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Las Vegas

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Stadt des Glücksspiels (Vorwahl: 702)

Auf gut Glück heiraten – in Las Vegas

... die »Wiesen« oder »Auen« auf Spanisch. Knapp 400 km nordöstlich von LA und 680 km südöstlich von SF. Das erste Kasino, eher ein Puff- und Amüsierbetrieb, in Gestalt eines Mississippidampfers ließ vor einem halben Jahrhundert der legendäre Mafioso Bugsy (Benjamin) Siegel nach Aufhebung des Glücksspielverbots mitten in der Wüste stranden. Das Tal von Las Vegas war ursprünglich Lagerplatz für die Trecks, welche die alte Strecke zwischen Santa Fé und Kalifornien entlangzogen (1840). So hatten hier wegen zweier artesischer Brunnen nur einige Mormonen gehaust, und ab 1904 legte die Eisenbahn auf dem Wege zwischen Salt Lake City und Los Angeles hier einen Halt ein.

Heute siedeln im Großraum LV rund 700.000 Menschen, wovon etwa 80% in der Unterhaltungsindustrie tätig sind.

Egal ob man zum Amüsement oder zum Sonnen herfindet, ob man zum Heiraten, für die Scheidung – oder beides? – sein Geld aufs Spiel setzt, um mit vollen oder leeren Taschen, wobei letzteres wahrscheinlicher ist, wieder abzureisen: in jedem Fall muß man in Las Vegas des nachts ankommen, auch weil tagsüber die Hitze schier unerträglich ist.

Hinter- und Abgründe

Ein merkwürdiger Ort. Ein von uns verehrter Schriftsteller drückte das so aus: »Dies ist die einzige Stadt der Welt, die rund um die Uhr durch Aufputschmittel und Leuchtreklamen, Musik und Spiel des Zufalls in Bewegung gehalten wird«.

Für lesenswert halten wir die burleske Komödie von Hunter S. Thompson »Fear and Loathing in Las Vegas«, Popular Library, eine wilde Reise ins Herz des »American Dream«, die so manchen Lachausbruch beschert.

Eine kritische Würdigung dieser »Stadt der Automaten« – erst nach einem Besuch zu lesen – findet sich übrigens bei Umberto Eco, »Über Gott und die Welt, Essays und Glossen«, Carl Hanser Verlag München, Wien.
Scheidung und auch Heirat war in den meistens puritanisch oder katholisch geprägten Staaten eine heikle Sache, und lange Wartezeiten sowie schwerwiegende Gründe waren dafür notwendig. Nur Nevada zeigte sich auf diesem Gebiet liberal, denn es mußte möglich sein, Cowboys und Pioniere, die nur auf der Durchreise waren, ohne viel Aufhebens zu verehelichen. Für eine Scheidung beträgt die Wartezeit sechs Wochen, gerade die notwendige Zeitspanne, um Bürger des Staates Nevada zu werden. Der Scheidungssuchende hat also nur 42 Tage Urlaub in einem Hotel von Las Vegas zu verbringen, denn auch um das Scheidungsmotiv kümmert sich der Staat Nevada, indem er als hinreichenden Grund »seelische Grausamkeit« zuläßt.

Heiraten gestaltet sich noch einfacher, da es nicht mal notwendig ist, eine bestimmte Aufenthaltsdauer nachzuweisen, sondern völlig ausreicht, zu zweit aufzutauchen und ein Formular auszufüllen. Daher strömen jedes Jahr Hunderttausende von Amerikanern, die es eilig haben, in den Hafen der Ehe einzulaufen bzw. ihn zu verlassen, in die Stadt.

Die Haltung der Behörden gegenüber dem Glücksspiel ist mit Sicherheit eine Folge der liberalen Scheidungsgesetze, denn irgendwie müssen die »Anwärter« ja 42 Tage lang beschäftigt werden. 1931 wurden alle Glücksspielarten ohne weitere Formalitäten zugelassen, und heute sind, mehr noch als die Eisenbahn oder das Roulette, der Spielautomat, die slot machine oder der one-armed-bandit, die Markenzeichen Nevadas. Letzterer stammt aus der Zeit der Prohibition und war ursprünglich ein zweckentfremdeter, umgebauter Bonbonautomat.

Den wahren Aufschwung aber erlebte Las Vegas in der Nachkriegszeit, und zwar weil sich die Soldaten von Camp Desert Rock, dem Atomtestgelände, hier vergnügten. »Lost Wages«, Stadt des verjubelten Soldes, nannten sie LV.

Weiterer Grund: mangels vernünftiger Sozialversicherung in den USA haben die Gewerkschaften ihre eigenen Rentenkassen eingerichtet. Die mächtige Gewerkschaft der Lastwagenfahrer (teamsters, von »team« of horses, Pferdegespann) entschloß sich eines Tages, ihre enormen Geldmittel gewinnbringend anzulegen. Ihre Beziehungen zur Mafia bewogen sie, das Geld in die Kasinos von Las Vegas zu stecken, denn abgesehen von den ungeheuren Profiten haben diese Unternehmen den weiteren Vorteil, dass fast die gesamten Einnahmen in Form von Bargeld getätigt werden.


Das erste Riesenkasino von Las Vegas, auf eine reiche Klientel aus Los Angeles zielend, war das noch heute existierende Pink Flamingo von Siegel. Ein bißchen Statistik: pro Jahr gewinnen über fünfzig Personen über 200.000 $. Quasi die Hälfte des Gewinns, den die Hiltonkette in den USA einstreicht, stammt aus ihren beiden Hotels in Las Vegas.

  • Jeden Monat wächst die Einwohnerzahl um 4000 Personen. Die Stadt ist mit ihrem Wasserkontingent aus dem Colorado, der mittlerweile sieben Staaten sowie auch ein wenig Mexiko versorgt (Hoover Damm), am Ende. Die Wasservergeudung ist mit Swimmingpools, Fontänen, Bewässerung u.a. für 22 Golfplätze maßlos in einer Gegend, in der zehn Zentimeter Niederschlag jährlich fallen. Der Verbrauch pro Einwohner beträgt 1200 Liter täglich, doppelt soviel wie im Landesdurchschnitt, drei Mal soviel wie in Los Angeles. Die beiden unter LV liegenden Quellen nebst Wasserspeichern sind derartig leergepumt worden, das sich Stadt und Umgebung stellenweise um zwei Meter senkten.

    Selbst wenn das »Mirage« behauptet, den niedrigsten Wasserverbrauch pro Hotelzimmer auf der ganzen Welt zu haben, so sind´s immer noch 3000 Zimmer. Der Verteilungskampf wird zwischen Städten und Landwirtschaft entbrennen. LV möchte Wasservorräte im Norden des Staates anzapfen, womit die Farmer dort gar nicht einverstanden sind. Das Mirage begründet seinen Anspruch auf Wasser damit, das im Hotel mehr Arbeitsplätze geboten werden, als in der ganzen Landwirtschaft des Staates.