Die Chilenen
Sitten und Bräuche der Chilenen
Der Donner ist ein Gott und heißt Pillan
Kurzer Bericht von der Situation des Landes Chile*
Chile liegt an der Westseite Amerikas oder der Neuen Welt. Gegen Norden stößt es an Peru, gegen Süden an die Patagonen-Landschaft, gegen Westen an die große Südersee und im Osten an die Wildnis, so Brasilien davon scheidet. Chile soll auf Peruanisch so viel heißen wie kalt, weil es in der gemäßigten Zone liegt.
Es wachsen allerlei Früchte in dem Lande, wie Äpfel, Birnen, Kraut, Rüben, Weizen, Korn, Gerste, Erbsen, Bohnen, Linsen, Hirse und dergleichen. Es gibt auch allerhand zahmes Vieh darinnen wie in Europa, so Pferde, Kühe, Schweine, Ziegen, zweierlei Schafe, Hunde und Katzen. Anfangs, als die Spanier dieses Land eingenommen, sollen weder von solchen Früchten noch dergleichen Vieh darin gewesen sein, sondern alles ist von Zeiten zu Zeiten aus Spanien hineingebracht und dort fortgepflanzt worden.
Valdivia
Die Stadt Valdivia liegt auf neununddreißig Grad vierzig Minuten südlicher Breite, fünf Meilen von der See entfernt an einem Fluss. Die Stadt ist fast ganz öde und verwildert, denn auf den Gassen stehen allerlei Bäume und Sträucher, auch ist die Stadtmauer mehrenteils eingefallen.
Brouwershafen
Brouwershafen liegt auf einundvierzig Grad dreißig Minuten in dem nördlichen Mund des Golfs de Ancud, auf der Insel Chilóe. Er ist ein bequemer Ort, wo allerlei Notdurft zu bekommen ist.
Carelmapu
Carelmapu liegt auch an gemeldetem Golf auf dem festen Lande Chiles am Seestrande. Es ist nur eine schlechte Schanze mit zwei Flanken und ringsherum mit Palisaden bewehrt.
Castro
Der Ort Castro liegt auf einem Berge und ist auch sehr verwüstet. Es ist aber nach den Ruinenbergen und besonders nach den noch vorhandenen drei Kirchen anzunehmen, dass er vor der Zerstörung wohl gebaut gewesen. Die Kirchen werden genannt: erstens die Hauptkirche, zweitens die Gnaden-Kirche und drittens die Jesuiten-Kirche. Unten am Berge fließt der Fluss Jamboa hin und mündet endlich in den Golf de Ancud. Es ist ein fruchtbarer Ort und sollen in dieser Gegend die Goldminen sein, es wollen aber die Einwohner nichts davon wissen oder hören.
Von den Chilenen
Die Einwohner Chiles sind nicht groß, sondern von mittelmäßiger Statur. Von Farbe sind sie wie die Mestizen die von einem Weißen Vater und einer schwarzen Mutter gezeugt werden.
Etliche sind den Spaniern untertänig, etliche aber wollen ihnen nicht parieren, sondern ihre eigenen Herrn sein. Diese schneiden ihr Haar kurz und rupfen ihre Bärte aus, damit sie von ihren Feinden nicht daran gefasst werden können. Sie leben nur in den Tag hinein und wissen nichts vom wahren Gott. Sie halten den Donner für ihren Gott, den sie Pillan nennen. Und wenn es donnert, fürchten sie sich sehr. Sie fallen dann auf die Erde und tun ihm damit Ehre an.
Jene aber, die den Spaniern untertänig, sind viel humaner und sittsamer, haben auch einige Empfindlichkeit des Gottesdienstes bei sich und tragen lange Haare. Die vornehmsten Mannespersonen tragen mit kleinen Steinlein besetzte Stirnbänder um den Kopf. Der gemeine Mann aber trägt nur schlechte Stirnbänder oder wohl auch Wolliges von kleinen Tierlein oder Häute von Vögeln, die samt den Federn abgezogen worden sind. Sie binden dieselben so um ihren Kopf, dass die Köpfe der Vögel mit den Schnäbeln vom auf die Stirn und die Schwänze hinten in den Nacken herabhängen. Um den Leib tragen sie wollene Decken, die ein jeder selber weben kann. Sie sind in Größe und Farben den hiesigen Schalamurs nicht ungleich. In diese Decken schneiden sie in der Mitte längs dem Faden einen Schlitz, ungefähr eine halbe Elle lang. Durch denselben stecken sie die Köpfe und hängen von ihnen so viel übereinander, je nachdem es kalt oder warm Wetter ist.
Unten um den Leib tragen etliche, wie die am Golf, Hosen bis an die Knie sowie halbe Stiefel um die Beine und gehen barfuß. Etliche aber haben keine Hosen an.
Die Weibspersonen gehen alle mit bloßen Häuptern. Etliche binden ihre Haare ein wenig mit Bänderlein zusammen, etliche aber lassen dieselben frei hängen. Über den Leib tragen sie zwar auch solche wollenen Decken wie die Männer, doch nach einer anderen Mode: Denn sie hängen solche nicht mit dem Kopf durch den Schlitz über die Schultern, sondern sie binden von jeder Decke zwei Zipfel zusammen und hängen sie alsdann über eine Schulter, also dass der rechte Arm frei bleibt. Als Unterkleid binden sie ein Tuch unter den Brüsten um den Leib, das ihnen bis unter die Knie herabhängt. Wenn sie die Kinder säugen wollen, hängen sie dieselben in einem Tuch auf den Rücken und reichen ihnen die Brüste (die so lang sind wie Ziegeneuter) über die Achseln und lassen sie trinken, bis sie satt sind.