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Der Nordosten

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Politik und Trockenheit

Zuckerrohr, Baumwolle und Kakao

Der Nordeste (bras. für »Nordosten«) faßt neun Bundesstaaten zusammen, die sich über 3.500 km an der Küste entlangziehen. Von West nach Ost sind dies die Staaten Maranhao, Piauí, Ceará, Rio Grande do Norte, Paraíba, Pernambuco, Alagoas, Sergipe und Bahia. Allen sind Klima und geographische Eigenschaften gemein; sie teilen sich aber auch die gleichen sozioökonomischen Probleme. Der ganze Küstenstrich verfügt über eine einhundert Kilometer breite, fruchtbare Zone mit ausreichend Regen, wo Zuckerrohr, Baumwolle und Kakao gedeihen. Noch vor der Region Sertao erstrecken sich Ländereien für Viehzucht und weniger wertvolles Ackerland, auf dem aber immerhin noch Maniok, Tabak und Bohnen angepflanzt werden. Der Sertao schließlich, geschichtsträchtiges Herz Brasiliens, ist hundertmal brasilianischer als das »europäische« Sao Paulo!

Als weite, trockene Senke reicht der Sertao vom Süden und Westen der Küstenstaaten bis in den Norden von Goiás. Flüsse und Ströme sind während der Hälfte des Jahres ausgetrocknet. Die Landwirtschaft ist den Launen des Wetters in hohem Maße angepaßt. Weitaus fataler als die Trockenheit wirkt sich die Politik der Großgrundbesitzer aus, die unter ihrer Feudalherrschaft über zwanzig Millionen Bauern versklavt halten. Die Probleme im Nordeste beruhen also keineswegs auf einem Mangel an Grund und Boden: nur vier Prozent Großgrundbesitzer (Latifundiários) teilen sich siebzig Prozent des Bodens! Noch mehr (traurige) Zahlen: über sechzig Prozent Analphabeten, drei Viertel der Bauern verdienen um die fünfzig Mark im Monat, die Kindersterblichkeit beläuft sich auf über fünfzehn Prozent ...

Zuckerrohrverarbeitung

Brasilien wurde, geschichtlich und wirtschaftlich gesehen, im Nordeste geboren. Der Zuckerrohranbau – in den Staaten Pernambuco und Bahia fast zwei Jahrhunderte hindurch extensiv betrieben – brachte eine neue Form der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Organisation mit sich. Das Gros der Arbeit wurde im Engenho von schwarzen Sklaven ausgeführt, denn die Indianer waren nicht genügend widerstandsfähig. Die Pretos (schwarze Sklaven) lebten unter unvorstellbar schweren und elenden Bedingungen. Besser wurden die Mischlinge behandelt, die Mulatos, denen man technische und weniger beschwerliche Aufgaben zuteilte. Im 19. Jahrhundert begann der Süden Brasiliens mit dem Zuckerrohranbau, die Kurse fielen und viele Engenhos trieb es in den Ruin, da kein Ersatz für die Zuckerrohrmonokulturen gefunden wurde. Die Auswirkungen dieser Krise sind noch heute zu spüren.