Gebote
Religiöse Vorschriften
Fünf Säulen
Übertragung in den Alltag
Sie umfassen fünf »Hauptpflichten« wie das Bekenntnis zum Glauben, das Gebet, die gesetzlichen Almosen, das Fasten im Ramadan und die Pilgerfahrt nach Mekka, zu denen in der Hauptsache noch die Beschneidung, die religiösen Waschungen und die Enthaltsamkeit bestimmten Speisen gegenüber hinzuzufügen sind.
1. Das Glaubensbekenntnis (chahad): muß täglich zur Gebetsstunde und auf dem Sterbebett rezitiert werden, um sich die Pforten ins Jenseits aufzuschließen. Es lautet: Allah ist groß, es gibt keinen Gott außer Allah und Mohammed ist sein Prophet. Allah ist groß usw. Wer zum Islam konvertieren will, rezitiert das Glaubensbekenntnis, lernt anschließend Arabisch zwecks Koranlektüre und läßt sich einen muslimischen Vornamen verpassen. Wir wünschen alles Gute!
2. Das Gebet (salat) findet fünfmal täglich statt, bei Sonnenaufgang, mittags, gegen 16 Uhr, bei Sonnenuntergang und anderthalb Stunden später. Die Stunde des Gebets wird vom Ruf (azan) des Muezzins verkündet, der weiland auf der Galerie des Minaretts seine Runde drehte, heute aber durch Lautsprecher abgelöst worden ist. Das Gebet muß barfüßig gesprochen werden, wobei sich der Gläubige gen Mekka wendet.
Dadurch, dass der Gläubige während seines Gebets mit der Stirn mehrfach den Boden berührt, kann sich dort bisweilen eine schwielige Stelle, der zebib, bilden, der sich als Zeichen ausgeprägter Frömmigkeit großer Achtung erfreut. Ganz im Gegensatz zu unseren Rückenschmerzen heute, die von den Büßerbänkchen herrühren, auf die man uns im zarten Kindesalter zwang ...
Gebetet wird überall, auch auf der Straße; nur das Freitagmittagsgebet, an dem ab der Pubertät alle Gläubigen teilnehmen, muß in der Moschee stattfinden. Das erste Gebet namens al fajr beginnt, wenn man einen weißen von einem schwarzen Faden unterscheiden kann. Da das nicht immer klar erkenntlich ist, legt der Muezzin zum großen Verdruß müder Reisender immer schon vorher los.
3. Das gesetzliche Almosen (zakat) ist eine Abgabe, die es dem Gläubigen erlaubt, sich vom Besitz weltlicher Güter reinzuwaschen. Diese stehen nämlich in dem Ruf, unrein zu sein. Theoretisch umfaßt sie zweieinhalb bis zehn Prozent aller Einkünfte und soll dem Lebensunterhalt der Bedürftigen dienen. Diese Abgabe, mit der ein teilweiser Sündennachlaß verbunden ist, wird traditionell am Tag der Aschura vorgenommen. Kontrolliert wird freilich nicht, ob der Gläubige seinen Pflichten tatsächlich nachkommt. Heute dient der Zakat größtenteils zum Bau von Moscheen, Koranschulen und Krankenhäusern.
4. Das Fasten im Monat Ramadan ist vom vierzehnten Lebensjahr an verbindlich. Ausgenommen sind darniederliegende Schwangere, Kranke, stillende Mütter und Reisende. Die Enthaltsamkeit erstreckt sich auf alle flüssigen und festen Speisen, auf den Tabakgenuß, die körperliche Liebe und auf den Gebrauch von Duftwasser. Gefastet wird von 2.30 Uhr vor Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.
In den vom Tourismus noch unbehelligten Städten bleiben Restaurants und Cafés tagsüber geschlossen.
Gegen Abend ist es faszinierend zu beobachten, wie die Leute an gedeckten Tischen hocken und das Zeichen für das Ende des Fastens abwarten. Dafür brodelt das Leben in den Straßen, auf den Plätzen und in den Hotels bis spät in die Nacht. Banken, Postämter und Luftverkehrsgesellschaften halten ihre Schalter von 20 bis 22 Uhr geöffnet.
Gläubige Moslems achten darauf, während des Ramadan nicht zu rauchen und zu trinken, weshalb der mitfühlende »Ungläubige« es vermeidet, sich vor ihren Augen einen hinter die Binde zu gießen oder ihnen Zigaretten anzubieten. Stattdessen kann er ja versuchen, ein Streitgespräch über die Vorzüge und Nachteile der jeweiligen Religion zu beginnen.
Während des Ramadan geht alles eine Spur langsamer vonstatten. Nicht nur die Öffnungszeiten sind völlig auf den Kopf gestellt, auch die Angestellten sind ausgesprochen arbeitsunlustig, obwohl der Tag schon um 14 Uhr zu Ende geht. Einige Hotels und zahlreiche Restaurants machen in dieser Zeit ganz dicht.
Auf Grund der Beweglichkeit des Mondjahres fällt der Ramadan in jede beliebige Jahreszeit. 1993 beginnt er am 23. Februar. Er dauert neunundzwanzig oder dreißig Tage, zu denen noch die drei oder vier freien Tage des Aid es Seghir hinzukommen, mit denen die Fastenperiode endet. Während dieser Tage geht dann landesweit überhaupt nichts mehr.
Zwei Monate und zehn Tage vor dem Ramadan wird Aid el Hada gefeiert, das Hammelfest. Es handelt sich um eines der islamischen Feste von großer religiöser und gesellschaftlicher Tragweite. Alljährlich begehen die Gläubigen diese Feiertage zum Gedenken an Abraham, der seinen Sohn zu Ehren Gottes opfern wollte. In letzter Minute sozusagen auf Messers Schneide erschien ihm ein »vom Himmel gesandter« Schafbock. Jede Familie schlachtet seitdem am Aid el-Kebir-Fest einen Hammel, nachdem sie ihn tagelang vorher verhätschelt und umhegt hat. Wem die Mittel dazu fehlen, besorgt sich am Vortag Hammelfleischstücke vom Metzger und tut wenigstens so, als ob ...
Die Ärmsten der Armen erhalten an diesem Tag ein Almosen. Außerdem ist das Fest ein willkommener Anlaß, die Einheit der Familie nach außen zu bekunden und alle Freunde und Verwandte zu versammeln. Am Vortag des Aid el-Kebir-Festes, am Feiertag selbst und am Tag darauf ruht selbstverständlich das öffentliche Leben.
5. Eine Pilgerfahrt nach Mekka muß jeder Moslem mindestens einmal im Leben absolvieren. Angehörige der Hanafiten-Sekte dürfen sich dabei vertreten lassen.
Die Beschneidung ist eine orientalische Tradition, die eher hygienische Gründe hat. Das Gesetz schreibt diese nicht unbedingt vor. Wie die katholische Taufe ist sie ein Symbol für die Aufnahme des jungen Mannes in die Gemeinschaft der Gläubigen. Die Operation wird ohne Betäubung von einem Barbier vorgenommen, an dessen Stelle zunehmend der Arzt tritt. Die Zeremonie gibt je nach Vermögenslage Anlaß zu mehr oder minder rauschenden Festen. Nach Vernarbung der Wunde begibt sich der Neophyt ins Hammam, um die rituellen Waschungen zu vollziehen.
Religiöse oder rituelle Waschungen: der Gläubige darf ohne vorhergehende Reinigung keinerlei religiöse Handlung vornehmen. Um sich vor Schmutz zu schützen oder ihn zu vermeiden, bedient er sich eines Gebetsteppichs, entledigt sich vor Betreten der Moschee seiner Schuhe, um jene nicht mit Straßenstaub zu verunreinigen, und wäscht Gesicht, Bart, Füße und Hände vor dem Gebet.
Zu den verbotenen Speisen zählen das Fleisch bestimmter Tiere (Schwein, Pferd, Maultier, Esel, Elefant), das Fleisch von Raubtieren (Säugetiere und Greifvögel), Reptilien inbegriffen, sowie Blut und Innereien von jedweder Tierart. Fleisch muß vor der Zubereitung völlig abgehangen sein.