Recife
»Venedig Brasiliens«
Handelshafen der Region
Recife(Vorwahl: 081)
Hauptstadt des Bundesstaates Pernambuco und bedeutendster Handelshafen in der Region Nordeste. Recife, 1,3 Millionen Einwohner, macht seit Jahren eine sprunghafte Entwicklung durch, die es an die Seite der Metropolen Salvador und Fortaleza rückt. Im Gegensatz zur Wirkung Salvadors ist man von Recife kaum auf den ersten Blick begeistert. Auch hat die Geschichte weniger fesselnde Spuren hinterlassen. Die tropische Feuchtigkeit hat Haus- und Kirchenmauern mit einem schwarzen Aussatz überzogen, und mehr als anderswo spürt man die sozialen Spannungen und Widersprüche, durch Zehntausende von Retirantes verstärkt, die in den Sümpfen vor den Stadttoren ihr elendes Dasein fristen.
Wenngleich der Recife wegen seiner Flüsse und Kanäle verliehene Beinamen »Venedig Brasiliens« stark übertrieben scheint, so strahlt es doch viel Persönlichkeit aus. Recifes anziehende Seite hängt mit seinem unversehrten Naturell, den ursprünglichen Traditionen und seinem Lebensrhythmus zusammen, was einen letztendlich doch in den Bann dieser Millionenstadt schlägt. Der Karneval hat sich eine Kraft und Spontaneität bewahrt, die er in Rio längst eingebüßt hat und die sich auch in Salvador kaum noch erahnen läßt. Weiterer Pluspunkt: Olinda, die einstige Hauptstadt Pernambucos, liegt nur sechs Kilometer weiter und hat uns mit seinen steingewordenen Wundern aus der Kolonialzeit und seiner glanzvollen Vergangenheit überhaupt einiges auf Lager.
Ausflug in die Geschichte
Am Anfang segelte Recife (wörtlich »Riff«), ein unbedeutender Hafenplatz, im Windschatten Olindas, der Hauptstadt. Sein Name ist, ganz den natürlichen Verhältnissen entsprechend, von dem aus Riffen bestehenden Brandungsgürtel abgeleitet. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts bemächtigten sich die Holländer beider Städte und bemühten sich, Recifes Entwicklung voranzutreiben. Sie blieben etwa dreißig Jahre, bevor sie von den Portugiesen wieder vertrieben wurden. Das Goldene Zeitalter des Zuckers im 17. und 18. Jahrhundert trug zum Reichtum Olindas und zur Ausdehnung von Recife bei. Letzteres schwang sich innerhalb kurzer Zeit zur eigentlichen, wirtschaftlich tonangebenden Metropole auf. Die Verleihung der damit verbundenen Stadtrechte geschah Anno 1825.
Recife zeichnet eine intensive intellektuelle und kulturelle Aktivität vor vergleichbaren Städten aus. Verschiedene Bewegungen, die für die Unabhängigkeit des Landes eintraten oder gegen den Kaiser kämpften, nahmen hier ihren Anfang. In diesem Zusammenhang ist auf die republikanische Revolte von 1817 hinzuweisen. Vor dem militärischen Staatsstreich 1964 waren Recife und der Staat Pernambuco ein Schmelztiegel neuer Ideen und Erfahrungen. Zum Beispiel förderten der Gouverneur Miguel Arraes und der Abgeordnete Francisco Juliao die Ligas camponesas (Bauernvereinigungen), um eine Agrarreform auf den Weg zu bringen. Auch allen anderen Arbeitern im Staat sollte ein Mindestgehalt garantiert sein.
Dom Helder Câmara
Jahrelang wetterte eine gewaltige Stimme gegen Ungerechtigkeit und Misere im Nordeste, ohne in Resignation oder Fatalismus zu verfallen: Dom Helder Câmara, der »rote« Erzbischof von Recife und Olinda. Dieser von manchen schon zu Lebzeiten als Heiliger verehrte Kirchenmann tat viel für die Armen und Unterdrückten. Seiner machtvollen Stimme hatte er in der ganzen Welt Achtung verschafft.