South of Market (SoMa)
Geschäftsviertel und Süden des Schachts
Die »Austernpiraten«
Multimedia-Hype und Bad Area
Das Gewerbegebiet San Franciscos erstreckt sich südlich der Market Street vom Ferry Building bis zum China Basin. Früher wurde dieses Gebiet »South of the Slot« genannt, in Erinnerung an die Schienen der Market Street Cable-Car-Linie. Daraus entstand SoMa (South of Market) in Anlehnung an das modische New Yorker Soho
In dieser Gegend lagen während der Pionierzeit die Elendsquartiere der Stadt. Der amerikanische Schriftsteller Jack London war einer der zahlreichen Einwanderer, die in dieser unwirtlichen Umgebung aufwuchsen. Londons Familie wohnte an der Ecke 3rd St. und Brannan Street. Jack arbeitete einst als Zeitungsbote in Oakland, gehörte zeitweilig den »Austernpiraten« an, einer Jugendbande, und arbeitete sich später nach zahlreichen Abenteuern zu See und zu Lande mit großer Zähigkeit zum anerkannten Schriftssteller hoch.
Wir nennen das SoMa-Viertel gerne den Hinterhof San Franciscos. Ein Gesicht dieser schillernden Weltstadt, das den meisten Besuchern unbekannt bleibt, obgleich dort soviele Menschen arbeiten und jene wirtschaftlichen Grundlagen schaffen, ohne die San Francisco nicht bestehen könnte.
Wegen der schier unbezahlbaren Mietpreise in den schöneren Stadtbezirken, wuchsen inmitten der Fabriken, Lagerhäuser und Werkstätten Wohn- und Arbeitsstätten sogenannter Randgruppen heran. Ganz zu schweigen von der Künstlergemeinschaft, die sich in unzähligen, alten Lagerhäusern ein neues Zuhause geschaffen hat. Heute findet man in diesem Viertel Fotoateliers, Designstudios und viele Druckereien. Auch einige junge Computerfreaks verlassen das schicke Silicon Valley und eröffnen hier kleine Firmen, die im Multimediacircus mitmischen wollen. Eine weitere Kultur in SoMa bilden die Bars der in Leder und Jeans gekleideten Schwulen, Anhänger eher außergewöhnlicher homosexueller Neigungen, wie Sado and Maso, die sich im Bereich der 8th und 9th an der Folsom, Howard und Harrison St. niedergelassen haben.
Was noch bis vor kurzem Randgruppen als bezahlbare Wohn- oder Atelieralternative gedient hat, ist heute neues Zuzugsgebiet finanzkräftiger Yuppie-Unternehmen. Der Bau des Moscone Centers an der 3rd St. und Howard St. setzte das Startsignal für diese Entwicklung.
Eine weitere Straße, die hier besonders erwähnt werden muß, ist die Sixth Street. Sie zählt zu den heruntergekommensten und gefährlichsten Pflastern, die nachts in jedem Falle weiträumig zu umgehen ist. Tagsüber ist der SoMa District, abgesehen von der 6th Street, ein lebhaftes Gebiet, in dem man sich unbesorgt bewegen kann. Wir fanden in dieser Gegend jede Menge Läden, deren Preise die der Unternehmen in der Stadtmitte teilweise um mehr als die Hälfte unterboten. Die Wuchermieten in der Innenstadt und in anderen begehrten Geschäftsbereichen der City sind für neue kleine Unternehmer oft unerschwinglich, so dass viele ihr Geschäft im SoMa District beginnen. Außerdem öffnen eine Menge Fabriken ihre Tore an gewissen Wochentagen der Öffentlichkeit und bieten ihre Ware zu Preisen feil, die knapp über den Einkaufspreisen liegen. Zahlreiche Unternehmen haben durch die unmittelbare Nähe zum Hafen im SoMa ihr Warenlager eingerichtet und verhökern dort ihre Waren teilweise zum halben Preis, bevor sie in die Boutiquen gelangen. Da wir auf der Suche nach preisgünstigen Geschäften viele aus den eben aufgeführten Gründen im SoMa District ausmachten, darf also niemand überrascht sein, wenn die Umgebung nicht immer vor Sauberkeit strahlt. Nicht vergessen: zentrale Lage, gepflegte Umgebung, luxuriöses Dekor und sonstiger Krimskram schlagen sich immer auf die Preise nieder.
Und noch etwas: Einkäufe im SoMa-Viertel nach Möglichkeit nicht an einem Samstag erledigen. Erstens fehlt das typisch geschäftige Treiben der Arbeitswelt und zweitens rollen samstags vor den Outlets (Verkaufsstellen) die Käuferinnen per Bus an.