Vormarsch der Christen
Aufstieg des Christentums
In hoc signo vinces
Ende der römischen Vorherrschaft
Am 25. Juli 306 wird Konstantin I. von den germanischen Legionen zum ersten christlichen Kaiser erkoren. Zum selben Zeitpunkt rufen in Rom die Prätorianer Maxentius zum neuen Kaiser aus. Am 28. Oktober 312 kommt es an der Milvischen Brücke zur Entscheidungsschlacht. Während des Gemetzels glaubt Konstantin am Himmel ein Kreuz mit den Worten In hoc signo vinces zu sehen, »In diesem Zeichen wirst du siegen«. Dieser Wahn führt nach gewonnener Schlacht zur Begünstigung des wie die Geschichte während 2000 Jahren zeigen wird blutrünstigen Christentums mit dem Mailänder Toleranzedikt von 313. Ihm verdanken wir den arbeitsfreien Sonntag, da er anordnet, dass am »ehrwürdigen Sonnentag« die Richter, Beamten und Plebeier dienstfrei haben sollen. Wie es sich traf, entsprach der wöchentliche Feiertag der Sonnenanbeter, zu denen Konstantin selbst lange gehörte, zufällig dem christlichen »Tag des Herren«. Durch dieses Gesetz, das als Brückenschlag zwischen zwei Religionen gedacht war, wurde auch die dem römischen Kalender an sich unbekannte Zeiteinteilung in Wochen eingeführt. Am 20. Mai 325 durfte sich die Ecclesia triumphans zum ersten Mal in aller Öffentlichkeit mit allen Bischöfen des römischen Reichs in Nikäa zu einem ökumenischen Konzil versammeln, das die heikle Frage der göttlichen Dreifaltigkeit klären sollte. Dies ist ein tiefes Geheimnis, das nur Pfaffen richtig verstehen, weil einer zwar er selber, aber gleichzeitig auch sein Vater und obendrein ein heiliger Geist sein soll, während überall sonst in der Welt dieser arithmetische Zauber keine Geltung hat, ja als Schwachsinn angesehen wird.
Konstantin starb 337, nachdem er sich vorsichtshalber kurz zuvor noch schnell hatte taufen lassen. Seine sterblichen Überreste fanden in der Apostelkirche von Konstantinopel ihre letzte Ruhestätte. Rom, das seit 285 nicht mehr Kaiserresidenz war, sah zum Zeitpunkt seines Todes die ersten vom Kaiser gestifteten christlichen Basiliken entstehen: meist am Stadtrand über den Gräbern der ersten Christen, die zu Wallfahrtsstätten geworden waren. Als erste Baustelle diente ein kaiserliches Grundstück neben dem Lateranpalast, der später Papstresidenz und von 313 bis 1304 Sitz der Kurienverwaltung wird. Dann siedelt Nikolaus V. in den Vatikan über, läßt den alten Petersdom abreißen, der nach der Überlieferung von Kaiser Konstantin über dem Grab des Apostels errichtet wurde, und einen neuen bauen, der dem Zeitgeschmack mehr entspricht. Zwar zählten die Christen in der ersten Zeit zahlreiche Mäyrer, aber einmal etabliert, drehten sie den Spieß um und es ging nunmehr allen Heiden und Ketzern an den Kragen. So wurde die ebenso durch Gelehrsamkeit wie Tugend ausgezeichnete und schöne Hypathia, die letzte große Philosophin des Neuplatonismus, bekannt und gefeiert in der ganzen damaligen Welt, vom christlichen Pöbel 416 auf brutalste Weise in Alexandrien umgebracht. Mönche aus dem Nitrischen Gebirge überfielen sie hinterrücks, schleppten sie in eine Kirche, zogen sie nackt aus und zerfetzten sie mit Glasscherben. Von den Kreuzzügen, den Ausrottungskriegen gegen die Katharer, Hexenverbrennungen usw. wollen wir hier mal gar nicht reden.
Anfänge und Ausbreitung der römischen Kirche
Von Jerusalem aus verbreitete sich das Christentum wie ein Lauffeuer in der jüdischen Diaspora und der griechisch-römischen Welt. So ist beispielsweise belegt, dass es schon 150 eine Christengemeinde in Lyon gab, 313 wurde der erste Bischof von Köln eingesetzt, 324 entstand die Trierer Basilika. Die Goten waren die ersten Germanen, die sich zum »wahren Glauben« bekehren lassen und ihr Bischof Ulfilas (Wulfila) übersetzte 350 die Bibel ins Gotische. Die älteste Handschrift dieser Übersetzung liegt heute in der Universitätsbibliothek Uppsala.
Schon im 2. Jh. besaß der Bischof von Rom eine gewisse Autorität, den »petrinischen Primat«, der das Fundament der päpstlichen Macht abgab. Als die Kirche sich dank Konstantin I. im römischen Reich frei entfalten konnte, nahm sie eine offizielle Stellung ein, die einen Wendepunkt in ihrer Geschichte darstellt.
Theodosius der Große (379-395) herrschte als letzter Kaiser über das gesamte Reichsgebiet. Seine beiden Söhne teilten das Imperium 395 in bewährter Manier unter sich auf: Honorius bekam den Westen, Arkadius den Osten. Unter seiner Regierung rückte das Christentum endgültig zur neuen Staatsreligion auf, was ihm aber nicht den Bannfluch des Heiligen Ambrosius ersparte, weil er anno 390 mal eben siebenhundert Aufständische hatte abschlachten lassen. Zum ersten Mal ordnete sich bei dieser Gelegenheit der römische Staat der Macht der Kirche unter.
Was erklärt den Erfolg des Christentums? Was ist sein Geheimnis? Immer wenn vorherrschende Ideologien wechseln, sind ihre Gründe auf der Erde, nie im Himmel zu suchen, oder nach dem Wort von Marx: »Die herrschenden Gedanken sind die Gedanken der Herrschenden«. Die Verbreitung des prinzipiell monotheistischen Christentums (obwohl ja, wie ausgeführt, wider alle Logik einer auch drei sein kann), also zunächst einmal des Katholizismus, geht Hand in Hand mit der Einführung und Stärkung des römischen Kaisertums. Ein Reich, ein Gott, ein Kaiser ... Letztere fanden es bald praktisch, es nur noch mit einem Gott zu tun zu haben, statt mit einem ganzen Haufen, die immer wieder die unterschiedlichsten Ansprüche stellten, Rücksichten erforderten, zu Zwist unter den verschiedenen Völkerschaften führten usw. Gelang es ferner, die Zustimmung der Kirchenvertreter zur Krönung zu erhalten, so fiel göttlicher Glanz auf sie und ihre Stellung wurde außerordentlich gestärkt. Dies waren die materiellen Gründe für den Ideologiewechsel.