazine Street. T. 37 24 11. Dienstags bis samstags 10-16.30h. Gerade fertig geworden ist das hochinteressante Stadtmuseum, das die Geschichte Derrys von vorgeschichtlicher Zeit bis in unsere Tage nachzeichnet. Jede historische Epoche erfährt eine detailgetreue Darstellung.

— Guildhall: gegenüber vom Shipquay Gate. Der Monumentalbau ist zwar im neogotischen Stil gehalten, aber – wer hat´s erraten? – der Grundstein wurde erst 1912 gelegt.

Dahinter erspäht man das Ufer des Foyle River, von dem sich einst Tausende von verzweifelten Flüchtlingen in Richtung Amerika einschifften. Ihre Nußschalen hat man zynisch »Coffin Boats«, zu deutsch: »schwimmende Särge«, genannt.

— Waterloo Street: malerische Straße, parallel zur Stadtmauer durch Bogside, mit einer Reihe einladender Kneipen. Die Dungloe Bar dient bevorzugt Teenies als Treffpunkt und bietet gute Livemusik.

— Foyle Valley Railway Centre: Foyle Road, Nähe Craigavon Bridge. T. 26 52 34. Dienstags bis samstags von +10-17h, sonntags nur von Mai bis September 14-18h geöffnet. Kleines Eisenbahnmuseum für Dampflokfans. Tonbildschau und eine kleine Rundfahrt von einem Kilometer Länge im Zuckelbähnchen.