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Dorsoduro zum Zweiten

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Guggenheimer Museum

Kubismus, Surrealismus und reizvolle Motive

Peggy Guggenheim Stiftung: Palazzo Venier dei Leoni, San Gregorio, Dorsoduro 701; zwischen Accademia und Santa Maria della Salute; T. 520 62 88; Publikumsverkehr von 11-18h, samstags Nachtschicht von 18-21h bei freiem Eintritt, dienstags geschlossen. Vom Canal Grande aus sieht man, dass das Palais, in dem die rührige Milliardärin lebte, unvollendet geblieben ist. Peggy Guggenheim war die Muse der Surrealisten. Sie heiratete zuerst Guggenheim, den bekannten amerikanischen Milliardär, und in zweiter Ehe Max Ernst. Ihr ganzes Leben lang sammelte sie einige der schönsten Gemälde und Skulpturen des 20. Jhs. Die gute Peggy starb 1979. Kurz vor ihrem Tod, bereits von ihrer schweren Krankheit gezeichnet, antwortete sie auf die Frage, wie es ihr denn gehe: »Für eine Sterbende nicht übel«. Sie liegt im hinteren Teil des Gartens zusammen mit ihren vierzehn kleinen Hunden begraben. 1962 wurde ihr die Ehrenbürgerschaft Venedigs verliehen, als kleines Dankeschön für ihr der Stadt vermachtes Erbe, das als die bedeutendste Privatsammlung moderner Kunst überhaupt gilt.

Das in seiner Art einzigartige Museum ist von einem wunderschönen Skulpturengarten umgeben. In traumhafter Umgebung residiert hier die wahrscheinlich sehenswerteste private Kunstsammlung der Welt, der nicht einmal der sammelwütige Peter Ludwig Konkurrenz machen kann.

Untergliedert ist das Museum in Abteilungen: in der Kubismus-Abteilung findet man Picasso, Albert Gleizes, Metzinger, Juan Gris, Braque, Fernand Läger (»Menschen in der Stadt«, 1919), Duchamp (»Akt«, »Studie«, »Trauriger Jüngling im Zug«), Kupka und Chagall (»Der Regen«, 1911).

Die Surrealismus-Abteilung wartet auf mit Magrittes hochberühmtem »Empire des Lumières« - Delvaux (»L´Aurore«), Dalí (»Geburt der flüssigen Wünsche«), Tanguy (»An einem bestimmten Ort«), Max Ernst (das berühmte Gemälde »Ankleidung der Braut« und der »Antipapst«).

In den Fluren setzt sich das Feuerwerk der Meister fort: Chagall, Brauner, André Masson, Man Ray, Picasso (»Der Traum« und »Die Lüge Francos«), gefolgt von bedeutendsten Amerikanern: Willem De Kooning, Mark Rothko, Pollock u.a.

Auch das Zimmer von Peggy lohnt einen Blick. Wir haben eine kleine Schwäche für das von Calder in massivem Silber gearbeitete Kopfende ihres Bettes.

Im Stockwerk darunter: Bacons »Studie für einen Schimpansen« und eine regelrechte Kunstorgie mit Exponaten Pollocks, Karel Appels, Alechinskys und Mattas.

Kommen wir zum Futurismus und abstrakten Expressionismus: Kandinsky, Braque, Gino Severini, Arp, Jean Hálion, Villon und noch ein Picasso ...

Im Hof, der auf den Canal Grande hinausgeht, ist unbedingt der Reiterstatue ein Besuch abzustatten: der Reiter besitzt nämlich einen abmontierbaren Penis. In seinen »Memoiren« schreibt Artur Rubinstein, dass bewußtes Attribut entfernt wurde, wenn sich hoher kirchlicher Besuch ankündigte.

Glasfabrik Cenedese: zwischen Guggenheim-Foundation und der Kirche Santa Maria della Salute. Der Laden grenzt unmittelbar an den Canal Grande. Breite Auswahl an mehr oder weniger Geschmackvollem. Immerhin kann man einem Glasbläser bei der Arbeit über die Schulter schauen. Mithin empfehlenswert für alle, für die aus Zeitgründen ein Besuch der Ateliers auf der Insel Murano nicht in Frage kommt.

Santa Maria della Salute: am oberen Ende des Canal Grande; genau dort, wo sich das Dorsoduro-Viertel zu einer Spitze verjüngt und damit der Piazza San Marco gegenüber. Vaporettolinie 1 (Haltepunkt »Salute«). Zwischen 12-14h (winters 15h) geschlossen. Nach einer Pestepidemie 1630, der Venedig glücklich entronnen war, errichtet, fügt sich die Kirche derart nahtlos in ihre Umgebung ein, dass es an ein architektonisches Wunder grenzt. Unseren dichterischen Überschwang bitten wir zuentschuldigen, aber wir sind schließlich in Venedig ... Die Restaurierung dieser monumentalen Kirche wurde von einer Stiftung zur Erhaltung Venedigs finanziert. Das Bauwerk ruht auf fast anderthalb Millionen Pfeilern. Longhena, der Architekt, konzipierte es in Form eines Achtecks, das von Innen betrachtet an die Krone der Jungfrau Maria erinnern sollte. Fünfzig Jahre seines Erdendaseins opferte er diesem Projekt, um wenige Jahre nach seiner Vollendung zu sterben. Wir finden den Baustil reichlich hochtrabend und unterkühlt. Am interessantesten wird´s noch in der Sakristei: wegen der »Hochzeit zu Kanaa« von Tintoretto, wo der Meister sich besonders um die Perspektive verdient gemacht hat. Nebenbei bemerkt konnte sich seinerzeit natürlich nur der Klerus solche Meisterwerke leisten - heute sind`s die Banken. Jedenfalls war das Bemühen nicht sonderlich ausgeprägt, den kleinen Mann auf der Straße an solchen Kunstgenüssen teilhaben zu lassen, indem man selbige im Kirchenschiff plaziert hätte. Nicht dran zu denken; es handelte sich hier vielmehr um ein Privatvergnügen der Pfaffen!



An der Spitze Dorsoduros erhebt sich die Dogana di Mare (Seezoll) mit seiner Wetterfahne: ein vergoldeter Globus, gestützt von zwei Atlanten. Stammt aus derselben Bauepoche wie die Salute.

Zurück ins Herz des Dorsoduro-Viertels, friedliche Dorfstraßen und die Zattere entlang ' so heißen die großen Kais im Süden. Das Viertel, zwischen Rio San Trovaso und Rio di San Barnaba eingezwängt, ist eines unserer bevorzugten Winkel in Venedig. Es verströmt diesen geruhsamen Charme jener zurückgezogen lebenden Quartiere, in denen man in den Tag hineinlebt, wo die Kanäle mehr Arbeiter als Fremde vorüberziehen sehen und wo das Gewimmel auf einem Platz nicht von dem Getrappel seltsamer Herdenwesen hinter einem Leithammel herrührt. In Dorsoduro, längs des Rio San Trovaso und hinter der Galleria dell'Accademia, ist die letzte Gondelwerkstatt zu finden, den Squero San Trovaso. So etwas bekommt man nicht alle Tage zu Gesicht: ein Dutzend Holzarten ' soviele braucht man für die Herstellung einer einzigen Gondel ' warten hier in alten Lagern darauf, verarbeitet zu werden.



Südlich der Accademia verweisen wir auf die Gesuati-Kirche (Zattere dei Gesuati): in der ersten Kapelle rechts »Die drei Heiligen« von Tiepolo. Der zeichnet auch für die dekorative Decke verantwortlich, leider recht weit oben und im Halbdunkel.



Der Campo San Barnaba gibt eines der reizvollsten Motive Venedigs ab: auf dem Kanal schaukelt stets ein kleiner Obst- und Gemüsemarkt. Welch ein Kontrast zur unterkühlten klassischen Fassade der Kirche und ihrem roten Backsteinturm aus dem 14. Jh., überragt von einer kegelförmigen Spitze.

Ca´Rezzonico, Museo del´700 Veneziano: Vaporetto 1 (Haltestation: »Ca´Rezzonico«); T. 522 45 43; zugänglich von 10-16h, sonntags von 9-12h. Das stattliche Palais, Architekt war wie bei der Salute-Kirche Longhena, vereinigt das ganze Spektrum venezianischer Kunst des 18. Jhs: mehrere Tiepolos (dem Älteren und Jüngeren), Guardi, Piazzetta, P. Longhi usw., aber auch Mobiliar, Nippes und Kunstgegenstände.

San Sebastiano-Kirche: Campo San Sebastiano; Vaporettolinie 5 (Anlegestelle »S. Basilio«). Mit etwas Glück findet man das Portal offen und wird sich in eine Veronese-Ausstellung versetzt fühlen. Man beachte nur die Deckenfresken. Einen Großteil der Altäre schmücken Werke Veroneses, ebenso wie die Sakristei (»Die Evangelisten« zieren hier die Decke).

La Scuola Grande dei Carmini: vis-à-vis der Kirche gleichen Namens, T. 528 94 20; Einlaß von 9-12h und von 15-18h, außer feiertags, gegen einen Obolus. Touristisches »Muß« wegen der Tiepolo-Decke: »Die Jungfrau Maria überreicht dem seligen Simon Stock das Skapulier«. Vor allem bei den vielen Details hat der Künstler seiner Fantasie freien Lauf gelassen, und das bei einem religiösen Motiv.