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Urlaubsziel Italien

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Das Land und seine Klischees

Kurzer Einblick in die italienische Kultur

Italien ist kein Land, Italien ist eine Landschaft. Die Häuser hier sind Paläste, die Plätze Bühnendekorationen, die Straßen Museumskorridore. In Italien spricht man nicht von Klima, sondern von der Sonne und ihrem eigens für das Land südlich der Alpen erfundenen Licht. Italien: Zypressen in der Toskana, die Hügel Umbriens, die Borromeischen Inseln, Wein aus Frascati und, in Rom – vor dem Juwellier Bulgari mit seinen taubenblutfarbenen Rubinen – das Café Greco, wo einst Goethe, Gogol, Leopardi und Baudelaire verkehrten ... Und an allen Ecken und Enden die Farben Caravaggios, Canalettos, Tizians und Piero della Francescas! Aber was wäre Italien ohne die Italiener: die sprechen, als sängen sie, denen die Stimme Mastroiannis innewohnt, die sich Tänzern gleich bewegen und an den Füßen stets die modischsten Schuhkreationen zur Schau stellen. Nicht zu vergessen die Italienerinnen! Ihre Schönheit beruht schlicht darauf, Italienerin zu sein. Durch die Straßen bewegen sie sich, als lauere hinter der nächsten Ecke die Filmkamera oder als handele es sich um ein Defilee für Rodolpho Valentino. Alle scheinen sie Isabella Rossellini zu gleichen, so gewandt wie Linda Evangelista aufzutreten und die Welt durch die Augen Ornella Mutis wahrzunehmen!

Schwelgen wir noch ein wenig weiter in Klischees: die Italienerinnen sind auch alle Schwestern, Madones oder Mammas, vormittags damit beschäftigt, die Pastasciutta für den Mittagstisch vorzubereiten. Nachmittags flimmert dann die »Telenovela« über den Bildschirm, abgestrahlt von einer der fünfhundert (!) lokalen Fernsehstationen. Sie haben runde Hüften, schwarze Haare wie Anna Magnani, einen üppigen Busen und wachen über zwölf Bambini (in Wahrheit sind´s exakt 1,19, statistisch gesehen natürlich) die nirgendwo und überall zugleich umherwuseln (Francesco, basta! Valerio vieni qui!). Was die italienischen Herren der Schöpfung betrifft, so sollen die bekanntlich grapschend und pfeifend hinter allem her sein, was Röcke trägt (oder auch nicht): jungen Backfischen, alten Matronen, häßlichen Entlein, Pin-up-Girls und besonders Ausländerinnen. Sie tragen ein Goldkettchen um den Hals, besitzen eine fahle Gesichtsfarbe, messen einen Meter fünfzig in Palermo und einen Meter siebzig in Bozen, verströmen ein Gemisch aus Knoblauchgeruch, After-shave oder Pino de Silvestre, sprechen Englisch wie Heinrich Lübke und Französisch wie Helmut K., zeichnen mit ihren Händen den Culetto der aufgegabelten Schwedin im Kiss Kiss Club von Rimini nach und diskutieren stundenlang über das von Baggio verfehlte Tor am letzten Sonntag. Umfragen zufolge soll es sich bei den Italienern um die beliebtesten aller Ehemänner handeln (und bei Polen, Japanern und Deutschen um unaufmerksame Ehemuffel). Das läßt bei ihren Frauen auf ein hohes Maß an Nachsicht und Humor schließen ...

Es gibt Männer, Frauen und Italiener ...

Übrigens: im 18. Jh. teilte der Schriftsteller Samuel Richardson die Figuren seiner Romane in drei Klassen ein: Frauen, Männer und ... Italiener. So ganz falsch lag der Engländer damit nicht, denn ein ganzes Geflecht von Mythen, Meinungen und Vorurteilen rankt sich um »die Italiener«, weshalb es auch ein Ding der Unmöglichkeit ist, deren Wesen in wenigen Worten zusammenzufassen. Charmant sollen sie sein und spitzbübisch, elegant und einschmeichelnd, aber auch aufdringliche und ausgekochte Gauner. Überall steht zu lesen, dass es in Italien nicht laufe; sucht man jedoch ein Beispiel für ein Land, dessen Bewohner auf Trab gehalten werden, heißt es unisono: in Italien! Italien also das verrückteste Land im Verein der braven oder das bravste Land im Verein der verrückten?

Die italienische Vorliebe für schroffe Gegensätze spiegelt sich auch im Kulturleben wider, vor allem im Kino, das den europäischen Film des 20. Jhs mit einer stattlichen Zahl vollbusiger Schönheiten (Lollobrigida, Loren), markanter Charakterdarsteller (Mastroianni) und einfallsreicher Regisseure (Fellini) bereichert hat. Immer wieder hat Italien auch deutsche Künstler, Dichter und Musiker zu ihren Werken beflügelt. Zumal die Toskana scheint sich inzwischen zur bevorzugten Kolonie des gehobenen Bildungsbürgertums und unserer geschätzten Parlamentarier zu entwickeln.

Auch wer nur auf der Suche nach reichlich Sonne, Strand und Vino nach Italien reist, wird zwangsläufig mit dem kulturellen Reichtum des Landes konfrontiert, von dem das ganze Abendland zehrt. Ob wir nun vor einem echten Leonardo oder vor einem Ferrari Testarossa stehen: irgendwie kommt man sich bei dieser Gelegenheit doch wie ein Barbar vor.

Wir haben uns wohl verständlich gemacht: Italien ist nach wie vor für Überraschungen gut. Seit Jahrhunderten beglückt es die ganze Welt mit seinen Talenten und hellen Köpfen. Der abgeklärten Weisheit zieht es freilich die rasende Leidenschaft vor. Man muß die Italiener leben sehen. Sie können´s wirklich gut. Also Augen und Ohren auf Empfang stellen!