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Indianerreservate

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Statt “Rothäute“ sagt man nun „Native Americans“

Wie ein jeder weiß, heißen die Ureinwohner der USA »Indianer«, weil Christoph Kolumbus nicht unseren vorbildlichen Reiseführer besaß und deshalb davon überzeugt war, in Indien gelandet zu sein. Also, unter uns gesagt, er hätte seinen Irrtum schnell bemerken müssen, denn so ähnlich sind sich New York und Bombay ja nun wahrhaftig nicht.

Die ersten Siedler hießen die Indianer »Rothäute«, nicht wegen ihrer natürlichen Hautfarbe, die eher ins Gelbliche spielt, sondern wegen der roten Bemalung, die sie bei bestimmten Anlässen trugen. Der weiße Mann zeigte in seiner Gier nach Land und Reichtümern keinerlei Interesse, friedlich mit den Indianern auszukommen. Und da das Gewehr Pfeil und Bogen überlegen war, bemächtigte er sich ohne Gewissensbisse des Landes. Er nahm den Indianern durch die Ausrottung der Büffel zuerst ihre Lebensgrundlage – Buffalo Bill, eine der widerwärtigsten Figuren der amerikanischen Geschichte, war ein besonders begeisterter Anhänger dieses »Sports« – und schließlich auch ihr Leben und ihre Kultur.

Erst seit ein paar Jahren stellen die Indianer, dank des Engagements einiger bedeutender Persönlichkeiten aus Politik und Show-Business, kein vom Aussterben bedrohtes Volk mehr dar. Durch den Einfluß der Medien wurde es ihnen im beschränkten Umfang möglich, ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.

Die Übriggebliebenen steckte man in Reservate, Landstriche, die im allgemeinen den Weißen wirtschaftlich unbedeutend schienen. Hie und da unterlief ihnen aber doch ein Irrtum, und so konnten die Irokesen in Oklahoma sich manchen Dollar verdienen, seit auf ihrem Land Öl entdeckt wurde. Nach und nach versuchte man, die Indianer gesellschaftlich einzugliedern, was oft bedeutete, dass man sie aus den Dörfern in die Städte lockte, wo sie meist zu den Ärmsten der Armen zählten. Manche, wie z.B. die Mohikaner im Staat New York, hatten mehr »Glück«. Dank ihrer Schwindelfreiheit sind sie gesuchte Arbeiter beim Bau von Wolkenkratzern.

Übrigens: bis vor fünfzig Jahren besaßen Navajos, Hopis, Apachen, Papagos, Pueblos, Supais usw. nicht einmal die amerikanische Staatsangehörigkeit, galten also vor dem Gesetz als Heimatlose!

Möchte man die Überlebenden des – schamloser Weise auch noch als besonders heldenhaft glorifizierten – Völkermordes kennenlernen, so stößt man auf ein seltsames Paradox: Navajos, Hopis, Apachen, Papajos, Pueblos, Supai und viele andere wohnen heute außerhalb der Reservate, und man begegnet ihnen auf den Straßen, in den Wüsten und Bergen. Doch wenngleich sie sich unter uns befinden und man sie gerne anspräche, so trägt man doch zugleich Vorstellungen vom »hinterlistigen« oder »bedauernswerten Indianer« mit sich herum, die dazu führen, dass man gehemmt ist, sich schuldig fühlt und Angst hat zu stören.

Die Indianer besitzen wie alle Menschen eine ihnen eigene Art, und wir sollten es nicht als unfreundlich oder reserviert empfinden, wenn sie keinen roten Teppich für uns ausrollen; denn die Indianer versuchen nie, sich einzuschmeicheln oder übertrieben gefällig zu sein.

Geben wir also unsere anerzogene Etikette an der Garderobe ab, verhalten wir uns natürlich, zeigen wir unsere Gefühle und achten wir unser Gegenüber. In den Wüsten, Bergen und Canyons mit ihren Bewohnern, den Schlangen, Kakteen, Koyoten, Pferden, Yuccas, Skorpionen und vielem mehr, lernt man von neuem, sich seiner eigenen Augen und Ohren zu bedienen, sobald man bereit ist, den Komfort der asphaltierten Highways hinter sich zu lassen. Will man die Indianer nicht nur als Tourist erleben, sollte man damit beginnen, seinen Terminkalender zu vergessen und nach der Indian time zu leben.

Wird man von Indianern eingeladen, stellt man sehr bald fest, dass diese niemals nur um des Redens willen reden, dass ihnen verneinende Wendungen zuwider sind und dass man sein Schulenglisch vergessen muß, um das der Indianer zu lernen, die um diese Sprache auch nicht herumkommen. Zumindest solange man die Indianersprachen noch nicht beherrscht, was natürlich ideal wäre.

Im Politischkorrektsprech ist das Wort »Indian« verpönt: »richtig« heißt »native American«, eingeborener Amerikaner. Voilà – lernt um, Leute, lernt um ...