Campo dei Fiori
Rund um den Blumenplatz
Anfahrt: Busse 46, 62 und 64
Campo dei Fiori:
südlich der Piazza Navona. Den Platz säumt wundersamerweise keine Kirche, und dabei wird´s wohl auch bleiben: im Rom der Sakralbauten und Schwarzröcke eine Ausnahme! Dies war der römische Hinrichtungort für die als Häretiker diffamierten denkenden Menschen der Gegenreformationszeit. Auch Giordano Bruno, den philosophischen Mönch, ereilte hier, nach dem Urteil zur Zeit des Pontifikats Sixtus IV., im Jahre 1600 der Tod auf dem Scheiterhaufen. Bert Brecht setzte ihm mit »Der Mantel des Ketzers« ein Denkmal. In der Mitte des Platzes gemahnt eine Statue an sein trauriges Schicksal, dem wir ein paar Zeilen widmen möchten:
Giordano Bruno, oder: vom Umgang der Kirche mit einem der ersten neuzeitlichen Denker
Geboren 1548 in Nola, trat Filippo, so sein eigentlicher Taufname, 1563 dem Dominikanerorden bei, den er wegen seiner Anschauungen 1576 aber wieder verlassen mußte. Filippo ging daraufhin erst einmal auf Wanderschaft: durch die Schweiz, nach Frankreich, England hier verfaßte er am Hof der Königin Elisabeth seine Hauptwerke und Deutschland. Nach seiner Rückkehr 1592 nach Italien lieferten ihn Denunzianten der Inquisition aus. Nach siebenjähriger Gefangenschaft starb er den Feuertod, weil er ein mit der Kirchenobrigkeit nicht zu vereinbarendes (pantheistisches) Weltbild propagierte. Dieses gründete sich auf die Lehren des Kopernikus und des Nikolaus von Kues: das Universum sei unendlich, durchwaltet von einer göttlichen Weltseele; die einzelnen Dinge seien in einer Weltvernunft begründet, in ihnen spiegele sich die Einheit des Universums wider usw. Wenn nun schon die Erde als Planet die Sonne umkreiste, warum sollten dann nicht auch um andere Sterne Planete kreisen? Und warum sollten nicht manche dieser Planeten bei fernen Sternen genauso bewohnt sein wie die Erde, von Lebewesen, die genauso Gottesgeschöpfe wären wie die Menschen? Und plötzlich hatte der Kosmos Platz bekommen für zahllose Schöpfungen, Paradiese und Bethlehems! Zuviel für die engstirnigen Verfechter des aristotelischen Weltbildes, denen abertausende Wissenschaftler, »Hexen« und vernünftige Menschen ihre Einäscherung zu verdanken hatten.
Der Campo dei Fiori mit seiner gruseligen Vergangenheit war einst das beliebteste Feldlager der Globetrotter, römischer Freaks und Fremder. Ist aber auch wirklich ein Schmuckkästchen unter den römischen Plätzen, unverfälscht und provinziell. Die Hausfassaden überziehen nuancenreiche Schichten von Patina, wo sich ähnlich wie bei Jahresringen eines Baumes die Jahrhunderte ablesen lassen. Vormittags sorgt ein Markt für quirliges Treiben, und an guten Restaurants herrscht kein Mangel. Man besuche den Campo dei Fiori, bevor es zu spät ist: schon wurden im Bereich der Via dei Pellegrini die Malerkolonnen in Marsch gesetzt!
Palazzo Farnese: Piazza Farnese. Gleich hinter dem Campo dei Fiori. Einer der hübschesten römischen Paläste, ursprünglich für Alessandro Farnese, den späteren Papst Paul III., gedacht und seit 1635 Sitz der französischen Botschaft. Das Gebäude hat der französische Staat 1911 gekauft und 1936 wieder an Italien zurückveräußert. Frankreich zahlt seither eine Miete von einem Euro bis zum Ende des Mietvertrages nach 99 Jahren, das heißt bis ins Jahr 2034. Doch mal beim Botschafter nachforschen, ob er jemanden zur Untermiete nimmt. Konnte einst besichtigt werden. Heute entgehen uns die Renaissance-Ausstattung und die Fresken der Gebrüder Carracci, Altmeister des Barockstils. Daher die Fassade um so eingehender studieren.
Der Palast birgt noch die Französische Schule von Rom, wo sich Archäologen, Kunsthistoriker und Historiker die Klinke in die Hand reichen. Dafür stehen Räumlichkeiten der Botschaft zur Verfügung nur in den Keller läßt sie sich nicht schauen.
La Via Giulia: man nehme sich Zeit, über diese Straße hinter dem Palazzo Farnese, die der »Salon Roms« genannt wird, in aller Gemütsruhe zu flanieren. Zwischen der Ponte Sisto und der Kirche San Giovanni dei Fiorentini reihen sich auf 900 m Juwelierläden, Kunstgalerien und Kirchen aneinander. Diese Straße allein würde einen Führer verdienen. Man versäume auch nicht, einen Blick auf den Mascherone-Brunnen zu werfen.
Galeria Spada: Piazza Capo di Ferro, 13; Tel. 686 11 58. Vom Maskaron-Brunnen aus marschiere man in Richtung Ponte Sisto und biege in den Viccolo D. Polverone ein, der von der Via Giulia abzweigt. Im ersten Stock eines superben Palazzos aus dem 16. Jahrhundert mit hbschem Innenhof sind wir am Ziel. Die Galerie gewährt von 9h-14h, an Sonn- und Feiertagen nur bis 13h, Einlaß. Ganz zauberhaftes Ambiente: venezianische Kristallüster, Terrakottaböden aus dem 18. Jahrhundert, Patio ... Unter den Exponaten Vertreter des 16. Jahrhunderts wie Tizian, Rubens oder Reni. Die Heilige Familie zählt zu den Meisterwerken Simone Canterinis. Wieder zurück zum Campo dei Fiori.
Palazzo della Cancelleria: in der nordöstlichen Ecke des Campo dei Fiori. Läßt das Herz nicht so hoch schlagen wie der Palazzo Farnese, obwohl es ihm nicht an Pomp fehlt. Der Renaissancepalast gehört dem Vatikan und beherbergt die päpstliche Kanzlei. Man kann ihn nicht betreten: schade, denn so erfahren wir vom wundervollen Innenhof und der Inneneinrichtung nur vom Hörensagen.
Chiesa Sant´Andrea della Valle: etwas weiter auf dem Corso Vittorio Emanuele II, Richtung Piazza Venezia rechter Hand nach etwa dreißig Metern. In Angriff genommen wurde der Bau dieser Kirche 1591, aber erst 1667 wurde sie fertig. Die prachtvolle barocke Fassade aus dem 17. Jahrhundert fällt sofort ins Auge. Auch von innen ist die Kirche sehenswert: wegen einer der schönsten Kuppeln Roms, ausgemalt von Lanfranco, und der Ausschmückung der Apsis.
Largo Argentina: in Richtung Piazza Venezia weitergehen. Eine Menge Autobusse halten hier: Nr. 44, 46, 56, 60, 64, 65, 70, 75, 81, 90, 181, 186. Der Platz, umbraust vom Autoverkehr, bietet architektonisch wenig vielleicht noch das Teatro Argentina oder den Torre Argentina an der Ecke zum Corso Vittorio Emmanuele II.
Man kommt aus anderen Gründen: in der Mitte des Platzes erheben sich vier Tempel, drei rechteckig und einer rund, aus der Zeit der Republik (3. oder 4. Jahrhundert v.Chr.). Sie liegen acht Meter unter der Erde, denn dort befand sich in antiker Zeit die Erdoberfläche. Man weiß nicht, welchen Gottheiten die Kultstätten geweiht waren, und spricht daher von Tempel A bis Tempel D.
Diesen Ort, der auch »Katzenforum« genannt wird, weil ihn die Dachhasen zu ihrem Revier erkoren haben, verlassen wir in Richtung Piazza del Gesù am Ende des Corso Vittorio Emmanuel II, wo sich die gleichnamige Kirche erhebt ... und der Sitz der unglückseligen, ehemaligen Christdemokratischen Partei.
Chiesa del Gesù: Piazza Venezia, Ecke Via del Plebiscito, wenige Fußminuten vom Largo Argentina. Die der Kirchenpforten öffnen sich von 6-12.30h und von 16-19.15h. Die »Mutter« aller Barockkirchen, im Stil der Gegenreformation am Ende des 16. Jahrhunderts gehalten, deren Protagonisten ja die Jesuiten waren. Überall in der Welt findet man mehr oder minder getreue Nachahmungen der Jesuskirche. Die Fassade, um damit zu beginnen, gilt als Prototyp aller Barockfassaden. Das Innenleben, von beispielloser Prachtentfaltung, erschlägt schier den unvorbereiteten oder an die Schlichtheit romanischen und gotischen Farbdekors gewöhnten Betrachter. Dennoch keinesfalls auf dem Absatz kehrtmachen, sondern die Kirche in weiten Schritten der Länge und Breite nach durchqueren. Den Exzeß von Detail- und Farbenreichtum versteht man am besten aus dem geschichtlichen Zusammenhang heraus: einige Jahre nach dem Konzil von Trient, das die gewaltsame Wiedereinsetzung des vom Protestantismus geschädigten Katholizismus beschloß, suchten die Jesuiten dessen Vitalität zu demonstrieren und die einzig Seeligmachende für die Gläubigen optisch aufzuwerten. Man beachte besonders den Altar des Sankt Ignazius von Loyola im linken Seitenschiff und die Fresken in Kuppel, Wölbungen und Chor von Baciccia.
Palazzo Mattei: von der Piazza Gesù aus schlägt man rechts, wenn man mit dem Rücken zum Corso Vittorio Emmanuele II steht, eine kleine Straße ein, dann wieder rechts in die Via D. Botteghe Oscure. Dann die zweite links, die Via Paganica, und schon sind wir am Ziel. An der Piazza Mattei rivalisieren mehrere Paläste um unsere Aufmerksamkeit, darunter der Palazzo Mattei di Giove (Zutritt von der Via dei Funari Nr. 31). Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts wurde er für den Grafen Mattei errichtet, dessen Familie reich genug war, um zu der Zeit fünf Paläste gleichzeitig erstellen zu lassen. Der Schildkrötenbrunnen (Fontana dei Tortarughe) in der Mitte des Platzes trägt zu seinem Zauber bei.