Amerikas Taufe
Entdecker der Neuen Welt
Amerigo Vespucci als Namensgeber
Warum heißt Amerika eigentlich Amerika? Eine Frage, die sich so mancher stellt, denn es läge näher, den Kontinent nach seinem Entdecker Christoph Kolumbus zu benennen. Tatsächlich jedoch wurde er in Anlehnung an seinen Entdecker getauft: Amerigo Vespucci. Kommt da Staunen auf? Dann hilft ein kleiner Ausflug in die Geschichte.
Die Taufe Amerikas erfolgte am 25. April 1507 durch den Geographen Martin Waldseemüller in Saint Dié (Lothringen). Er schrieb: "Ich wüsste nicht, warum jemand mit Recht etwas dagegen einwenden könnte, diesen Erdteil nach seinem Entdecker Americus, einem Mann von Einfallsreichtum und klugem Verstand, Amerige, nämlich Land des Americus, oder America zu nennen, denn auch Europa und Asien haben Namen nach Frauen genommen."
Damit trat Vespucci als Entdecker des vierten Erdteils auf - obwohl er diesen Ruhm nicht für sich beanspruchte und ihn auch nicht verdiente. Wie heute jeder weiß, war nämlich Kolumbus der erste europäische Seefahrer in der "Neuen Welt". Doch ein Haufen Irrtümer, Fehler und Zufälle führte dazu, dass der neue Kontinent einen anderen Namen bekam als den seines Entdeckers.
Gelehrte mutmaßten bereits in der Antike, dass die Erde eine Kugel sei. Selbst im Mittelalter glaubten viele daran. Die letzte Erdabbildung vor der Entdeckung Amerikas ist der "Behaim´sche Erdapfel" des Nürnbergers Martin Behaim, der die Welt als Globus präsentiert (zu sehen im Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg). Es ist zugleich das älteste erhaltene dieser Modelle.
Tatsächlich bewiesen wurde die Kugelform der Erde spätestens mit der Entdeckung Amerikas - eine Sensation, die natürlich nicht geheim gehalten werden sollte! So brachte der Katograph Waldseemüller gemeinsam mit seinen Kollegen Ludd und Ringmann ein Buch, eine Plankarte (120 x 240 cm) und eine Segmentkarte des Globus (34,2 x 18 cm) heraus. Ungefähr tausend Stück betrug die Auflage.
Beachtung verdient in dem Zusammenhang der Kunstkniff Waldseemüllers, durch den er seine Erdkugel auf Papier herausbrachte. Er zeichnete die Neue Welt auf zwölf zusammenhängende Segmente in Form einer Spindel, die auf Papier gedruckt wurden. Der Betrachter sollte die Segmente ausschneiden und wieder in die kugelige Form bringen - ein Prinzip, das sich noch heute großer Beliebtheit erfreut.
Vermutlich trug dieser Kunstgriff zur Verbreitung des Werkes bei. Den größten Absatz fand es jedoch aufgrund der sensationellen Entdeckung eines neuen Kontinentes und der Tatsache, dass die Erde tatsächlich Kugelform besaß.
Es folgten weitere Drucke ausführlicherer Werke, teils auch auf Deutsch, in denen davon die Rede war, dass der neue Kontinent füglich nach seinem Entdecker "America" genannt werden könne. So erschienen auch die Reiseberichte Vespuccis auf Deutsch.
Johannes Grüninger druckte 1509 in Straßburg eine erneute Ausgabe des Werkes Waldseemüllers ("Cosmographiae introductio"). Dabei erscheint auch eine ergänzende Schrift zum Globus - auf Latein unter dem Namen "Globus mundi", auf Deutsch als "Der Welt Kugel".
Martin Waldseemüller - Kartograph mit folgenreichem Irrtum
Martin Waldseemüller, der sich später übrigens auch Martinus Ilacomilus nannte (Hyle - gr. Wald, lacus - lat. See, mylos - gr. Mühle), kam zwischen 1470 und 1475 in Freiburg oder dem nahen Wolfenweiler zur Welt. Bei seinem Schul- und Universitätsbesuch in Freiburg ist besonders die gute Beziehung zu Gregor Reisch, dem Prior der Kartause Freiburgs, erwähnenswert. Er prägte durch sein Lehramt eine ganze Generation von Gelehrten und Kartographen und verfasste u.a. die "Perle der Philosophie" (Margarita philosophica). Darin kommt besonders die Ansicht Ptolemäus (100-180) zur Sprache, der die Erde (in Kugelform!) für das Zentrum unseres Alls hielt.
1507 verließ Waldseemüller Freiburg und begab sich nach Saint Dié, wo er gemeinsam mit anderen Gelehrten unter Herzog René II. den "Ptolemäus" ins Deutsche übersetzen sollte.
Waldseemüller starb zwischen 1518 und 1521. Von seiner berühmten Globensegmentkarte, bestehen weltweit noch vier bekannte Exemplare.
Zwar bemerkte Waldseemüller seinen Irrtum bei der Namensgebung. Auf einer 1520 erschienen Karte nannte er Südamerika "Terra incognita", also "unbekanntes Land", und bemerkte, dass Kolumbus es entdeckt hatte. Doch da war es offenbar schon zu spät.
Übrigens erfuhr Kolumbus zu seinen Lebzeiten (er starb 1506) selbst nicht, dass er einen neuen Kontinent entdeckt hatte. Er wähnte sich in dem Glauben, in Hinterindien gelandet zu seinen. Vespucci erfuhr bis zu seinem Tod vermutlich auch nichts davon, dass ein neuer Kontinent nach ihm benannt worden war.