Speis und Trank
Washingtons Gastronomie
Washington beansprucht für sich, auch die gastronomische Hauptstadt der USA zu sein. Jede ethnische Gruppe ist mit ihren kulinarischen Traditionen vertreten, und es läßt sich eine Weltreise der Gaumenfreuden in jeder Preisklasse unternehmen. Ein zusätzlicher Anreiz, die nicht uninteressanten Stadtviertel etwas weiter außerhalb aufzusuchen.
In der Stadtmitte
Für löchrige Geldbeutel
Sholl´s Colonial Cafeteria: 1990 K Street NW , T. 296-3065. U-Bahn: Farragut N oder W. Geöffnet von 7-10.30h, von 11.30-14.30h und von 16.30-20h. Sonntags dicht. Die ehrwürdige Cafeteria, die unlängst ihren sechzigsten Geburtstag feierte, zog kürzlich in ein neues Gebäude um. Sie bewirtet nicht nur ältliche Damen mit abgenutzten Plastikhandtaschen sondern auch Angestellte aus dem Viertel, Jugendliche und Studenten, also alle, die mit einem schmalen Geldbeutel auf der Suche nach einer einfachen, gesunden und wohlfeilen Küche sind, die noch dazu reichliche Portionen hervorbringt.
Garantiert friedliche Atmosphäre. Leber mit Zwiebeln zu unschlagbarem Preis, selbst gebackene Kuchen, äußerst beliebte Pasteten, usf. Großzügig ausfallendes Frühstück. Und als besonderes Bonbon sorgen einige Sprüche, über die man einmal meditieren sollte, auch noch für geistige Nahrung.
Pavillon: Pennsylvania Ave, Ecke 12th Street. Ehemalige Post, deren Innenraum erneuert wurde. Vielen Gästen Platz bietender, runder Raum unter einem Atrium mit Tischen zum Sitzen, Essen und Diskutieren sowie zahlreiche kleine Läden auf den beiden Stockwerken mit »Carry-out« Fast Foods. Kostenlose Konzerte und Shows gegen 12h und zwischen 17 und 18h. Nett, belebt und preiswert.
Szechuan: 615 Eye St. NW , T. 393-0131. U-Bahn: Gallery Place. Im asiatischen Viertel. Montags bis donnerstags von 12-23h, freitags und samstags bis Mitternacht und sonntags bis 22h geöffnet. Wir raten vorzubestellen. Eines der besten chinesischen Restaurants in Washington, besonders auf die Küche der chinesischen Provinz Szetschuan. In einem einzelstehenden Haus untergebracht. Die Räume werden vom Gemurmel der chinesischen Großfamilien erfüllt, was als gutes Zeichen zu werten ist. Wie immer, zuvorkommender Empfang und freundliche Bedienung.
Aus der ellenlangen Speisekarte empfehlen wir die gedämpfeten Fleischbällchen, die cho-cho, den house special lambin double flavors hmmm, köstlich und das knusprige Rindfleich mit Apfelsine, noch verführerischer. Meisterhaft zubereitetes Schweinefleisch. Kurzum, eine Adresse für Genießer.
Mittlere bis gehobene Preisklasse
The Dubliner: 4 F Street NW, gegenüber der Hauptpost. U-Bahn: Union Station. Schon relativ schickes Restaurant mit Bar. Elegante Innengestaltung mit dunklem, geschnitzten Holz und alten Stichen mit Motiven aus Irland. Wirklich reizvoll, daher auch mittags großer Andrang.
Leckeres Chili und reichhaltige Salate, die weder Magen noch Geldbeutel allzu belasten. Mittags einige Menüs: Flunder gefüllt mit Krabbenfleisch, Entensalat usw. Sonntags von 11-15h ein Irisches Brunch.
Market Inn 200 E Street SW und 2nd Street, T. 554-2100. U-Bahn: Federal Center. Bei der 3rd Street aussteigen und nach links in die E Street einbiegen. Geöffnet von 11-2h nachts und sonntags von 10.30h bis Mitternacht. Etwas außerhalb zwischen der Eisenbahn und den Fleischereigroßhandlungen gelegen. Es handelt sich um ein solides Restaurant für Meeresfrüchte mit netter, gemütlicher Atmosphäre und ausgefallenem Rahmen, der es uns besonders angetan hat. Die besten Plätze befinden sich rund um das Klavier in der Bar, wo man gleich unter dem zärtlichen Blick und dem rosigen Busen von Marilyn sitzt, deren berühmter Kalender dort hängt.
Streift man durch die Räumlichkeiten, so stellt man beim Betrachten von Einrichtung und Bildern bedeutende Unterschiede fest. Mittags speist man preisgünstiger und in entspannterer Atmosphäre. Das Mittagsmenü wird montags bis freitags von 11-16h serviert; über die Preise sehen wir gelassen hinweg. Mengen an ausgewachsenen Sandwiches, Salaten, Quiches, Suppen, und erst die New England clam chowder!
Abends ist das Market Inn ein beliebtes Ausflugslokal. Daher Tischreservierung nachdrücklich zu empfehlen. Mekka der Freunde von Meeresfrüchten, verschieden zusammengestellte Platten wie z.B. Hummerplatte, mariner´s platter, New England clam bake etc. und schließlich noch gebratene oder gratinierte Jakobsmuscheln, gegrilltes Fischsteak, Schwertfisch, Thunfisch oder Lachs, oder Blackened Redfish, ein cajunsches Rezept. Samstags und sonntags »New Orleans Jazz Brunch« von 10.30-14.30h.
Hogate´s: 9th und Maine SW, T. 484-6300; U-Bahn: Enfant Plaza. Geöffnet montags bis samstags von 11-15h, abends bis 23h und sonntags von 12-22h. Riesiges Restaurant mit einigermaßen schicker Aufmachung. Den monumentalen Rhum Bun gibt´s umsonst. Ansonsten hat sich dieses Lokal sehr verändert, seit wir in unserer letzten Ausgabe seine Menüs unseren Lesern wärmstens empfahlen. Schade.
Vornehm, vornehm ...
American Harvest: 1400 M Street, Thomas Circle, T. 429-1700; U-Bahn: McPherson. Mittags von dienstags bis freitags und abends von montags bis samstags geöffnet; sonntags keine Bewirtung. Wir empfehlen dringend, einen Tisch vorzubestellen. Es handelt sich um das Restaurant des Vista International Hotel. Allein schon das Betreten des wunderbaren Atriums dieses Hotels bereitet ein unvorstellbares Vergnügen. Die Räume des Restaurants sind im feinen Stil der Georgetown Mansions gehalten so wie wir´s lieben mit hübschen Gemälden und amerikanischem Mobiliar.
Das Besondere an der Küche ist die Tatsache, dass sie es fertigbringt, zum richtigen Zeitpunkt immer genau das zu beschaffen, was in einem der US-Staaten frisch geerntet wird. Wird im März in Kalifornien Spargelkohl geerntet, so finden ihn hier die verwöhnten Gäste zur gleichen Zeit auf ihrem Teller vor. Wenn im August die Ernte des sweet corn, Mais, fällig ist, erscheint auf der Speisekarte der berühmte vineyard green corn pudding usw. Das American Harvest entpuppt sich also als eine Art Schaufenster der amerikanischen Küche. Darüberhinaus lassen sich die Preise eingedenk des erstklassigen Ruf des Hauses noch als annehmbar bezeichnen.