Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Touristenführer

Body: 

Touristenführer zu den Kirchen und Augenweiden Bolognas

Für Altmodische mit etwas mehr Muße

Wer sich etwas mehr Zeit nimmt ...

... sollte noch einen Blick hinüber zur Kirche San Francesco am Ende der Via Ugo Bassi, Piazza Malpighi, werfen . Von der Apsis her betrachtet wirkt der imposante Bau zwar massig, aber von innerer Harmonie durchdrungen. Sehenswerte Grabsteine im Garten aus dem 13. Jh., genannt »Gräber der Glossatoren«. Beim Bau der Kirche stand offensichtlich die französische Gotik Pate. Im Inneren lohnt besonders das Marmorretabel des Hauptaltars, einst von einer Goldschicht überzogen. Mitnehmen sollte man auch eine Mütze voll Stille aus dem Kreuzgang der Toten.

Bevilacqua-Palais: zwischen Via Urbana und Via Carbonesi. Teil jener Renaissancegebäude, die Bologna sein unverwechselbares Gepräge verleihen. Diamantspitzen-Fassade und malerischer Innenhof. Sich bis zum Gitter vorkämpfen, um die Eleganz der doppelten Loggia richtig würdigen zu können.

Museen

National-Pinakothek (Akademie der Schönen Künste): Via Belle Arti , T. 27 97 74. Einlaß von 9-14h, feiertags bis 13h. Montags geschlossen.

Untergebracht in einem ehemaligen Kloster, behauptet die Pinakothek unter den italienischen Kunstsammlungen eine bedeutende Stellung. Fast unüberschaubar die Zahl der religiösen Gemälde des ausgehenden Mittelalters: Simone dei Crocifissi; und seine ... Kruzifixe (was sonst), Vitale da Bologna, Giotto, Nicolo da Foligno usw. Antonio Vivarini ist mit einem stattlichen Retabel vertreten. Von Herri Met De Bles, genannt »Il Civetta«, begeistert ein herrliches Triptychon mit unglaublichem Sinn fürs Detail: »Ester und Assuerus«. Meisterhaft auch die »Hl. Cäcilia« von Raffael, die »Madonna e Bambino« von Perugino und verschiedene Werke Francesco Raibolinis. Die Fresken von Niccolò dell´Abate zeichnen sich durch einen besonders leichten, rhythmischen Duktus aus.

In der Abteilung für barocke Malerei wollen wir uns gar nicht lange aufhalten - von derartig Pomp bekommen wir Kopfschmerzen. Besonders hervor tun sich hier die Gebrüder Carracci und Guido Reni. Es hat bei unserem letzten Besuch einige Bemühungen gegeben, die Terrakotta-Gruppe »Delle Marie Piangenti« (weinende Marien) von Nicolo dell´Arca für das Museum zu erhalten. Wann wurden jemals Schmerz und Schrecken angesichts des Todes derart realistisch dargestellt? Falls die Exponate nun nicht mehr da sein sollten, so sind sie in die Kirche Santa Maria della Vita zurückgekehrt, gleich neben der San Petronio-Basilika.

Museum für Mittelalter und Renaissance: Via Manzoni 4; T. 22 89 12; Einlaß 9-14h, sonntags bis 12.30h; dienstags nie.

Hat seine Pforten erst vor kurzem geöffnet. Einen traumhafteren Rahmen hätte man für ein Museum kaum finden können. Das vorbildlich renovierte alte Palais präsentiert seine erlesenen Kunstobjekte in kühlen, lichtdurchfluteten und geräumigen Sälen: Glasexponate aus dem 16. Jh., elfenbeinerne Reliquiare, perlmuttbesetzte Arkebusen, alte Waffen (Bogen, Köcher), ein sonderbares Rohrstockgewehr aus dem 18. Jh., Turnierlanzen, ansehnliche Bronzen usw. In der Krypta die Grabsteine von Universitätsprofessoren. Die Pietra della Pace nicht übersehen! Wer mit offenen Augen durch das Museum pilgert, wird feststellen, dass die gewitzten Architekten hie und da den Blick auf architektonische Elemente von früheren Bauten freigelassen haben, namentlich eine Mauer aus dem 5. Jh.

Den Schlußpunkt bildet die sehenswerte Holzstatue Bonifazius VIII., eines Intimfeindes Dantes und Philipps des Schönen mit goldenem Kupferüberzug.

Archäologisches Museum: Via Archiginnasio 2; T. 23 38 49; in unmittelbarer Nachbarschaft zur San-Petronio-Basilika. Zutritt 9-14h; sonn- und feiertags nur bis 12.30h. Montags bleiben die Pforten verrammelt.

Untergebracht ist das Museum in einem ehemaligen Kloster. Im Kreuzgang eine umfassende Sammlung von Grabstelen. Ein ganzer Saal ist der Prähistorie und Vila-Nova-Kultur (voretruskische Epoche) gewidmet. Lohnend auch die dekorativen griechischen Vasen, die originalgetreu wiederhergestellten etruskischen und gallischen Grabstätten sowie die hübschen Bronzefigürchen aus römischer Zeit. Reich bestückt ist auch die ägyptische Abteilung.

Weitere Museen: die Auswahl ist beachtlich. Fangen wir bei den Städtischen Kunstsammlungen an (Piazza Maggiore, im Palazzo Comunale), möglicherweise immer noch im Umbau begriffen; das Museum für Industriekunst; das Musikbibliographische Museum - Leckerbissen für alle Musikkenner mit uralten Verlagserzeugnissen, insbesondere der Partitur des Barbiers von Sevilla - das Wandteppichmuseum, das Carducci-Museum (im Wohnhaus des italienischen Dichters und Gelehrten), die Städtische Galerie für Moderne Kunst, ferner das Städtische Museum (Museo Civico) mit einem eigenen Saal über das »Risorgimento«, den Kämpfen der vierziger und fünfziger Jahre des 19. Jhs, usw. Unsere studentische Leserschaft wird sich womöglich für die kleinen, den jeweiligen Fakultäten beigeordneten Universitätsmuseen begeistern (Anatomie, Zoologie, Anthropologie, Botanik, Geologie, Mineralogie, Astronomie usw.). Näheres beim Verkehrsamt.

Die alte Uni gegenüber dem Galvani-Denkmal, Eingang von den Arkaden her, ist heute Stadtbibliothek, aber mit etwas Glück kann man sich dort ein wenig umsehen. Familienwappen von Studenten und Professoren zieren die Wände. Wenn man drum bittet, darf man vielleicht einen Blick in einen der heute bibliothekarisch genutzten zahlreichen kleinen Hörsäle, einer hinter dem anderen, werfen. Dort, wo der Prof dozierte, befindet sich jeweils ein Madonnenbild in Kopfhöhe. Der Professor wurde von einem mit einer Art goldenen Zepter bewehrten Pedell durch die Gänge geleitet, und durfte seine Vorlesung erst auf dessen Zeichen hin beginnen. Der Hausmeister im Hof des Archiginnasio zeigt auf Wunsch das ganz in Holz getäfelte und mit geschnitzten Figuren höchst kunstvoll ausgestattete »Teatro Anatomico«, den alten Anatomiesaal, ein kleines Einod, mit einer bis ans Ende des 19. Jhs reichenden Geschichte - einschließlich der geheimen Kammer für den Vertreter der Kirche, der verborgen unter der Decke des Saales hockend, die Lektionen mit kritisch-theologischen Fragen zur Legitimität der Anatomie unterbrechen durfte.

Gedenktafeln und Erinnerungen ...

Eine Tafel vor dem Palazzo Re Enzo am Neptunsbrunnen erinnert an den »glänzenden Hof«, den »splendido corteggio« König Enzos. Die Betonung der fürstlichen Behandlung resultiert daraus, dass böse Zungen lange nach seinem Tod das Gerücht ausstreuten, Enzo sei in einem Käfig gehalten worden. Rechts unterhalb ein Kupferrelief zum Gedenken an die Befreiung der Stadt durch Partisanen und Alliierte, wenn Fini/Berlusconi sie nicht mittlerweile haben entfernen lassen. An der Außenmauer des Palazzo d´Accursio hängt eine weitere Gedenktafel an die 14425 Partisanen der Stadt, 2212 davon Frauen. Über 4500 starben im Kampf oder wurden erschossen, 829 kamen in in deutschen Lagern um. Von den achtzehn Bataillionen stellten die Kommunisten dreizehn.

An der Porta Lame lieferten 270 Partisanen am 7.11.1944 der Wehrmacht die einzige offene Schlacht während des Krieges. Fünfzehn Stunden wurde geschossen, vierzehn Partisanen und 216 deutsche Soldaten fielen. Eine Tafel erinnert an dieses Ereignis. Rechts neben den gefallenen Partisanen wird der Opfer von Cefalonia und Korfu gedacht, ein finsteres und bei uns totgeschwiegenes Massaker der Wehrmacht. Unpopulär ist die Geschichte hierzulande deshalb, weil sie am Bild der »ehrenwerten« Armee kratzt, die nichts mit Massenerschießungen zu tun hat, im Gegensatz zur SS. Was war geschehen? Bei Kriegseintritt Italiens auf Seiten der Alliierten befanden sich noch mehrere Bataillone auf den Inseln, die sich - im Stich gelassen und ohne Anweisungen der neuen Regierung - der Aufforderung der Wehrmacht zur Kapitulation widersetzten. In dem von vorneherein - wegen des Fehlens zunächst versprochener Entlastung - aussichtslosen Kampf verloren zunächst 1918 Italiener ihr Leben. Darauf das Massaker: die Wehrmacht behandelte die einstigen Bundesgenossen als Rebellen, nicht als Kriegsgefangene, erschoß auf Cefalonia kurzerhand sämtliche überlebenden 5325 Soldaten (weitere 3000 kamen bei der Flucht auf offener See um), und auf Korfu »nur« 17 kriegsgefangene Offiziere. Na, ja, erinnert sei daran, dass die Italiener die Erfinder des Faschismus sind und sich in Abessynien auch nicht gerade zartbesaitet zeigten.

Im Innenhof des Palazzo Accursio gedenkt eine Tafel des »Risorgimento«, des Aufstandes gegen die Österreicher am 8. August 1848. Garibaldis Grußworte - er passierte die Stadt im November auf einem taktischen Rückzug - finden sich an einem der beiden klassischen Porta-Flügeln der Porta Santo Stefano. 1849 kehrten die Österreicher zurück und übergaben die Stadt dem Kirchenstaat, der eine zehnjärige repressive Herrschaft ausübte, bis sich Bologna 1859 der Einigungs- und zweiten Befreiungsbewegung anschloß. Zum Einstand der Rückeroberung 1849 erschossen die Österreicher erst mal den von ihnen gefangengenommenen Kaplan Garibaldis, Ugo Bassi. Die Hauptstraße vor dem Palazzo und ein Denkmal schräg gegenüber vom Bahnhof erinnern an ihn.

Zwei weitere Straßen erinnern ebenfalls an Opposition und Widerstand. Eine ist die zu Uni und Stadttheater führende Via Luigi Zamboni. Zamboni wurde als radikaler Jakobiner 1794 verhaftet, da er zum Widerstand gegen Klerus und Großbürgertum aufrief, und beging Selbstmord im Karzer. Die via Andrea Costa trägt den Namen des Sozialistenführers und Begründers der agrarrevolutuionären Bewegung, der 1874 als Anarchist zusammen mit Bakunin einen Aufstand in der Stadt auszulösen versuchte.

Sofort gegenüber der Piazza Nettuno, Ecke via Indipendenzia / via Rizzoli, kam es anläßlich eines mit reichlich Pomp aufgezogenen Besuches Mussolinis anläßlich der Einweihung des Sportstadions - man passiert es von Bologna Richtung Casalecchio-Pistoia-Autostrada nach Florenz - zu einem Attentat durch den jungen Anarchisten Andrea Zamboni. Er wurde sofort von Mussolinianhängern gelyncht. Der Vorfall lieferte den willkommenen Vorwand zu einer ersten großen Notstandsgesetzgebung.