Lantau
Lantau
Doppelt so groß wie Hongkong-Island, zählt die wichtigste der Inseln, Lantau, doch nur rund zwanzigtausend Bewohner. Die Fähre entläßt ihre Passagiere in Silvermine Bay (Mui Wo), der Inselhauptstadt. Am Silvermine-Kai warten Autobusse, um Besucher an alle vier Enden der Insel zu verfrachten.
Lohnende Ziele
Vom Silvermine-Kai rattert man in einer halben Stunde zum schönsten Strand der Insel, Cheung Sha, dreieinhalb Kilometer weißer Sand. Nachdem man sich hier zu einem erfrischenden Bad hat verleiten lassen, sollte man zunächst in den Bus klettern, der mit letzter Kraft die Steigung hinauf zum buddhistischen Po Lin-Tempel bewältigt. Die an diesem Ort der Meditation hausenden Mönche und Klosterschwestern verbringen den Tag nicht allein mit kontemplativer Versenkung, sondern bewirtschaften auch Teepflanzungen. Eingehender sollte man sich mit den kostbaren Schnitzereien im Tempel befassen.
Auf demselben Plateau, umweit des Tempels, ist auf 750 m Seehöhe ein Bronzebuddha in Lotossitzposition errichtet worden. Mit seinen 34 m ist er die größte Freiluftstatue Südostasiens. Man soll das Kerlchen sogar von Macao aus erkennen können. Alle, die einen zünftigen Fußmarsch nicht scheuen, setzen nun ihren Weg zum Lantau Peak fort, mit 935 m höchste Erhebung der Insel.
Von Silvermine Bay aus gelangt man per Bus auch zum malerischen Fischerdorf Tai O. In der Mehrzahl haben die Insulaner ihre Behausungen auf Pfählen in jener Bucht errichtet, in die der Fluß mündet, welcher der Ortschaft ihren Namen verlieh. Hier wurde einst für Hongkong Salz gewonnen.
Weitere Ausflüge
In Tung Chung, einem weiteren Ziel der Busse im Inselnorden, erheben sich noch die Mauern eines Forts aus dem Jahre 1817. Unterhalb richten sechs Kanonen ihre Mündungen aufs Meer aus, als warteten sie sehnsuchtsvoll immer noch auf die Angriffe von Seeräubern und Schmugglern. Die Gegend ist hier fruchtbar und wird landwirtschaftlich genutzt. Kleine buddhistische Klöster finden sich überall verstreut.
Der alles bisher dagewesene in den Schatten stellende neue Hongkonger Flughafen wird seit einigen Jahren auf dem Inselchen Chep Lap Kok unweit der Ortschaft Tung Chung gebaut. Gebaut? Mit Dutzenden Kilotonnen Sprengkraft, gegen die Hiroshima ein besseres Feuerwerk war, in den Inseluntergrund gesprengt! Bergkuppen auf zwei Inseln wurden bisher weggeblasen und mit den Gesteinsmassen Senken und Meeresboden aufgefüllt. Dass die Noch-Kolonie Hongkong über zwanzig Milliarden Dollar in dieses ehrgeizige Flughafenprojekt steckt, hat natürlich auch mit der bedenklichen Überlastung Kai Taks zu tun, der mit fast 25 Millionen Passagieren jährlich zum drittgrößten internationalen Flughafen (nach London-Heathrow und Frankfurt Rhein-Main) aufgestiegen ist hier starten die Großraumflugzeuge längst im Zweiminutenrhythmus. Das gewaltige Bauvorhaben soll in erster Linie aber für Vertrauen in die ungewisse Zukunft Hongkongs werben. Deshalb die Absicht, ab 1997 über den größten Passagierflughafen der Welt verfügen zu können. Hongkong soll einmal im Mittelpunkt des pazifisch-asiatischen Luftverkehrs stehen. Trotz aller Gigantomanie: die Seelenruhe der Mönche im Trappistenkloster von Lantau darf nicht unter den Baumaßnahmen leiden, weshalb der Baulärm zumindest nachts in enge Dezibelschranken gewiesen wurde. Dass man gar die kleinen Ruderfrösche von Chek Lap Kok (wörtlich: »Kap des roten Fisches«) umgesiedelt hat, mutet angesichts der gewaltigen Naturvernichtung fast rührend an. Ergehen wir uns noch ein wenig in Superlativen: 206 m hohe Pfeiler werden einmal die doppelstöckige Autobahn samt Schnellzugtrasse tragen, die beide für die Verkehrsanbindung an Hongkong sorgen sollen. Die Spannweite der Hängebrücke wird fast 1400 m betragen, was die Kalifornier ärgern wird: ihre Golden Gate Bridge bringt´s insgesamt nur auf 2725 m! Und dann der Flughafen selbst: über die Rollsteige durch zwei zyklopenhafte Terminals sollen gleich im ersten Jahr über dreißig Millionen Menschen befördert werden, später sogar neunzig Millionen! Und die Zahl der Abflüge und Landungen wird mit 375.000 angesetzt. An alles mögen die Ingenieure denken, nur eines ist unberechenbar: die Zahlungswilligkeit der Chinesen, die sich mit dem Mammutobjekt über kurz oder lang werden herumschlagen müssen. Eines hat der Flughafen heute schon bewirkt: die Immobilienspekulation in Kowloon blüht und gedeiht, weil dort nach Inbetriebnahme Chek Lap Koks die Höhenbeschränkung für Hochbauten entfällt.
Im Bereich der Silvermine Bay, weiter nordwestlich, und per Fähre über Peng Chau (dort in eine andere Fähre umsteigen) problemlos zu erreichen: das 1949 gegründete Trappistenkloster Notre-Dame-de-Liesse, das seinerseits einen Abstecher lohnt. Den Rückweg hinunter zur Silvermine Bay wird man zu Fuß in einer Stunde bewältigen. Ein lohnender Spaziergang mit schönen Ausblicken auf Lantau und Peng Chau.
Wer dies lieber auf den nächsten Tag verschieben möchte, kann im Trappistenkloster auch nächtigen. Sich bitte vorher schriftlich anmelden bei: Grand Master, Trappist Haven, Lantau Island, PO Box 5, Peng Chau, Hongkong. Tel. 987 62 86. Wohlgemerkt: Männlein und Weiblein übernachten getrennt. Dennoch ein unvergeßliches Erlebnis. Es herrscht nämlich strenges Schweigegebot: lautestes Geräusch ist das Muhen der Kühe in der klostereigenen Kleinmolkerei. Wo bleibt die Achtung vor den Ordensregeln?