Kultur
Medina von Sousse
Islamischer Baukunst
Farben und Formen
Bis auf das Jahr 859 sollen die Stadtmauern zurückgehen, die gewiß Teile der ehemaligen byzantinischen Festung enthalten. Damals reichte das Meer bis an die östlichen Mauerteile heran. Bis auf die Erneuerungsarbeiten im Jahre 1205 und kleinere Veränderungen wurden die Stadtmauern in ihrem ursprünglichen Zustand belassen. Die Bomben des Zweiten Weltkrieges schlugen allerdings 1943 an der heutigen Place des Martyrs eine gewaltige Bresche.
Die Große Moschee, gegründet im 9. Jh., verdankt einer gelungenen Restaurierung vor einigen Jahren, dass sie ihr ursprüngliches Aussehen wiedererlangt hat. Wuchtige Mauern aus Quadersteinen und imposante Rundtürme verleihen ihr einen festungsartigen Charakter.
Dieser Eindruck wird beim Betreten der Moschee revidiert: zunächst gelangt man auf einen geräumigen, mit weißen Marmorplatten ausgelegten Hof. Die von Pfeilern gestützten Gewölbevorhallen auf drei Seiten des Hofes lassen sich bis ins 11. Jh. zurückdatieren. Eine 1675 errichtete Galerie führt schließlich zum Gebetssaal, den sechs Joche mit insgesamt dreizehn, auf Säulen ruhenden, Arkaden überwölben. Die drei vorderen Joche stammen aus der aghlabidischen Epoche. Die Moschee gewährt von 9 bis 13 Uhr Einlaß. Zu besichtigen ist lediglich der Innenhof. Eintrittskarten erhältlich gegenüber der Moschee beim Hotel Ahla oder beim Verkehrsbüro. Shortsträger müssen sich vor Betreten eine Djellaba überwerfen. Kostenpunkt für den Fall, dass man eine solche nicht mit sich herumschleppen sollte: 300 Millimes.
Einhundert Meter weiter erhebt sich der Ribat (Ksar Er Ribat) von Sousse, ein weiteres bestechendes Beispiel islamischer Baukunst; täglich zu besichtigen außer montags von 9 bis 12 Uhr und 15 bis 18.30 Uhr im Sommer, im Winter von 14 bis 17.30 Uhr. Das Wehrkloster war Bestandteil einer sich von Nord nach Süd an der Küste entlangziehenden Verteidigungslinie. Wir werden die Gelegenheit beim Schopf ergreifen und an dieser Stelle exemplarisch einige erklärende Worte zu den Aufgaben dieser Wehrbauten verlieren. Zu einer Zeit, da die Muselmanen noch nicht über eine eigene Kriegsflotte verfügten, diente ein Ribat der Bevölkerung als Zufluchtsort vor feindlichen Angriffen oder als Herberge für sich einschiffende Mekkapilger. Unter den im Ribat lebenden »Mourabitîn« hat man sich islamische Mönchssoldaten vorzustellen, die sich sowohl dem Gebet und der Verbreitung des Glaubens als auch dem Kampf gegen Ungläubige widmeten (was die Untaten der Jesuiten in Mittel- und Lateinamerika auch nicht verzeihlicher macht). In der Folgezeit wuchs den Ribats eine vornehmlich religiöse Funktion zu. Da der Ribat von Sousse bereits im 8. Jh. fertiggestellt wurde, zählt der Gebetssaal im ersten Stock automatisch zu den ältesten Moscheen auf afrikanischem Boden. Diese wirkt mit ihren hohen Mauern, den halbrunden Türmen und dem über die Dächer der Medina herausragenden Nador, einem Wach- oder Signalturm, eher wie eine Festung. Die Toranlage weist links und rechts antike Säulen auf; gut zu erkennen ist auch die Vorrichtung für das dazugehörige Fallgatter. Die Vorhalle der Moschee einer respektvollen Betrachtung würdigen: die Technik des Kreuzrippengewölbes hielt in Europa erst zweihundert Jahre danach Einzug!
Erklimmen wir anschließend den Nador und lassen wir uns vom malerischen Spiel der Schattierungen, Farben und Formen der Medina berauschen. Außerdem bietet sich eine gute Aussicht auf den harmonisch wirkenden Komplex der Großen Moschee.
Die Souks: wir folgen nun der Rue d´Angleterre, deren Ende von einem Gewölbe überdacht ist. Dort wo der Daumen links ist, beginnt der Souk er Reba mit Stoffen, Parfüm- und einigen Schmuckläden. Zunächst erregte jedoch das maurische Café Kalaout el Koubba, ein kuppelgekrönter Bau aus dem 10 Jh. unsere Aufmerksamkeit. An den Souk er Reba schließt sich in Richtung Bab el Gharbi-Tor eine weitere Einkaufsgasse an, der Souk el Caïd. Unterwegs passieren wir einige Schmiedewerkstätten.