Wolken am Horizont
Wolken am Horizont
Dennoch türmten sich bedrohliche Wolken am ökologischen Horizont auf: das der Wüste abgerungene Ackerland führte infolge eines mangelhaften Bewässerungssystems, in Verbindung mit irrsinnigen Subventionen, zu einer unglaublichen Wasserverschwendung Swimmingpools und »großzügiger« Lebensstil sowie eine jahrelange Dürre bewirken ein Übriges. Das San-Joaquin-Tal, das Große Kalifornische Längstal, das nicht nur den amerikanischen Markt mit Obst und Gemüse beliefert, sondern aus dem auch ein Gutteil unserer Walnüsse und Zitrusfrüchte u.a. stammt, ist der mit Pestiziden verseuchteste Landstrich des Kontinents. Zahlreiche Bewohner leiden unter Akne, Ausschlägen, Störungen des Allgemeinbefindens u.a. und sterben an »rätselhaften« Krankheiten. Und der Smog über Städten wie Los Angeles ist bereits sprichwörtlich.
Umweltprobleme und Lebenshaltungskosten, die qualifiziertes Personal abschreckten, läuteten eine Absatzbewegung zahlreicher Firmen nach Oregon und Washington State ein. Obwohl die Computerindustrie als »sauber« gilt, wird bei der Herstellung von Chips u.a. mit großen Mengen an Giftgasen, Säuren und Lösungsmitteln hantiert. Gründliche Reparaturen in den ultra-sauberen »Clean Rooms« sind selten, denn eine Minute Stillstand beläuft sich auf über tausend Dollar. Im Jahre 1982 hatte die »Silicon Valley Toxics Coalition« die Verseuchung zahlreicher Brunnen durch lecke Säuretanks und darauf zurückgehende Tot-, Miß- und Fehlgeburten aufgedeckt. »All diese Probleme sind nicht real: sie sind eine Erfindung der Gewerkschaften«, tönte Robert Noyce.
Die Bevorzugung der militärischen Forschung zu Ungunsten der zivilen Grundlagenforschung begann, sich bitter zu rächen. Militärische Forschung brachte zwar zunächst Geld in die Kassen, schuf aber wegen der Geheimhaltungsvorschriften keine kommerziell verwendbaren Waren, Gebrauchsgüter usw. Zudem waren die Exportbeschränkungen der Regierung eher von neurotischen Zügen als von Vernunft gezeichnet. Während die amerikanischen Firmen also ihre Energie in nicht verwertbaren militärischen Produkten banden, entwickelten die Japaner immer bessere und leistungsfähigere, so dass das Pentagon sogar mit japanischen Baueelementen bestückte Militärelektronik kaufen mußte.
Asiatische Computerhersteller überholten bald einheimische Firmen oder entwickelten sich zu Mitbewerbern. Fujitsu kaufte 1987 Fairfield Semiconductor.
Verfehlte Modellpolitik brachte den Riesen IBM, »The Blue Company«, ins Schlingern und kostete in einer ersten Entlassungswelle weltweit 20.000 Mitarbeitern den Posten.
Eine Beschleunigung des wirtschaftlichen Niedergangs bewirkte das Ende des Wettrüstens mit dem Zusammenbruch der UdSSR und damit dem Verlust zahlreicher Arbeitsplätze in Produktion und Forschung, ferner die Reagansche Politik, unter der Investitionen ausblieben und Sparen zum Fremdwort wurde.
In den letzten Jahren verlor Kalifornien zahlreiche Arbeitsplätze, so dass zeitweilig jeder Neunte arbeitslos war. Wer kann, zieht möglichst weg. So werden die Staaten weiter östlich, Montana beispielsweise, immer beliebter, weil Natur und Umwelt noch in Ordnung zu sein scheinen und Bauland günstig zu haben ist.
Im August 1992 stand Kalifornien vor der Pleite und gab an seine Bediensteten Schuldscheine als Zahlungsmittel aus. Die Folge waren drastische Einsparungen im sozialen Bereich, Steuererhöhungen und das Einfrieren von Löhnen und Gehältern aller Staatsbediensteten. Während Wohlhabendere und Unternehmen in steuergünstigere Staaten abwandern, drängen aus Mexiko und ganz Südamerika weiterhin Habenichtse nach, um sich in die Schlange der um Wohlfahrtsschecks Anstehenden einzureihen.
Die Zukunft? Heute herrscht wieder Optimismus, Internet beflügelt die Aktienkurse. Der ehemalige Stanford Professor und spätere Silicon-Graphics Geschäftsführer James H. Clark, der die Trickszenen von Jurassic Park entwickelt hatte, tat sich mit dem damals zweiundzwanzigjährigen Stanford-Studenten Marc Andreessen in der Firma Netscape Communications zusammen. Mit ihrem Netscape Browser, einem Suchprogramm fürs Internet, lösten sie eine wahre Kaufhysterie bei den Anlegern aus. An der Börse wurde die Firma mit ihren 80 Millionen Dollar Umsatz auf zeitweilig 7 Milliarden bewertet.
Die vorerwähnte Firma Sun Microsystems macht mit der neuen Programmiersprache Java Furore und zwang sogar Microsoft zur Anerkennung von Java als künftige Norm in der Online-Welt.
Apple hingegen geht es schlecht, Steven Jobs wurde aus der Firma gedrängt, der angekündigte Hochleistungscomputer Newton wurde zur Lachnummer, weil die automatische Handschrifterkennung mangelhaft war. Aufgrund von Managementfehlern türmten sich Mitte 1995 nicht zu erfüllende Aufträge im Wert von einer Milliarde Dollar.
Wie auch immer: dem alten Santa-Clara-Tal sagt Stephen Wozniak, der sich als Vierundreißigjähriger mit 50 Millionen zurückzog, Verhältnisse wie im heutigen Los Angeles voraus: Vorortbrei, schäbiger Häusermüll, Autobahnen, auf denen die Autos nur so dahinkriechen.