Tivoli
Tivoli
Stadt der Springbrunnen
Zu den Villen d´Este und Adriana: ab Rom U-Bahn B bis zur Endhalte »Rebbibia«. Am Ausgang fährt ein Arcotral-Bus alle zwanzig Minuten nach Tivoli. Zwei Strecken stehen zur Auswahl: über die Nationalstraße, die uns zuerst zur Villa Adriana führt; oder die Direktverbindung nach Tivoli und die Villa d´Este über die Autobahn.
Villa D´Este
In Tivoli selbst sprudeln fünfhundert Springbrunnen und sonstige Quellen, auf die man bei einem Streifzug durch die Alleen und Gärten der Villa an allen Ecken und Enden stößt.
Zuvor sollte man sich jedoch vergewissern, dass diese auch tatsächlich ihre Pflicht tun, nämlich Wasser ausspucken; es gibt nichts Enttäuschenderes, als die Villa d´Este ohne Springbrunnen.
Geschichtliches
Im Jahre 1550 wurde Hippolyt II. Gouverneur von Tivoli. Als Sohn der für ihre Ausschweifungen berüchtigten Lucrezia Borgia mußte er seine Amtswohnung, ein altes Benediktinerkloster, als zu nüchtern empfunden haben (der Apfel ist hier nicht etwa auf Newtons Kopf, sondern nicht weit vom Stamm gefallen); jedenfalls beauftragte er den Architekten Pirro Ligorio, das Gebäude in eine der luxuriösesten Villen der damaligen Zeit zu verwandeln. Hippolyt II. bewarb sich übrigens vier Mal vergeblich um den Papstthron. Danach erlaubte man ihm nicht einmal mehr zu kandidieren: er wurde von der pontifikalen Kurie wegen seiner Intrigen ausgeschlossen. Man muß freilich zugeben, dass er von seinem Großvater, dem Papst Alessandro Borgia, und besagter Mutter wirklich was geerbt haben mußte. Das Gebäude selbst wirkt eher fade, bis auf die leider nicht durchgehend gut erhaltenen Fresken. Von der Loggia bietet sich eine nette Sicht auf die Gärten.
Dank der außergewöhnlichen Wasserspiele wird der Besucher jedoch mehr als schadlos gehalten. Sie waren erklärtermaßen eine Inspirationsquelle für Künstler wie Montaigne und Maurice Ravel. Da wir schon über die mondäne Welt jener Zeit sprechen: Franz Liszt wurde in der Villa d´Este zum Priester geweiht.
Pirro Ligorio hatte ein recht kniffliges Problem zu lösen: wie schafft man das kostbare Naß vom nächsten Wasserlauf, der Aniene, dergestalt zu den Brunnen, dass alle versorgt werden würden. Er ließ unter der Stadt einen großen Tunnel graben und berechnete den natürlichen Wasserdruck, um sich dessen so wirksam wie möglich für die Fontänen zu bedienen. Das ist ihm auch fabelhaft gelungen: das Wasser schießt ohne jede Hilfspumpe aus dem Boden. Wovon der Besucher auch angetan sein wird, ist das subtile Zusammenspiel zwischen der Natur mit ihrer verwunschen wirkenden Flora und den Skulpturen, Brunnen, Becken und anderen von Menschenhand erschaffenen Dingen.
Unmöglich, alle sehenswerten Springbrunnen aufzuzählen, aber den Orgelbrunnen, dem französischen Stilempfinden verpflichtet, sollte man nicht an sich vorbeirauschen lassen. Leider funktioniert der durch Wasserdruck betriebene Mechanismus der Wasserorgel, die einst dem Geschmack der jeweiligen Gäste und Epochen entsprechende Melodien von sich gab, nicht mehr.
Vielleicht wird sich der eine oder andere über die vielen Adlerskulpturen im Park wundern: es handelte sich dabei um das durchaus bescheidene Emblem derer von Este.
Wer einmal in unvergleichlicher Umgebung tafeln möchte, suche das Restaurant Sibilla auf, das die Villa Gregoriana überragt. Man speist auf einer Terrasse, die um eine wunderbare romanische, der Sibylle gewidmete Rotunde angelegt ist, und hört weiter unten das Wasser über die Kaskaden der Villa plätschern, mit Blick auf eine in üppigem Pflanzenwuchs versinkenden Schlucht. Etliche Majestäten haben sich schon in der Eingangshalle verewigt. Selbstredend stinkteuer, was gegen den Wind zu wittern ist.
Villa Adriana (Hadriansvilla)
Der von 121 bis 137 n.Chr. gemäß den nicht unbescheidenen Mitteln seines Auftraggebers gestaltete Landsitz Hadrians. Als einer der ersten Touristen ließ er jene Bauwerke, die er in Griechenland, Kleinasien und Ägypten zu Gesicht bekommen hatte, hier nachbilden. Die Villa war für ihn so eine Art Album, in das er seine Erinnerungen aus fernen Ländern aufnahm. So erinnert z.B. der Canopus, ein aufwendiges, von Statuen und Säulen gesäumtes Wasserbecken, an das gleichnamige Serapis-Heiligtum am Nil. Um den Canopus herum wurden die Kranken gepflegt. In diesem antiken Krankenstation tummelten sich überaus zutrauliche Mädchen, welche die Lebensgeister der Genesenden wiederzuerwecken hatten. Den Ärzten war schon damals die Bedeutung der Gemütslage für den Gesundungsprozeß bewußt. Waren halt keine Schulmediziner wie die meisten unser heutigen Weißröcke!
Vor dem idyllischen Hintergrund der Campagna Romana kommt die Wohlgestalt der antiken Ruinen trefflich zur Geltung. Entzückend z. B. der Teatro Marittimo mit seiner wasserumspülten grazilen Säulenreihe. In der Mitte befindet sich jenes Eiland, auf das sich Hadrian am liebsten zurückzog, um sich in seine Studien zu vertiefen.
An die Villa Adriana knüpft sich eine mysteriöse Geschichte im Leben des Hadrian. Er hatte einen Geliebten, der Bithynier Antinous, für Hadrian Inbegriff der Schönheit, der im Jahre 130 auf einer Fahrt mit dem Kaiser im Nil ertrank. War es ein Opfertod? Sollte der Schöne nicht alt und welk werden? Nach dem Unglück ließ Hadrian den Toten wie einen Gott verehren und baute ihm am Nil eine Stadt, Antinoopolis. Antinoos wurde jahrhundertelang als neuer Serapis verehrt. An den geliebten Toten erinnern zahlreiche Statuen in der Villa Adriana.
Man wird auch von den Ausmaßen der Thermen und der Kühnheit ihrer Wölbungen beeindruckt sein. All dies in einer verträumten, ländlichen Szenerie.
Tatsächlich handelte es sich bei der Villa eigentlich schon um eine Städtchen mit Kaserne, grandiosen Thermen, einer Pferderennbahn, einem Gymnasion, zwei Theatern, zwei Bibliotheken, Basiliken, Tempeln und inspiriert von berühmten Orten der Antike dem Lyceum, dem Prytaneum (Rathaus griechischer Städte), der Akademie, dem Canopus und dem Pecileum, ein 97 mal 232 m großes Areal mit vier heute leider zerstörten Säulenhallen, die ein Becken umstanden. Ganz zu schweigen von der Wohnung des Kaisers und seines Personals. Sich am Eingang unbedingt das Modell der Villa zu Gemüte führen, um sich einen Überblick zu verschaffen.