Viterbo
Vitero
Achtzig Kilometer vor den Toren Roms, ist das Städtchen Viterbo noch nicht so recht ins Bewußtsein der Tourismusstrategen getreten, die alljährlich ihre Barbarenhorden gen Süden senden. Viterbo ist zu Recht stolz auf seinen einheitlich mittelalterlichen Stadtkern, der auf wunderbare Weise von den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges verschont blieb. Die Geschichte Viterbos ist eng mit jener der Päpste verbunden: die Stadt gewährte ihnen des öfteren Zuflucht, wenn sie sich mal wieder in Schwierigkeiten manövriert hatten. Manche haben dann dort bis ans Ende ihrer Tage gelebt, wenn es ihnen in Rom zu brenzlig wurde. Den »französischen« Päpsten in Avignon waren die Viterber so feindlich gesinnt, dass alle Einwohner für fast ein ganzes Jahrhundert exkommuniziert wurden. Sie waren zurecht empört, da Viterbo durch den Wegzug der Päpste verarmte und verfiel. Wenn man jedoch dem italienischen Sprichwort Glauben schenkt, wonach Viterbo die Stadt der schönen Frauen und Fontänen sei, waren es eher die Päpste, die mit Avignon ein schlechtes Geschäft gemacht hatten.
Anlaufstellen
Stazione Centrale: Piazza Romana, im Südosten der Stadt. Von der Stazione Roma Nord (Viale Trieste, im Nordosten) verkehren die Züge einer privaten Bahngesellschaft zur Hauptstadt.
Fremdenverkehrsbüro: Piazza dei Caduti 16; Tel. 23 47 95. Besetzt werktags (also auch samstags) von 8-14h.
Kost & Logis
Albergo Milano: Via della Cava 54, Tel. 34 07 05. Empfehlenswert, aber nicht ganz billig. Schlicht, sauber und mit familiär-beschaulicher Note. Hundert Meter bergab, auf derselben Straßenseite, eine weitere Herberge, fast um ein Drittel günstiger.
Albergo Roma: Via della Cava 26, Tel. 22 72 74. Gehobeneres Niveau, was sich auch auf die Preise auswirkt.
Hotel Leon d´Oro: Via della Cava 36, Tel. 23 59 54. Etwas schicker und vorbildlich in Schuß.
Trattoria 3 RE: Via Macel Gattesco 3, Nähe Piazza dell´Erbe; Tel. 23 46 19. Vorzügliche Küche.
Ristorante La Pestolaccia: Via delle Fabbriche 20, Tel. 327 55. Innenstadtgasse, die auf die Piazza Fontana Grande mündet. Im gastlichen großen Speisesaal fühlt man sich gleich wohl und wird dieses Gefühl auch bei der regional gefärbten Küche nicht wieder los. Gutsortierte Palette an Antipasti. Der Dienstag wurde zum Ruhetag erkoren. Voilà.
Anschauen
Piazza del Plebiscito: unverkennbar mittelalterlicher Platz am Ende des Corso Italia, beherrscht vom Palazzo Comunale. Sehenswert die Portalvorbauten und ein schmucker Hof mit Brunnen, der auf friedliche Gärten und die unterhalb sich auffächernde patinierte Dachlandschaft hinausgeht. Der Palazzo del Podestà seinerseits kann einen eleganten Campanilen aus dem 15. Jh. vorweisen.
Via San Lorenzo: links und rechts stattliche, alte Wohnhäuser; auch das Verkehrsamt hat einen hübschen Palazzo bezogen. Kurz darauf das Krankenhaus in einem mittelalterlichen Gemäuer. Sehenswert hier der Hof der Verwaltung mit prächtigem Steinbalkon.
An der Piazza San Lorenzo erhebt sich die Kathedrale, die man kaum eigens erwähnen müßte, wären da nicht die in weißen Marmor gehauenen Weihwasserbecken.
In der Papstresidenz Palazzo Papale aus dem 13. Jh. wurden fünf Konklaven abgehalten. Über das letzte lohnt es sich, ein paar Worte zu verlieren: nach vierunddreißig langen Monaten hatten sich die Kardinäle 1271 nicht auf die Wahl eines neuen Kandidaten für das höchste Kirchenamt einigen können. Da wußten sich die Stadtväter keinen anderen Rat mehr, als das Dach über den zaudernden Würdenträgen abtragen zu lassen, damit es auf sie hinunter regne. Der spätere Papst beflügelte den Heiligen Geist dadurch, dass er obendrein die Lebensmittelversorgung kappen ließ. Nur wenige Tage später, erstarrt vor Kälte und mit hungrigen Mägen, wählten die erlauchten Herren Gregor X.! Um ähnliche Vorkommnisse zu vermeiden, bestimmte dieser dann die heute noch gültigen Regeln, wie die Konklaven fürderhin abzuhalten seien. Auf dem Boden sind noch die Löcher zu sehen, in denen die Stangen der Zeltplanen standen, mit deren Hilfe die Kardinäle trocken zu bleiben trachteten. Zum Glück trugen sie noch ihre weiten Kopfbedeckungen.
Via San Pellegrino: wenn wir mit Superlativen auch sparsam umgehen möchten hier handelt es sich ganz einfach um einen der idyllischsten Straßenzüge des ganzen Landes! Und was das tollste ist: das Auge verliert sich in einem bisher »ungelifteten« Mittelalter. Steinalten Behausungen, überwölbten Gassen und weit ausholenden Arkaden haftet nichts Museales an: noch überwiegt die angestammte Bewohnerschaft und verteidigt ihr Viertel gegen die Hegemoniebestrebungen der Antiquitätenhändler. Vollends ins Schwärmen geraten wir auf der Piazzetta San Pellegrino. Hier gilt es, die kleine namenlose Taverne aufzustöbern, deren eindrucksvolle Deckenbalken seit fünfhundert Jahren über den Köpfen der Weintrinker schweben. Da fließt der weiße Landwein aus dem Krug noch mal so flink die Kehle hinunter.
Während des Streifzugs wird man früher oder später auch auf den herrlichen Löwenkopfbrunnen auf der Piazza Fontana Grandestoßen. Am Ende der Via Garibaldi erheben sich noch stattliche Überreste der alten Stadtmauer mit dem Tor Porta Romana und der Kirche San Sisto. Von hier aus führt uns die Viale Capocci zum Museo Civico, mit archäologischer Abteilung und mittelalterlichen religiösen Gemälden.
In der Umgebung
Santa Maria della Quercia: drei Kilometer vor den Toren Viterbos. Renaissancekirche mit hübschem zweistöckigen Kreuzgang; die untere Etage ist gotischen Stils, während die obere angeblich von Bramante stammende Fresken schmücken. Beim Küster nachfragen, um das kleine Votivbildmuseum besichtigen zu dürfen.
Bagnaia: fünf Kilometer östlich von Viterbo. Ein niedliches mittelalterliches Dorf, bekannt durch seine Villa Lante, die ein Bischof hatte erbauen lassen, der sicher kein Armutsgelöbnis abgelegt, aber nichtsdestoweniger guten Geschmack bewies. Vor allem die Gärten lohnen einen Blick; Führungen dienstags bis samstags 9-12h.
Lago di Bolsena: ein Fahrzeug ist für diesen etwa 100 km langen Ausflug ins römische Tuffland, nach Nordwesten, erforderlich. Der dunkelblaue, tiefe See der größte vulkanischem Ursprungs in ganz Italien, ist 146 m tief. An seinen Ufern wechseln sich landwirtschaftliche Kulturen und Sandstrände ab, auch letztere vulkanischen Ursprungs. Unterwegs stößt man auf etruskische Ruinen, vor allem in Rovine di Ferento, einige Kilometer nördlich von Viterbo, wo außerdem ein römisches Theater, die zum Standardrepertoire zählenden Thermenruinen und Grabstätten erhalten sind. Das alte Dorf Bolsena weiß mit seinen mittelalterlichen Gassen und der romanischen, Santa Cristina gewidmeten Kirche, zu bestricken. Die Heilige Christina soll im See umgekommen sein, ihr Grabmal liegt in einer Höhle. Hier spielte sich auch das »Wunder von Bolsena« ab, das den Papst Urban IV. dazu bewegte, mit dem Bau des Duomo d´Orvieto zu beginnen.
Verkehrsbüro: an der Piazza Matteoti.
Mehrere Zeltplätze, darunter der Lago, Viale Cardona 6, ganzjährig geöffnet; La Pineta, Viale Diaz 48; Aufnahme von Juni bis September.
Jugendherberge: Viale Diaz 10; auch das ganze Jahr über offen.