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Philosophie

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Philosophie des Handeln

Was verbirgt dahinter?

Feilschen als Spiel

Zwei eherne Prinzipien gilt es zu beachten:

– vor Beginn der Verhandlung eine ungefähre Preisvorstellung mitbringen, indem man sich z.B. zuvor in einem Kaufhaus umschaut

– nicht in Begleitung eines Führers auftreten.

Feilschen stellt gleichzeitig ein Vergnügen, ein Spiel, einen Sport dar, erfordert ein gerüttelt Maß an Humor, ein geöltes Mundwerk, Geschick, Feingefühl, Geduld und drahtige Nerven – und ob! Um einen Gegenstand im Wert einer Packung Zigaretten handelt man zehn Minuten, beim zehnfachen Wert zeige man keine falsche Scheu. Man lasse sich bei bedeutenderen Käufen eine Stunde oder länger Zeit. Man wird dem Kunden des öfteren einen Tee anbieten. Wer erfolgreich handeln will, darf auf keinen Fall in Eile sein.

Um das Ganze auf eine Formel zu bringen: immer feste handeln und erst im nachhinein auf die Uhr schauen. Handeln hat zunächst mit Psychologie zu tun. Der von Touristen am häufigsten begangene Fehler besteht darin, sich einzig und allein auf den eigentlichen Kaufakt zu konzentrieren. Ein verträglicher arabischer Verkäufer wird es zu schätzen wissen, wenn der Partner, immer locker und freundlich, unverhofft von etwas ganz anderem redet und er wird amüsiert feststellen, dass man das Kräftespiel zwischen Verkäufer und Käufer begriffen hat. Für den Käufer dreht sich alles darum, sich bis knapp unter den Preis vorzutasten, der für den Verkäufer gerade eben noch akzeptabel scheint.

Darin besteht das ganze Geheimnis: den Verkäufer aus der Reserve zu locken, bis er von sich aus ständig einen neuen Preis anbietet. Man zeige sich interessiert und tue dann plötzlich so, als sei die Angelegenheit für einen erledigt. Und so in einem fort, immer mit einem Lächeln und ohne sich zu verkrampfen. Arrogantes Auftreten und kolonialistisches Gehabe nach dem Motto: »Wieviel? Mit mir nicht, Bürschchen ...« in überheblichem Ton sind völlig fehl am Platze. Damit erwirbt man sich als Ausländer nur Mißachtung und weckt bei den Einheimischen das Bedürfnis, Touristen übers Ohr zu hauen. Das subtile Spiel der Kräfte zwischen Kunde und Verkäufer bleibt auf der Strecke, ebenso wie jenes typische, etwas zweideutige freundschaftliche Verhältnis.

Ist das Handeln im Grunde nicht eine exzellente Möglichkeit, sich näher zu kommen, über die rein geschäftliche Ebene der Beziehungen hinaus? Der Interessent sollte durch sein Verhalten zeigen, dass er den Handwerker und die Arbeit, die sich hinter dem Kaufgegenstand verbirgt, anerkennt und dessen Wert nicht herabsetzen, indem er von einem viel zu niedrigen Preis ausgeht. Auf der anderen Seite mag man bedauern, dass immer mehr Händler ihrerseits die Spielregeln mißachten und in ausländischen Touristen nurmehr devisenschwere Deppen sehen. Das ist wohl der Lauf der Welt. Wer sichergehen will, nicht über den Tisch gezogen zu werden, kauft am besten nichts, wodurch uns dann allerdings ein wesentlicher Bestandteil des örtlichen Lebens durch die Lappen geht. Außerdem gibt es nicht wenige originelle Dinge zu einem Preis zu erstehen, der sich in umgekehrtem Verhältnis zu der Zeit bewegt, die auf ein Palaver verwandt werden muß.