Neue Städte
Die »New Towns«
Satellitenstädte für Flüchtlinge
Die New Territories, einst eine ländliche Gegend mit alten Dörfchen, Fischerhäfen, Entenfarmen und Fischtümpeln, sind in tiefgreifendem Umbruch begriffen. Nördlich Kowloons werden in atemberaubender Geschwindigkeit neue Betonsilos in Plattenbauweise hochgezogen, die berüchtigten Resettlement Estates, »Wiederansiedlungsgebiete« also. So glaubt die Stadtverwaltung, des Flüchtlingsproblems und der wachsenden Bevölkerung Hongkongs Herr werden zu können. Die New Towns heißen Sha Tin, Fanling, Shiu Wai, Tsuen Kwan O, Tai Po, Tsuen Wan, Tuen Mun oder Yuen Long und verfügen im Idealfall über ein eigenes Kultur-, Sport- und Gemeindezentrum.
Zur Wahrung ihrer Rechte bedienen sich die Flüchtlinge oft merkwürdiger Fürsprecher, die auch anderweitig äußerst umtriebig sind: Geheimbünde. Von den in China seit Jahrhunderten existierenden, ehemals sozialrevolutionären, heute eher »ehrenwerten« Gesellschaften blieben noch ungefähr fünfzig; die bekannteste davon ist die legendäre »Triade«. Deren Mitglieder finden sich in allen Lebensbereichen der Kronkolonie, rekrutieren sich aus den betuchtesten und einflußreichsten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ebenso wie aus dem Bodensatz der Unterwelt aus der »Verbotenen Stadt«. In ihren Händen sind mächtige Unternehmen gebündelt, wobei sie vor anrüchigen Geschäften wie Drogenhandel, Prostitution und Schiebereien aller Art keinesfalls zurückschrecken. Andererseits finden bei ihnen die Flüchtlinge Aufnahme und Gehör, und ihre Belange werden von ihnen seit jeher gegenüber den »Kolonisatoren« vertreten. Manch einem haben sie schon Arbeit oder ein wie auch immer, legal oder illegal, geartetes Auskommen verschafft. Drogen sind übrigens ein brennendes Problem in Hongkong, das nicht nur Drehscheibe für den Handel mit den aus verschiedenen südostasiatischen Ländern stammenden Grundstoffen ist, sondern auch selbst einen steigenden Verbrauch verzeichnet. In den letzten Jahren sind in großem Umfang Flüchtlinge aus Vietnam, Laos und Kambodscha alles Länder, in denen der Drogenkonsum noch üblicher ist als in China nach Hongkong geströmt.
Ungeachtet dieser düsteren Aussichten prägt ein besonders herzlicher Umgang vor allem das Zusammenleben im Kreise der Familie. Das Zusammengehörigkeitsgefühl, die alten Bräuche und eine schlichte Menschlichkeit sind den Menschen hier noch immer wichtig.