Leute
Die Bergvölker
Giraffenfrauen: eine exotische Ethnie
Karen, Lisu und Lahu
Im dicht bewaldeten und gebirgigen Grenzbereich zum ehemaligen Burma, heute Myanmar, leben die langhalsigen »Giraffenfrauen« (Long-necks) aus der Kayan-Ethnie. Die Karenarmee hielt sie bis vor wenigen Jahren hier fest, um aus dem Besichtigungsrecht klingende Münze zu schlagen. Nach Meinung der ICRA, einer Vereinigung zum Schutz der Bergvölker, hatte ein thailändischer Geschäftsmann, Besitzer eines Reisebüros und mehrerer Hotels, die Exklusivrechte zur touristischen Vermarktung der Kayan-Frauen unihrer Familien inne. Die auf diese Weise zur touristischen Ware herabgewürdigten Familien wurden aus ihrem bisherigen Umfeld gerissen und in zwei künstlichen Dörfern zusammengefaßt.
Längst kursieren so viele Gerüchte über das Schicksal der »Giraffenfrauen« dass es schwierig geworden ist, die Wahrheit von der Dichtung zu trennen. Im Interesse fast aller Beteiligten dürfte es wohl liegen, die Öffentlichkeit glauben zu lassen, dass die enormen Einnahmen aus dem Fremdenverkehr teilweise oder ganz den »Giraffen-Familien« zugute kommen. In Wirklichkeit verdienen die Veranstalter der Trekkingtouren, die Armee und die Stadt Mae Hong Son nicht zu knapp an dem Besucherstrom, den diese exotische Ethnie auf den Plan gerufen hat. Offiziell halten sich die Karen und ihre Giraffenfrauen ausschließlich in Myanmar auf, und auch da nur in geringer Zahl. Bei den wenigen, auf thailändischem Boden lebenden Angehörigen bei Mae Hong Son handelt es sich Flüchtlinge: zwischen den bewaffneten Karen-Gruppierungen aus Burma und dem burmesischen ilitär flammen nämlich immer wieder Kämpfe auf. Die Flüchtlinge haben nicht einmal das Recht, thailändischen Boden landwirtschaftlich zu nutzen. Die »Giraffenfrauen« sind also Wirtschaftsgeiseln, da sie praktisch nichts besitzen, womit sie ihren Lebensunterhalt bestreiten könnten. Ihre Lage unterscheidet sich wesentlich von jener der übrigen Bergvölker. Auch wenn der Besuch ethnischer Minderheiten problematisch sen mag, an und für sich aber nichts Verwerfliches darstellt, sofern diese Völker frei sind wie z.B. die Meo, Lisu und Akha so wirft die besondere Lage der »Giraffenfrauen« doch Fragen auf. Die haben nämlich gar keine andere Wahl, als sich je nach Sichtweise besichtigen, bestaunen oder begaffen zu lassen. Nicht viel anders als im Zoo, nur dass hier die Käfige weggelassen wurden. Natürlich kommt ihnen nur ein Bruchteil dr riesigen Summen aus den Besucherströmen zu gute; den zahlreichen »Zwischenhändlern« ist es dabei herzlich gleich, wie es in Wahrheit um sie steht. Schließlich setzt man ja auch alles daran, den Besuch als möglichst natürlich in einem völlig normalen Dorf erscheinen zu lassen. Auf diese Weise wird das schlechte Gewissen der Touristen, das diese gerne mit einem gerüttelt Maß ethnologischen Interesses überdecken, auf ein Mindestmaß gesenkt. Menschlich gesehen finden wir dies inakzeptabel, und wir ratn deshalb vom Besuch der »Giraffenfrauen ab. Ein jeder entscheide aber selbst aufgrund seiner Weltanschauung und handle danach. Mehrere Guesthouses und Kleinagenturen führen Ausflüge zu den Bergdörfern rund um Mae Hong Son durch, wo bisher weniger Fremde einfalls als es im Raum Chiang Mai der Fall ist. Bei Mae Hong Son trifft man vor allem auf Karen, aber auch auf Lisu und Lahu. Das Gebiet ist ferner eine wichtige Durchgangsstation für thailändische Schmuggler und Opiumhändler.
Gesetzt, man gehört zu einer kleinen, noch nicht Pleite gegangenen Gruppe, so läßt man sich von der General Company of Siam (s. Reisebüros in Bangkok) eine Marschroute in diesen Gefilden austüfteln. Und wie wäre es damit, auf dem breiten Rücken eines Elefanten am Fluß entlangzureiten?