Die Amish heute
Ankunft in der Moderne: Viele sperren sich
Haben die Amish noch eine Zukunft?
In dieser Gegend mit dem Auto unterwegs, trifft man ständig die bescheidenen, schwarzen Pferdekarren, auf denen eine etwas ungewöhnlich anmutende Gesellschaft hockt, so z.B. sonntags in Churchtown, wo dann um die hundert Wägelchen um die Kirche herum abgestellt sind. Die Männer tragen Bärte wobei sie sich allerdings den Schnurrbart abrasieren , schwarze Hüte und ein einfaches Hemd. Die Frauen tragen ganz schlichte Kleider, die zwar farbig sein dürfen (die meisten tragen gedeckte Farben), aber weder gestreift noch bedruckt. Manche Untergruppen gönnen sich nicht mal ein paar Knöpfe. Die Haare werden niemals offen getragen, sondern stets als Knoten unter einer altmodischen Haube versteckt.
Das Erziehungssystem zielt darauf ab, auf das Leben in der Gemeinschaft vorzubereiten, wobei jegliches Konkurrenzdenken abgelehnt wird. Sonntags wird gemeinsam Gottesdienst gefeiert. Kinder werden erst sehr spät, im Alter von 16-20 Jahren getauft. Die Arbeitsmethoden (Handwerk, Landwirtschaft) gleichen noch jenen im 18. Jh. und haben sich bestens bewährt. Ob es Zufall ist, dass die Amisch-Bauern mit ihren uralten Methoden bessere Ergebnisse erzielen als andere mit den allerneuesten Geräten?
Die Gegend von Lancaster liegt dank der Amischen landesweit ganz vorn, was die Erzeugung von Milch (ihre Spezialität), Eiern, Hühnern, Rindern, Schweinen und Hammeln anbelangt.
Der Erfolg dieser Minderheit, bei der Gemeinschaftssinn und eiserne Disziplin an erster Stelle stehen, wirkt wie eine Ohrfeige ins Gesicht der übersättigten und verschwenderischen amerikanischen Gesellschaft. Paradoxerweise sind es gerade diese Amischen mit der Bibel in der Hand, die den Wohlstand jener Gesellschaft mehren, die sie selbst wie die Pest fliehen.
Also Friede, Freude, Eierkuchen bei den Amischen? Mitnichten. Immer wieder kommt es zu Abspaltungen, da man sich nicht einig ist, wie die Bibeltexte auszulegen sind, wenn es um den Umgang mit der modernen Welt geht. Den jungen Leuten, die ja trotz allem auch mit der Außenwelt konfrontiert werden, fällt es manchmal schwer, den Regeln zu folgen, die u.a. vorehelichen Geschlechtsverkehr verbieten, und von den jungen Männern werden hie und da mal welche abtrünnig.
Ihre Tage sind gezählt. Unter dem Ansturm der Moderne zerbrechen die Familien. Junge Leute sehen nicht mehr ein, warum sie auf Kühlschrank oder fließend warmes Wasser verzichten sollten. Fünf Millionen Fremde suchen jährlich ihr Siedlungsgebiet, das Lancaster Country, heim. Allein siebentausend Personen beschäftigt die Fremdenverkehrsindustrie, halb so viel wie dieses Völkchen von fünfzehntausend Seelen. Die mennonitischen Glaubensbrüder der Amischen tragen erheblich zur ungezügelten Vermarktung bei.
Das Mennonite Information Center, Brennpunkt des Massenzirkus, liegt nahe der Sightseeing Route, dem Old Philadelphia Turnpike, mit Grillbuden, Tankstellen, Andenkenläden, Bretzelfabriken, so wie dem Dutch-Wonderland, einem Vergnügungspark mit historischer Straßburg-Railroad und allem möglichen faulem Zauber. Ortskundige Mennoniten führen dann die Peepshows. Rein im Galopp in die gute gute Stube, wo dann unter Blitzlicht und dem Surren der Kameras nicht der Fremde, nein der Farmer, Truhen oder Schränke aufreißt, die den Touristen eigentlich gar nichts angehen. Da nun aber jeder mal so ein Haus von innen in Augenschein nehmen wird, so wisset: die frommen Brüder verlangen den museumsüblichen Eintritt.
Riesentouristenspektakel auch in Intercourse, wo die Hamburgerfritzen sich als Amish verkleiden, um ihr Zeugs zu verhökern.