Maciel / Praça
Maciel-Viertel und Praça Anchieta
Kunst, Literatur, Geschichte
Links des Museu da Cidade erstreckt sich Maciel, eines der ärmsten Viertel Salvadors. Die einstigen Residenzen der Reichen in ihren hundert ausgewaschenen Farbschattierungen sind von der feuchtheißen Luft angegriffen und beherbergen nun den bedürftigsten Teil der Bevölkerung, unter z.T. katastrophalen Wohnverhältnissen. Die Menschen bringen dennoch die Kraft zum Überleben auf und ihre Kinder erfüllen die Straßen mit ihrem Geschrei.
Ruinen, hohlen Zähnen in den Häuserzeilen gleich, wechseln sich mit überbelegten Sobradoes ab, die ihren Azulejoschmuck längst eingebüßt und sich in Bordelle verwandelt haben. Selbst ohne es darauf anzulegen, nimmt man, vor allem während der Abendstunden, mit Kultobjekten überfrachtete Zimmer, mit geschmacklosen Stoffen bespannte Wände, angestrahlte schlechte Farbdrucke und Unmengen von versilbertem oder vergoldetem Nippes wahr. Heiligenbildchen, die im matten Kerzenlicht flackern, verleihen dem Ganzen einen Anschein tragischer Poesie. Ob die Renovierung der Straßenzüge vorankommen wird, bleibt abzuwarten.
Die Rua Gregório de Matos führt uns weiter zur Praça Anchieta, um dort einen Blick in die prächtige Igreja de Sao Francisco zu werfen. Das einzige restaurierte Gebäude in der ganzen Straße ist die Nr. 6, des Instituto Kardeciste de Bahia.
Igreja und Convento Sao Francisco: normalerweise montags bis samstags von 10 bis 11 Uhr und von 14 bis 17 Uhr, sonntags von 7.30 bis 11.30 Uhr. Tel. 243-23-67. Ein verblüffender Luxus erwartet uns: der gesamte Innenraum ist mit Blattgold überzogen. Die Indianer in den Bergwerken werden sich gefreut haben, aber der Herr hat sie sicher getröstet. Das Kloster wurde in den Jahren 1686 bis 1748 am ehemaligen Standort einer Kapelle gebaut, die 1587 den Franziskanern anläßlich ihrer Ankunft in Salvador übergeben wurde. Die dazugehörige Kirche errichtete man zwischen 1708 und 1712.
Ihr Inneres zeugt von dem am Ausgang des 16. Jahrhunderts herrschenden barocken Ideal. Überladene, goldene Skulpturen; Blumenmotive, Akanthusblätter, Engel, Arabesken in verschwenderischer Fülle ... Im Eingangsbereich wunderschöne Azulejos. Die links angeordneten Kacheln stellen den Heiligen Franziskus dar, der bekanntlich auf weltliche Güter verzichtete (da hätten die Pfaffen damals doch rot werden müssen ...). Hübsch anzusehen auch die Marmorbrunnen. In der mittleren Kapelle, im rechten Kirchenschiff, die großartige Jacaranda-Statue von Sao Pedro de Alcântara würdigen, die dem bahianesischen Künstler Manuel Inácio da Costa zu verdanken ist. Ein barockes Kleinod! Den Blick weiterschweifen lassen über die Jacaranda-Geländer, welche die Seitenschiffe vom Hauptschiff trennen.
Die bemalte und vergoldete Decke wurde zwischen 1736 und 1738 vollendet. Den Mittelbogen des Querschiffs zieren Wappen der Franziskaner und das Portugals.
Der Chorraum ist mit Motivfliesen ausgelegt, seine Seitenwände schmücken Azulejos von Bartolomeu Antunes; am Aufgang zur Kanzel fällt noch das typisch barocke, überdimensionale Chorpult auf.
Die Vorhalle ist über und über mit Azulejos verkleidet. Perspektivische Deckenmalerei, typisch für den Barock, die der Gottesmutter gewidmet ist. Verantwortlich zeichnet José Joaquim da Rocha (1774), der Begründer der bahianesischen Schule.
Der Kreuzgang ist gegen Entgelt zu besichtigen; eine außergewöhnliche Abfolge von Azulejos, allegorische Jagd- und Fischfangthemen darstellend, ist mehr als sehenswert. Schöne Bogengalerie in toskanischer Säulenordnung. Der Innenhof ist für das Auge des Betrachters reinster Balsam.
Gleich nebenan erhebt sich das 1703 errichtete Kirchlein Terceira do Sao Francisco, dessen mit reichem Skulpturenschmuck versehene Fassade in Kontrast zu denen der übrigen Kirchen Salvadors steht, die im allgemeinen schlichter ausfallen. Diese famose Fassade lag lange Zeit unter einer Schicht aus Gipsputz begraben und wurde erst 1932 von einem Arbeiter entdeckt, der ein Kabel verlegen wollte und dafür die Schicht abtrug. Einlaß in der Zeit von 8 bis 12 Uhr und von 14 bis 17.30 Uhr, montags bis freitags. Am Wochenende in der Regel abgeschlossen.
Der Terreiro de Jesús
Einer der belebtesten Plätze in Salvadors Altstadt. In seiner Mitte versinnbildlicht ein Brunnen die vier großen Flüsse Bahias. Lohnend ist auch der kleine Kunst- und Handwerkermarkt mit Trödlern, genialen Marktschreiern, Capoeira-Tänzern ...
Auf dem Terreiro stehen, abgesehen von der Kathedrale, noch zwei Kirchen, S. Domingos und S. Pedro dos Clérigos, deren Pforten sich allerdings nur für Meßbesucher öffnen. Als Einstimmung vor dem Besuch der Basílica da Sé geeignet. Die eher weltlichen Dingen Zugewandten werden vermutlich mehr davon haben, in unserem Lieblingscafé, der Cantina da Lua, eine Caipirinha zu schlürfen (s. »Kneipen«).
Basílica da Sé auch Catedral Basílica genannt: Tel. 243-45-73. Einlaß normalerweise von 8 bis 11 Uhr und von 15.30 bis 18 Uhr, von dienstags bis sonntags. Ehemalige Kirche des brasilianischen Jesuitenkollegs. Charakteristisch für die Kathedrale ist der Manierismus, als letzte Ausdrucksform der Renaissance.
Das Kircheninnere: im Unterschied zu anderen Kirchen stehen Haupt- und Seitenschiffe miteinander in Verbindung. Die ersten beiden Seitenkapellen links und rechts besitzen die ältesten hölzernen Altarretabel Brasiliens. In der vierten Kapelle rechts fällt der manierierte Stil der Statue auf.
Den Hauptaltar flankieren achtzehn Gemälde aus dem 17. Jahrhundert im Stil des Manierismus. Erstaunliche Decke, von kleinen Säulen umrahmt; außerdem ansehnliches Jacaranda-Chorgestühl mit Holz- und Elfenbeineinlegearbeiten.
Die Sakristei, Höhepunkt jeder Besichtigung, ist mit bemerkenswerten Azulejos ausgekleidet. Eine Porträtgalerie, Mitglieder der straff militärisch organisierten »Companhia de Jesús« abbildend, schmückt die in Brauntönen gehaltene Decke. Sehenswert dann noch der Hauptaltar aus italienischem Marmor sowie die beiden großen Jacaranda-Kommoden, eine kostbare Einlegearbeit aus Elfenbein und Schildpatt (1683).
Die Praça da Sé folgt auf den Terreiro de Jesús. Von hier bringt uns der Pendelbus nach Campo Grande, die Endhaltestelle für Stadtbusse. Noch eine Kirche, die Igreja da Misericórdia, bevor die Praça Tome de Souza in Sicht kommt. Hier findet man die Câmara Municipal (Rathaus) und den Elevador Lacerda, der uns in die Unterstadt bringt. Der Sonnenuntergang über den Dächern Salvadors, von der hiesigen Terrasse aus betrachtet, ist wirklich romantisch und lockt allabendlich die Motivjäger mit ihren Spiegelreflexkameras an.