Raubbau
Regenwald als Experimentierküche
Wirtschaftliche Misserfolge im Amazonas
Der Ökologie keine Chance
Diesen Forschern mit der Begeisterung für die lebendige Natur im Leib folgten zahlreiche andere, die jedoch eher an der Nutzbarmachung der Ergebnisse für die Menschen interessiert waren, womit nicht zuletzt eine Zerstörung des Erforschten einherging.
Sie waren Wegbereiter der »Zivilisation« und brachten Machete und Brandrodung mit sich. Ende des 19. Jahrhunderts wurden die ersten großen Schneisen in den Dschungel geschlagen. So etwa für den Bau der Madeira-Mamoré-Bahn, die den Kautschuk aus dem bolivianischen Teil Amazoniens bis nach Porto Velho bringen sollte. Doch die Bahnlinie wurde, ähnlich wie später die Transamazonica-Straße, nie fertiggestellt. Aber dem Erfolg des Kautschuk tat dies keinen Abschlag. Denn die Erfindung der Kautschuk-Vulkanisierung durch den amerikanischen Chemiker Charles Goodyear im Jahr 1839 löste einen wahren Kautschukboom im Amazonas-Gebiet aus. Städte wie Manaus und Belem schossen aus dem Boden wie Pilze und die Zerstörung des Regenwaldes gewann an Geschwindigkeit.
Die Kautschukbarone, unter anderem Brian Fitzcarraldo, gelangten zu unerhörtem Reichtum. Die Staatseinnahmen Brasiliens beruhten zeitweise zu einem Drittel auf dem Latex. Aber der Reichtum durch das Monopol hielt nicht lange an, denn ein englischer Samenpirat, der Abenteurer Henry Wickham, schmuggelte das wertvolle Saatgut außer Landes und ermöglichte so die britischen Kautschukplantagen in Indien.
Man vermutete jedoch immer noch ungeahnte Möglichkeiten im Regenwald, so dass nach dem Zweiten Weltkrieg eine neue Phase der Ausbeutung Amazoniens begann. Vorzeigecharakter hatte dabei das Jari-Projekt.
Der Container- und Tankerkönig Daniel Keith Ludwig wollte den Weltbedarf an Zellstoff bedienen. Dazu ließ er in Indonesien die schnell wachsende Gmelina. arborea (weißes Teakholz) anpflanzen. Den dortigen Erfolg, wollte er nun auf Südamerika ausweiten, wozu er Land am Rio Jari erwarb. Ein Territorium halb so groß wie Belgien sollte Raum für die Plantagen bieten. Das Holz sollte auf zwei schwimmenden in Japan hergestellten Fabriken verarbeitet werden. Tja, die Globalisierung bestand schon in den Siebziger Jahren. In Monte Durado entstand eine nordamerikanische Kleinstadt, Flugzeuge und Schiffe brachten jeden Tag Arbeiter, Förster und Ingenieure aus aller Welt und alle Vorbereitungen waren getroffen worden. Aber die asiatische Gmelina arborea wollte nicht so recht. Sie wuchs nur sehr langsam, und auch die Reiskulturen, welche die Arbeiter ernähren sollten, kamen nicht voran. Eine Pilz-Plage, die alle Bäume hinraffte bedeutete das Aus. 1981 gab Ludwig auf und hatte über eine Milliarde Dollar verloren.
Genauso war schon der Versuch Henry Fords gescheitert. Der Autobauer hatte 1926 bei Santarem im Dschungel riesige Kautschukplantagen anlegen lassen. Auch diese ein Schlag ins Wasser. Heute steht die Urwald-Geisterstadt noch am Rio Tapajós, als gespenstisches Idyll.
Hätten sie vielleicht die Ergebnisse des Biologen Ernst Haeckel gelesen und Konsequenzen daraus gezogen, hätten sie vielleicht von ihren Vorhaben Abstand genommen und so viel Geld gespart. Aber nein die Unternehmer wissen ja immer alles besser.
Etwa 15 % des Regenwaldes sind schon zerstört, nur noch zwei Drittel des riesigen Waldgebietes sind noch intakt, und der Raubbau geht voran.
2001 veranschlagte die brasilianische Regierung 40 Milliarden US-Dollar für das Entwicklungsprogramm Anvanca Brasil. Damit sollen 10.000 Kilometer Straße, Flusskraftwerke, Minen und Kanäle gebaut werden. Der Holzeinschlag und die Ölförderung sollen Brasilien wirtschaftlich voranbringen. Die Natur wird dabei ähnlich viel Beachtung finden, wie bei den europäischen Abenteurern auf der Suche nach Reichtümern.