Selinunt - ein Anblick, der Touristenherzen höher schlägen lässt
Griechische Tempel im Abendlicht
Spaziergang in Marinella: cool bleiben!
Vor dem Kulturgenuß nun sollte man auch Marinella eines Blickes würdigen. Dieser Flecken ist im Sommer zwar bis zur Unkenntlichkeit dem Fremdenverkehr angepaßt, besitzt aber dennoch eigenen Charme, mit seinem Hafen, wo abends die Fischer ihre Sardinen »schwarz« an den Mann zu bringen versuchen. Die Küstenpromenade, wie ausgestorben am Tage, wenn alles zu den Stränden (al mare) strömt, füllt sich dann mit einer prächtigen Passeggiata bis in die Nacht hinein. Vier Regeln sind unbedingt zu beachten, wenn man als Einheimischer auf sich hält: man sollte möglichst die 31 Lenze überschritten haben, werfe sich gehörig in Schale, wappne sich mit seinem verführerischsten Lächeln und versäume nicht, sich mit schwarzen Augengläsern einen Ruch von Incognito zu geben. Besonders in Bezug auf letzteres kennen die Sizilianer keinen Spaß: schließlich wird jeder offene Blick als Provokation aufgefaßt ...
Die drei Ausgrabungsstätten Selinunts, das Plateau von Marinella, die Akropolis und die Sanktuarium von Malophoros, liegen unweit voneinander, weshalb sie zu Fuß bequem abzuklappern sind. Nur an der Akropolis lauert ein Kassenhäuschen; der Einlaß kostet allerdings nicht die Welt. Wer sich diese paar Kröten unbedingt fürs Eis aufsparen will oder muß, marschiere von einem der beiden anderen Bereiche hinüber auf den Tempelberg.
Die Tempel hat man notgedrungen, da niemand weiß, wem genau sie geweiht waren, mit Buchstaben bezeichnet.
Plateau von Marinella: am Ortseingang, rechts, noch vor dem alten Bahnhof. Der Zutritt zur Ausgrabungsstätte, von 9h bis eine Stunde vor Sonnenuntergang möglich, ist frei. Wir raten, frühmorgens zur Öffnungszeit oder erst am späten Nachmittag hier zu erscheinen, um so den Busladungen voller Touristen und der brütenden Sommerhitze zu entgehen. Obendrein ist dies die beste Zeit für das obligate Sizilienurlaubsfoto. Drei große Betontore wurden am Eingang der Stätte errichtet, wo man links die Akropolis (und den Tempel C), in der Mitte den Tempel E und rechts den Tempel G erblickt.
Zunächst trifft man gleich links auf den Tempel E, den rüstigsten seiner Art mit achtunddreißig wieder aufgerichteten Säulen. Besonders romantisch im milden Abendlicht oder wenn er angestrahlt wird. Der große Haufen Geröll auf der rechten Seite soll Tempel G darstellen. Es gilt als gesichert, dass er einst die dreifache Fläche des Parthenons bedeckte und dass man siebzig Jahre brauchte, um ihn fertigzustellen. Bei Tempel F, dem kleinsten der drei Heiligtümer, liegt kein Stein mehr auf dem anderen.
Zur Zeit wird heftig darüber gestritten, ob das Gelände langfristig in ein Freilichtmuseum umgewandelt (so die »Progressisten«) oder in dieser frei zugänglichen, in die Natur eingebetteten Form belassen werden soll (so die »Traditionalisten«).
Akropolis: über die Tempelstraße, etwas weiter rechts, erreicht man den anderen das Meer überschauenden Hügel zwischen zwei heute ausgetrockneten Flußbetten, die einst die beiden Häfen der Stadt bildeten. Dem gebührenpflichtigen Parkplatz am Eingang schlägt ein Schnippchen, wer vom Marinella-Plateau aus zu Fuß läuft. Von der Akropolis, dereinst von einer Mauer umringt, sind eindrucksvolle Fundamente übriggeblieben. Ein Dutzend Säulen des Tempels C wurden wieder aufgerichtet und die Metopen im archäologischen Museum zu Palermo ausgestellt.
Sanktuarium von Malophoros: tiefer gelegen. Um die Akropolis herummarschieren und dann Richtung Strand hinunterlaufen. In diesem im Sand versunkenen Sanktuarium wurden über 12.000 Begräbnisgegenstände aus Terracotta gefunden. Offenbar diente es als Zwischenhalt für Leichenzüge auf dem Weg zur nahegelegenen Nekropole. Besonders viel ist hier nicht zu sehen, doch der kleine Spaziergang ist ganz nett, zumal sich so gut wie niemand dort länger aufhält. Ferner kann man unweit von hier an einem Strand baden, der weniger übervölkert ist als der von Marinella.