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Die Strände

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Weiß-schwarze Sandstrände

Traumhafte Brasilianerinen mit vielen Träumen

Kaltes Wasser und Taschendiebe

Nur wenigen Großstädten auf der Welt ist es vergönnt, in der Innenstadt über solche Sandstrände wie Rio zu verfügen. Natürlich sind einige davon so sehr verschmutzt, dass vom Baden dringend abzuraten ist; aber das stört die Cariocas offensichtlich wenig, denn »zum Strand gehen« hat nicht unbedingt etwas mit »ins Wasser eintauchen« zu tun. In Flamengo führt man sich besser die am Rand des Strandes stattfindenden Fußballspiele auf den ungefähr zehn Spielfeldern zu Gemüte und vor den Stränden von Botafogo und Urca die kreuzenden Segelboote. Auch Besucher der Strände von Copacabana und derjenigen auf der Paquetá-Insel und von Niterói auf der anderen Seite der Bucht sollten auf die Erfrischung im kühlen Naß verzichten. Wieder einige heiße Ratschläge: weder den Reisepaß noch Schmuck und wirklich nur das notwendige Kleingeld mit an den Strand nehmen; sich vor den Banden der kleinen Schuhputzer in acht nehmen, die hauptsächlich in der Avenida Atlântica mit den meisten Nutten Hand in Hand arbeiten (falls doch mal ein paar Dollar futsch sind: die Jungs klauen, um zu überleben; das sollte man in einem Land wie Brasilien stets im Hinterkopf behalten!).

Unser Tipp: ein fensterloser Bus, Jardineira genannt, pendelt zwischen den Stränden. Die Haltestellen sind durch große, zylinderförmige Plastikpfeiler markiert; einer davon findet sich in Höhe des Hotel Meridien. Gar nicht teuer und bestens geeignet, um sich einen Überblick über die Strände von Copacabana, Ipanema und Leblon zu verschaffen.

Für unsere Wasserratten sind die Strände in einer gewissen Entfernung von der Innenstadt eher geeignet, so z.B. einige sagenhaft schöne, überschaubare Exemplare bei Itacoatiara (Bus ab Stadtmitte von Niterói) oder bei Itaipu, einem kleinen Fischerdörfchen.

Leme und Copacabana: Leme erweist sich als ruhiger Strand im Gegensatz zur Copacabana, die als längste Strandmeile noch immer Millionen von Menschen Anlaß zum Träumen bietet. Auf eine Länge von über vier Kilometern verteilen sich sechs Rettungstürme, die nicht mehr der Überwachung des Strandes, sondern dank ihrer Numerierung als Anhaltspunkte für Verabredungen dienen. Brandung und Strömungen können bisweilen ganz schön gefährlich werden; eine Flagge zeigt daher den Zustand des Meeres an: Rot bedeutet das Vorhandensein von Grundsee an – der Begriff aus der Seemannssprache meint hohe, sich häufig überschlagende Wellen, die durch Auftreffen einer aus tiefem Wasser stammenden Welle an einer flachen Küste entstehen. Der Sand hat den Erfolg des Strandes büßen müssen: er ist hoffnungslos verschmutzt.

Achtung, einsame Herzen: viele brasilianische Mädchen warten hier auf künftige Ehemänner, um auf diese Art mit nach Europa oder Amerika genommen zu werden. Häufig geben sie sich später bitter enttäuschten Illusionen über das Leben »im reichen Deutschland«, »in der reichen Schweiz« usw. hin, lassen sich von ein paar Dollarnoten und unhaltbaren Versprechungen blenden und landen unter Umständen in üblen Verhältnissen, wenn nicht gar in der Prostitution. Seit der Öffnung nach Osten ist allerdings professionellen Frauenhändlern der brasilianische »Markt« zu teuer geworden. Sprachprobleme, Isolation, Klima, Lebensweise usf. lassen selbst bei gutem Willen viele Verbindungen in Europa scheitern.

Arpoador-Strand: von Surfern bevorzugte Ecke am äußersten Nordostzipfel Ipanemas. Imposanter Wellengang, doch Wagemutige stürzen sich hier trotzdem ins Wasser ...

Ipanema hat der Copacabana, was die Knappheit der Badebekleidungen angeht, längst den Rang abgelaufen. Hier sieht man Mädchen, deren Hauptbeschäftigung es zu sein scheint, so viel wie möglich von sich zu zeigen, ohne zu schockieren. Ipanema ist der snobistischste und gekünstelste Strand. In der Höhe des Wachturmes 9 findet sich die Bourgeoisie und ihr Hofstaat zusammen. Die alle dreißig Sekunden vorbeikommenden Verkäufer von Wassereis, Krabbenspießen, Hüten, Sonnencremes, Sandwiches, Cola und Bier halten vor jedem Handtuch inne und leiern die Namen der feilgebotenen Produkte – nicht ohne tropischen Charme – herunter. Zwischen 12 und 2 Uhr bevölkert sich der Strand mit jenen, die das Glück haben, in dieser Ecke zu arbeiten. Strandbesucher sollten zwischendurch ihr Sonnenbad unterbrechen, um den Durst im Café La Garota de Ipanema (früher »Veloso«) zu stillen, benannt nach dem bekannten Ohrwurm von Vinicius de Moraes und Tom Jobim. Die Straße dort, die einst Rua Montenegro hieß, übernahm den Namen des Sängers nach dessen Tod: Vinicius de Moraes.

Leblon wiederum wirkt familiärer, weniger belebt. An den Wochenenden aber ist es für Sonnenanbeter ein Ding der Unmöglichkeit, den einmal eroberten Quadratmeter Sand unbeaufsichtigt zu lassen, und sei es auch nur für einen wenige Minuten dauernden Sprung ins Wasser. Die qualvolle Enge hat in Rio ansässige Brasilianer schon das Weite suchen lassen, die sich nun lieber weiter südlich erholen. Am Wochendende finden Volleyball- und Futevolei-Turniere – eine häufig am Strand praktizierte Verbindung aus Fuß- und Volleyball. Vor der Strömung sei gewarnt!

Strand von Sao Conrado: wird immer häufiger von den von der Copacabana und von Ipanema Enttäuschten aufgesucht. Im Moment ist dies der angenehmste Strand und wird deshalb von der Jugend bevorzugt. Das Meer gibt sich hier allerdings ungestümer, da die Wellen nicht mehr durch die »morros« gebändigt werden. Am Ende des Strandes findet man im Pepino-Viertel das »freie Gebiet« (Território livre), jene Strandzone also, wo sich die Polizei niemals blicken läßt und wo die Freiheit grenzenlos ist. Treffpunkt sowohl der Jugend aus den Favelas als auch der Intellektuellen.

Barra da Tijuca: fast zwanzig Kilometer langer Strand, der trotz des gefährlichen Meeres zunehmend frequentiert wird. Eine Vielzahl von Discos, Restaurants, Bars und Motels beleben Recreio dos Bandeirantes. Obwohl dieser Ort in einiger Entfernung von Rio liegt, macht er in Beliebtheitsskala ständig Punkte gut. Abfahrt von der Copacabana mit Buslinie 553, von Sao Conrado Buslinie 700.