Am Hang des Vulkans
Naturspektakel Stromboli
Route 2: Abwandlung der ersten. Man steigt mit der Hammelherde auf und übernachtet dann auf dem Gipfel, um das Naturschauspiel in aller Ruhe genießen zu können. In diesem Fall gibt man dem Führer noch vor dem Abmarsch Bescheid, unterschreibt eine Entlastungserklärung und muß, theoretisch, auch seinen Ausweis bei ihm abgeben. Sollte man sich für eine Übernachtung auf dem Vulkangipfel entschieden haben, warme Kleidung und einen Daunenschlafsack nicht vergessen, denn auf fast tausend Meter Höhe wird es nachts frisch! Auf rund 250 Meter Höhe stehen einige Windschutzunterstände für Übernachtungsgäste auf dem Vulkan bereit. Am nächsten Morgen, wenn uns die aufgehende Sonne geweckt hat, aus Sicherheitsgründen auf jener Route zurückmarschieren, die man gekommen ist. Weder den Weg nach Ginostra noch die Abkürzung zum Strand hinunter einschlagen: beide sind gefährlich.
Ein Leser mit dichterischer Ader berichtet: »In der Ferne kündigen sich schon die dumpfen Explosionen an. Wenn man die Hand auf den Boden legt, spürt man die tuberkulöse Atmung des Stromboli, der sich verschluckt, röchelt, aufbraust. Der Vulkan lebt. Je weiter man jetzt vordringt, desto deutlicher beginnt der Boden zu zittern. Alle Viertelstunde erwacht der Vulkan aus seinem Fieberschlaf und spuckt schwarze Rauchwolken aus. Schließlich sprüht Feuer aus den Eingeweiden der Erde. In einem Höllengetöse schießt ein Feuerwerk von Lava in die Nacht. Ein unvergeßliches Schauspiel!«
Route 3: die örtlichen Bestimmungen ignorieren und den Aufstieg in eigener Verantwortung und im eigenen Tempo in Angriff nehmen. Am besten zieht man spätnachmittags los, wenn die Sonne Richtung Horizont wandert, um das Schauspiel der untergehenden Sonne beim Aufstieg vor Augen zu haben. Vorher besorge man sich eine detailgetreue Karte der Insel. Vom Hafen aus ein Stück an der Küste entlanglaufen. Nicht schon an der Kirche, sondern am Dorfende, wo ein Schild den Aufstieg ohne Führer verbietet, hinaufgehen. Ein mit Steinen gepflasterter Weg führt rechter Hand hinauf. Wer den Weg nicht findet, frage sich bei Passanten auf der Straße durch: Dov´è la via per salire il vulcano? (wo geht´s hier zum Vulkan hinauf?). Manch einer wird aus Solidarität mit den Führern eine Antwort verweigern . Wenn aber jemand so freundlich ist, sollte man auch die Antwort verstehen können: a dritto heißt »geradeaus«, a destra »nach rechts« und a sinistra »links«. Nur für den Fall, dass man von Dantes Sprache wirklich kein Wort beherrschen sollte.
Der Weg zum Krater schlängelt sich zunächst durch zwei Reihen Schilfrohr, dann durch dichtes Gebüsch, anschließend führt er über ein weites Geröllfeld. Hast du´s nicht gesehen findet man sich auf einem dicken Ascheteppich wieder - eine Mondlandschaft tut sich auf.
Auf keinen Fall in eine der Krateröffnungen hinabsteigen, auch wenn Fußspuren den Eindruck vermitteln, da seien schon etliche hinuntergegangen. Führen denn die Spuren auch wieder hinauf? Leichtsinn kostet jährlich zwei oder drei Personen am Stromboli das Leben. Warntafeln signalisieren, bis wohin man sich vorwagen darf. Daran sollte man sich unbedingt halten.
Immer bedenken: die Launen der Vulkane folgen eigenen Regeln; Intensität und Häufigkeit der Kapriolen ändern sich von Tag zu Tag, aber normalerweise hustet der Vulkan in Abständen von einer Viertelstunde bis zu zwanzig Minuten glühende Lava in den dunklen Nachthimmel, die wieder in den Krater zurückprasselt oder in der Sciara del Fuoco ins Meer rutscht. Übrigens wollen wir noch daran erinnern, dass der Vulkan keine Müllkippe ist. Abfälle also wieder brav mit runtertragen - daran halten sich jetzt sogar schon Italiener und Franzosen).