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Ausgeweidete Autowracks

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Nervenkitzel in Manhattans Straßen

Heroin und andere Großstadt-Plagen

Erfahrungsbericht einer jungen Frau

Es ist dunkel. Sehr dunkel nachts in den verlotterten Straßen, wo die Straßenlanternen die finsteren Löcher der brachliegenden Flächen erhellen, mit den rostigen Überresten von Lincoln Continental oder Dodges, die in den schicken Vierteln gestohlen wurden, dann auseinandergepflückt, in Stücke geschnitten, bis sie schließlich hier landeten, mit hochstehender Schnauze wie ein abgestürztes Flugzeug. Leere Karrosserien, die mit alten Bierdosen, ausgelatschten Turnschuhen und Sessel-Resten bespickt sind. Der Bürgersteig knirscht von Glasscherben.

Nachts gegen sie zu Werk, ohne Zeit zu verlieren, wie wahre Profis. Gute Arbeit, nach zwei Tagen ist nichts mehr übrig, nicht einmal der Scheibenwischer oder die Sitze. Übrig bleiben fein gesäuberte Skelette, die tagsüber als Schuttabladeplatz dienen.

Die Nacht gehört den Männern. Sehr schwarze Haare. Leise Schritte auf Schaumgummisohlen. Sie sprechen das abgehackte Spanisch von Porto Rico und hinterlassen einen Hauch vom Marihuana in der Luft. Die Weißen werden immer weniger, eilen mit ihren Einkaufstüten aus braunem Packpapier dahin; junge Punker mit bunter Haartolle und langen Mänteln aus abgewetztem Tweed bewegen sich Richtung East Village, die Junkies zur Avenue D.

Nach 10 Uhr nehme ich lieber ein Taxi, um heimzufahren. Auch wenn mich das neben dem Geld einen Kommentar wie: „Gefährliches Viertel, was wollen Sie denn da?“ oder ein nervöses Schweigen kostet, begleitet vom Klicken der automatischen Türverriegelung, wenn wir an Ampeln entlang der Sechsten Straße oder der Avenue D halten.

„Nun gut, da wohne ich halt ... Ist das kein hinreichender Grund?“

Loisada ... So klingt Lower East Side aus dem Mund der Portorikaner. „Alphabet Town“, sagen die Polizisten, denn es sind die einzigen Avenuen in ganz Manhattan, die nur einen Buchstaben als Namen haben, Avenues A,B,C,D, deren bloße Erwähnung bei den Bürgern Schaudern hervorruft, Sehnsucht bei den Junkies, und Wehmut bei den Juden über sechzig, die dort in den zwanziger und dreißiger Jahren lebten.