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North Beach

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Schiffsindustrie und Fischerei

Kaufleute, Näherinnen und Bürgerrechtler

Klein Italien - Capuccino in hübschen Cafés

Eingegrenzt durch Filbert Street und Broadway, Kearny Street und Powell Street.

North Beach ist nicht zu trennen von den Gebräuchen und Gewohnheiten seiner italienischen Bevölkerung. Die mächtigen Einwanderungsströme um 1870 bis 1890, gespeist überwiegend von Norditalienern, prägten diesen Stadtteil. Es liegt nahe, dass in diesem, an der Bucht gelegenen, Stadtbezirk Schiffsindustrie und Fischerei zu den Haupteinnahmequellen gehörten. Es existierte aber auch ein großes Macaroni-Ravioli-Unternehmen an der Grant, früher Du Pont Avenue.

Um 1850 war diese Gegend Schauplatz wilder Umtriebe. »A district without law and order«, hieß es. Insgesamt zählte man 4000 Morde in den fünfziger Jahren. Die Gegend nannte man bezeichnenderweise auch Barbary Coast, die bis zur heutigen Battery Street an der Kreuzung von Columbus und Pacific Avenue ein Gewirr gesunkener bzw. versenkter Schiffe bildete. In den Jahren des Goldrauschs verließen Besatzungen zuhauf ihre Schiffe. Sie wurden auf Grund gesetzt und die Wracks mit Sand aufgefüllt. Darauf entstand das Vergnügungszentrum, bestehend aus unzähligen Bars, Bordellen und Theatern.

Die Telefonbücher jener Zeit geben Aufschluß über eine Unzahl von »Pensionen«, in denen »Näherinnen« emsig ihrem Gewerbe nachgingen. In größten, dem Nymphia, bearbeiteten die Damen in Schichten gleichzeitig 450 Kunden. Manche Puffmütter waren wahre Charaktere wie z.B. Tessie Wall, welche den Spieler Frank Deroux ehelichte und ihrem Gespons eine Ladung Blei in den Korpus jagde, als er sich scheiden lassen wollte. Am Abend ihrer ersten Begegnung leerte sie zweiundzwanzig Flaschen Champagner ohne den Saal zu verlassen, was den Frankie eigentlich hätte warnen müssen. Eine andere war Jodoform Kate, die in der Maiden Lane, früher Morton Street, ein Haus führte und sich mit Jodoform dopte. Jeder vorübergehenden Passantin schrie sie Obzönitäten hinterher, aber die Einwohner mochten sie trotz – wegen ? – ihres lausigen Charakters. Die wilden Zustände führten zur Bildung von Bürgerwehren betuchter Kaufleute, den Viglilence Committees, die Recht und Gesetz teils auch an der Gesetzgebung in die Hand nahmen. Mörder wurden aufgeknüpft und kleineren Strolchen spendierte man einen Schiffsplatz auf Nimmerwiedersehen durchs Goldene Tor. 1856 hängte eine Truppe von zehntausend Bürgerrechtlern z.B. den bestechlichen Lokalpolitiker James Casey, Mörder von James Kind of William, den Herausgeber des »Evening Bulletin«, der sich gegen das Verbrecherunwesen gewandt hatte.

Zur Zeit des Ersten Weltkriegs setzte die Stadtverwaltung dem wilden Treiben ein Ende. Die 1917 herausgegebene Red-Light-Gesetzgebung beendete die bislang offene Prostitution in San Francisco.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verließ die italienische Bevölkerung zunehmend den North Beach und zog der sich im South of Market District ausbreitenden Schiffsindustrie nach. Folgen dieser Abwanderung waren sinkende Mieten, leerstehende Häuser, in die junge Leute nachzogen und aus deren Kreisen sich in den fünfziger Jahren die Beatnikbewegung entwickelte. Zuerst machten die Beatniks nur innerhalb der Stadtgrenzen von sich reden. Mit dem internationalen Durchbruch der Bücher »On the Road« von Jack Kerouac und Allen Ginsbergs »Howl« wurde die Gegend von Neugierigen überrannt. Als Folge zogen viele in die Haight-Ashbury und waren Geburtshelfer der Hippiegeneration. Den North Beach nahmen alsdann immer mehr Chinesen ein, deren Chinatown schon längst aus allen Nähten platzte. Heute zählt der North Beach, insbesondere nachts, zu den belebtesten Stadtteilen.

Im North Beach District ist rund um die Uhr etwas los. Hauptschlagadern des Stadtbezirks sind der Broadway und die Columbus Avenue, die von Süden (Financial District) nach Norden (Fisherman´s Wharf) das quirlige Treiben des Viertels durchqueren. Italienische Fischer zählten, wie erwähnt, zu den ersten Bewohnern und Gründern des heutigen Little Italy, wie man diesen Bezirk auch zu nennen pflegt. Italienische Restaurants, Bars und Cafés sind bis tief in die Nacht mit Leben erfüllt. Nachts erleuchten unzählige Neonreklamen die Straßen, und die Nachtschwärmer füllen Discos und Nachtlokale. Der schöne Washington Square Park bildet die Piazza des Little Italy. Frühaufsteher können hier frühmorgens Chinesen beim Thai Chi Training (Chinesisches Schattenboxen) beobachten. North Beach: das sind die selbstgemachten Nudeln (Pasta) in unzähligen Restaurants, der hervorragende Capuccino in den schicken Cafés, die Glocken der katholischen St. Peter und Paul-Kirche und – nicht zuletzt – das neondurchflutete, laute Nachtleben um den Broadway. Joan Baez besingt in einem ihrer Songs »Diamond and Rush« den Washington Square: »Now you´re smiling out the window of that crummy hotel over Washington Square.«