Augen auf!
In Caltanissetta und außerhalb
Die Stadt
Alle Dinge von Belang liegen so dicht beieinander, dass sie sich bequem zu Fuß »abklappern« lassen. Nervenzentrum Caltanissettas ist die Piazza Garibaldi, wo sich der Corso Umberto I und der Corso Vittorio Emanuele kreuzen. Auf der Piazza der Neptunbrunnen mit seiner bronzenen Pferdegruppe, und daneben der Duomo.
Duomo: Piazza Garibaldi. Soll man noch viele Worte über den Stil dieses Bauwerks verlieren? Es besitzt eine der verrücktesten bemalten Barockdecken auf ganz Sizilien - das Werk eines gewissen Borremans, vermutlich ein Flame, der irgendwann des Weges kam und hier Licht sah. Auch die Orgel ist ein Wunderwerk mit ihren bemalten Holzfächern und zwei bedeutenden Bildern des Florentiners Paladini.
Chiesa Santa Agata: Corso Umberto. Die Strenge des Äußeren, wo überdies noch die Restaurateure zu Werke gehen, läßt in keiner Weise den Reichtum im Inneren der Kirche erraten: etwa den der Altäre, verziert mit prächtigen Marmorintarsien in allen Farben. Man betrachte nur einmal den dem Hl. Ignatius geweihten. Da bleibt sogar den Jüngern Luthers die Spucke weg!
Palazzo Moncada: Via G. Matteotti. Schöne Bruchsteinfassade mit Skulpturen von fratzenschneidenden Unholden, leider in schlechtem Zustand.
Abtei Santo Spirito: drei Kilometer vor den Toren der Stadt, an der Straße nach Enna. Lohnt dennoch einen Schlenker. Die Abtei wurde von Normannenkönig Roger höchselbst in Auftrag gegeben, um seinen Sieg über die Araber eindrucksvoll zu belegen (in welchem Jahrhundert wohl?). Sie wurde mehrfach überarbeitet, aber die romanischen Apsiden sind noch original. Der heutige Hausherr hat sich zum Kunstpapst aufgeschwungen und führt die Besichtigung durch. Am Choreingang ein verstohlener Hinweis: »Es genügt nicht, zu bewundern!« Wir haben verstanden.
Die kleine Kapelle regt sogar ungläubige Thomasse wie uns zur Besinnung an. Sehenswert ferner das schöne mittelalterliches Baptisterium, ein Fresko mit Christus Pantocrator aus dem 15. Jahrhundert und ein merkwürdiger Beichtstuhl, aus einer reich verzierten, ausgedienten Sänfte gebastelt. Besichtigung täglich um 17h.
Museo Civico: Via Napoleone Clajanni 3, Ecke Via Cavour, in Bahnhofsnähe. Einlaß von 9-17h, aber nicht an Feiertagen. T. 259 36. Zeigt Funde, die bei den jüngsten Ausgrabungen in der Region ans Tageslicht befördert wurden. Höhepunkt ist der Kriegerhelm aus Bronze.
Mineralogisches Museum: Via della Regione 73, T. 59 12 80. Ausgangs der Stadt, an der Straße nach Agrigent. Bus 1 von der Stadtmitte aus. Nur noch bei Anmeldung im Fremdenverkehrsamt zu besichtigen.
Tausende von Mineralien aus Sizilien und allen Teilen der Welt, dazu eine Fotoausstellung zur Geschichte des sizilianischen Bergbaus. Die Bilder sprechen Bände über die unerbittliche Natur und die harten Arbeitsbedingungen in dieser Gegend. Sehr schöne Exemplare von Vulkanschwefel, von CaCO3 und besonders CaSO4(2H2O) - kapiert? Ideal für Studenten der Naturwissenschaften im allgemeinen und der Geologie im besonderen, spricht aber auch Laien wie uns an, für die chemische Formeln immer spanische Dörfer waren.
Das Castello di Pietrarossa lohnt den Weg nicht; mehr als ein Haufen Geröll ist nämlich nicht zu sehen.
Feste während der Karwoche
Auf spektakuläre Weise wird die Leidensgeschichte Christi nachgestellt, unter Mithilfe der ganzen Bevölkerung, die zugleich als Zuschauer und Teilnehmer des Dramas herhält. Vom ästhetischen Standpunkt betrachtet, sicher nicht das schönste Passionsspiel in Sizilien, aber eines der bewegendsten.
Das Fest beginnt am Mittwochmorgen mit dem bunten Umzug der Reale Maestranza, bei dem die alten Zünfte der Arbeiter, Handwerker und Kaufleute vertreten sind. Die Abendmahlprozession nimmt ihren Ausgang in der Kathedrale und zieht durch die Straßen der Altstadt. Die Prozession der Variaede abends ist eine Art Vorwegnahme derjenigen am Gründonnerstag. Am darauffolgenden Tag werden aus ihrem Museum die Vares, Gruppenplastiken der Mysterien, hervorgeholt. Einige von ihnen sind wirklich närrisch, aber die sogenannte »Deposizione« verdient besondere Erwähnung: die Gruppe besitzt ein hohes Maß an Ausdruckskraft und Homogenität. Jedem Vare geht jene Zunft voraus, die ihm traditionell zugewiesen ist. Die ernsten Gesänge hallen unheimlich in den Straßen wider und erinnern an die leiderfüllten Schreie schwer schuftender Arbeiter (etwa bei uns, wenn die Paletten mit neuen Büchern abgeladen werden). Abends wird die Messe vor dem Duomo zelebriert; anschließend zieht eine Prozession mit den beleuchteten Vares durch die Stadt bis zum Augenblick der Spartenza kurz vor Mitternacht, wenn alle zusammen im Dunkel verschwinden. Obskurantistischer Hokuspokus oder emotionsgeladener, pathetischer Moment ... ein jeder entscheide diese Frage für sich selbst.
Am Karfreitag schließlich der letzte Umzug, der des »schwarzen Christus«, bei dem die Honoratioren der Stadt voranschreiten: versinnbildlicht die Allianz der weltlichen Macht, des Schwertes und des Weihwedels.
Rund um Caltanissetta
Unterwegs von Caltanissetta nach Agrigent? Dann nicht vergessen, dass San Cataldo, 6 km hinter Caltanissetta, die Hauptstadt der Spitzenklöppelei ist, namentlich der Ricamo al Tombolo, die auf einem Holzrahmen angefertigt wird.
Auskünfte: Pro Loco, Corso V. Emanuele 169.
Mussomeli: sechzig Kilometer westlich von Caltanissetta, Nähe Nationalstraße Palermo-Agrigent. Ein ursizilianisches Dorf, überragt vom Castello Chiaromontano aus dem 15. Jahrhundert. Man erinnere sich: die Gegend um Caltanissetta gilt als »Provinz der Schlösser«. Die Einwohner sprechen einen kernigen sizilianischen Dialekt.
Fremdenverkehrsbüro: Pro Loco, Piazzetta Monti (neben der Stadtbibliothek), Tel. 993105, prolocomussomeli@ediset.it
Mazzarino: abseits der gewöhnlichen Verkehrswege, vierzig Kilometer südöstlich Caltanissetta. Erst die Richtung Gela und Piazza Armerina einschlagen, dann an Pietraperzia vorbei und nach rechts in Richtung Barrafranca einbiegen. Bis Mazzarino auf dieser Straße weiter. Nettes Ausflugsziel, wenn man von Gela anrückt oder schon zum zehnten Mal in Sizilien weilt. Unbedingt die Kapuzinerkirche anschauen: darin ein wundervolles Tabernakel mit Intarsien aus kostbarem Material - das Werk des Kapuziners Gagliano. Mehrere sehenswerte Werke von Filippo Paladini in verschiedenen Kirchen am Ort, namentlich in der Chiesa San Domenico. Und nicht zu vergessen das Schloß.
Tourismusbüro: Corso Vittorio Emanuele 410, Tel: 38 19 40.
Weiter ab Caltanissetta
Nach Enna: per Bus, fünfmal täglich. Oder mit dem Auto über die Autobahn A 19. Die Zufahrt zur richtigen Piste ist einigermaßen verzwickt: erst die Richtung Palermo wählen und einige Kilometer weiterrollen, bis die Abfahrt nach Enna auftaucht.
Nach Piazza Armerina: täglich ein Bus von der Piazza della Repubblica.