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Gay-Lesbian-Freiheitstag

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Menschen aller Schichten können homo sein

Das Anti-Diskriminierungsgesetz

Lack, Leder, Sado-Maso

Feiertag

Unglaublich, aber wahr: in der letzten Juni-Woche eines jeden Jahres treffen sich regelmäßig Zehntausende von Homosexuellen und Lesben aus aller Welt um ihren Tag, den Gay and Lesbian Freedom Day, zu feiern. Veranstaltet werden ein Gay Film Festival, Konzerte, Feste, Bazare, politische Aktionen und als Höhepunkt ein Riesenumzug durch die Innenstadt. Wir haben unseren Augen nicht getraut, als Polizisten, Feuerwehrmänner, Politiker, Wissenschaftler, Senioren in einer vierstündigen Parade an dreihunderttausend Schaulustigen vorbeimarschierten.

Um sich einander gefahrlos zu erkennen zu geben und Kontakt aufzunehmen, benutzten die Homosexuellen vor der Liberalisierung ein Erkennungswort. Sie fragten denjenigen, den sie ins Auge gefaßt hatten: »Do you know a gay place?«, d.h. einen fröhlichen, angenehmen Ort, wo man sich amüsiert ... Dieser für einen Heterosexuellen harmlose Satz, zudem ungefährlich, falls man fatalerweise an einen Polizisten geriet, zeigte demjenigen, der Bescheid wußte, woran er war. Mit der Zeit wurde das natürlich allgemein bekannt und »gay« zum Synonym für schwul.

Ursprünglich lag der Prozentsatz der Schwulen in San Francisco nicht über dem nationalen Durchschnitt, aber die außergewöhnliche Toleranz der Kalifornier hat Homosexuelle aus dem ganzen Land angezogen. Es ist leichter, in Kalifornien seine Homosexualität zu leben als in Texas.

Längst vergessen sind die Zeiten (1966), als Kardinal Spellmann seine Geistlichen aufforderte, die Namen derer zu erfassen, die sogenannte »unsittliche« Kinofilme besuchten.

Die Schwulen gehen ungeniert ihren sexuellen Bedürfnissen nach. Es ist bezeichnend, dass das Bob Damron´s Adress Book, ein Verzeichnis aller »gay«-places in den Vereinigten Staaten, genauestens die Spezialitäten der einzelnen Schwulentreffs angibt. Das schließt jede Überraschung - da man weiß, was einen erwartet - jede Enttäuschung - da man kommt, weil diese oder jene Sache einem gefällt - und sogar jede Kommunikation aus.

Die Schwulen gewannen immer mehr an Boden und machen heute ein Viertel der Bevölkerung aus. Ihr Viertel wurde zu einem der belebtesten der Stadt. Hunderte von Geschäften, Restaurants, Discos und kulturellen Treffpunkten zeugen von der Vitalität der Bewegung. Zu Beginn der siebziger und achtziger Jahre konnten die Homosexuellen außerordentliche Fortschritte verbuchen, so dass auch rückschrittlich Gesonnene dieser Gruppe nicht länger bestimmte Rechte absprechen konnten. 1972 verabschiedete San Francisco als erste Stadt Amerikas ein Gesetz, welches jegliche Diskriminierung aufgrund von Lebensweise oder sexuellen Neigungen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt für unzulässig erklärte. 1973 strich die amerikanische Gesellschaft für Psychiatrie Homosexualität von ihrer Liste der Geisteskrankheiten! Homosexuelle, die sich offen zu ihrer Neigung bekannten, wurden in den Stadtrat gewählt.

Natürlich hat AIDS einiges verändert. Rund 120 Opfer pro Monat sind bereits zu beklagen! Saunen und back rooms wurden auf städtische Anordnung hin geschlossen. Aber noch brach keine Hysterie aus, wie sie in bei uns Aidskranken oft entgegenschlägt. Selbstverständlich wird inzwischen mehr geflirtet, statt gleich aufs Ganze zu gehen.

1906 wurde das Erdbeben in San Francisco, mit seinem Hafen ein Ort des Lasters und der Vergnügungen, als eine Strafe Gottes verstanden. Auch bei Aids, meinen manche Tugendapostel, habe ein hinterhältiger Gott seine Hand im Spiel. Auf jeden Fall hat die bedeutendste Homosexuellenstadt der Welt etwas von ihrer Lebensfreude verloren. Jedoch haben sich verbitterte und reaktionäre straights aller Art zu früh gefreut, wenn sie die Stunde der Rache nahe glaubten. Die Homosexuellenszene ist zwar erschüttert, aber es war ihr trotz allem möglich, voller Energie auf die Herausforderung zu reagieren. So hat sie auf Information und Vorbeugung gesetzt. Beratungs- und Hilfsstellen für die Kranken wurden in hoher Zahl eingerichtet, Unterstützung und Pflege der Schwerkranken organisiert. Information und Solidarität können zwar nicht heilen, aber beides hilft dem Betroffenen, mit der Krankheit zu leben. Außerdem wandelte sich gezwungenermaßen auch die Lebensweise der Männer. Die sexuelle Aktivität sank erheblich, und auch eine verstärkte Rückwendung zur Monogamie ist festzustellen.

»Gay«-Zonen

Castro Street: Höhe Market Street, Muni: Market Street. Eher macho, mit einer eindeutigen Vorliebe für den Cowboytypus. Malborostil eben, nur ohne Pferd ...

Folsom Street: eher S & M, sado-maso, Hang zum Leder. Nicht mehr das, was es mal war.

Polk Street: einige Blocks nördlich der Geary Street. Eher schickimickimäßig. Vornehme Restaurants neben Nobelboutiquen.