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Geschichte

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Geschichtlicher Rückblick

Zur Erinnerung: 1498 hatte der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama den Seeweg nach Indien ausgetüfelt, womit er dem kleinen Land am Südwestrand Europas für kurze Zeit Gelegenheit bot, Weltmacht zu spielen. Denn die Portugiesen konnten nun jene Gewinne aus dem gewinnträchtigen Gewürzhandel einstreichen, die zuvor die Kassen anderer arabischer und europäischer Mächte gefüllt hatten (z.B. die der oberitalienischen Stadtstaaten). Bevor Jorge Alvarez 1513 allerdings als erster Portugiese seinen Fuß auf chinesischen Boden setzen konnte, wurden erst Goa (in Indien) und Malakka (heute Malaysia) als militärische Brückenköpfe und Handelsniederlassungen ausgebaut.

Strategische Vorteile

Macao bot Portugiesen und Chinesen eine Vielzahl strategischer Vorteile: es liegt am Westufer der Mündung des Perlflusses, war also mit dem südchinesischen Handelszentrum Kanton verbunden und konnte bei Bedarf vom Rest des auf Abstand bedachten Chinesischen Kaiserreiches abgeriegelt werden. 1557 überließ China den Portugiesen die Halbinsel Macau auch als Gegenleistung dafür, dass portugiesische Seefahrer einen Großteil der Piraten, welche damals die chinesische Küste heimsuchten, unschädlich gemacht hatten. Damit stellt Macau die älteste koloniale Niederlassung der Europäer in Fernost dar. Lange Zeit hatte die Halbinsel das Monopol im China- und Japanhandel inne, und im Gefolge von Kaufleuten (Taipans) – darunter auch deutsche – und Soldaten begaben sich christliche Missionare an die »Bekehrung« dieser beiden fernöstlichen Reiche. 1575 wurde Macau von Papst Clemes XIII. denn auch zum Bischofssitz erhoben.

Kein Wunder, dass die gedeihende Halbinsel den Neid der mit Portugal wetteifernden Seemächte weckte, besonders der Spanier, Holländer und Briten. Irgendwie gelang es der kleinen portugiesischen Kolonie aber immer wieder, Begehrlichkeiten oder militärische Angriffe abzuwehren. Als die Holländer 1622 zu landen vermochten und bedrohlich naherückten, traf eine portugiesische Kanonenkugel die Pulverkammer der Angreifer. Glück gehabt? Mitnichten: göttlicher Fügung war dieser militärische Erfolg zuzuschreiben, schließlich handelte es sich bei den Holländern um ungläubige Protestanten. Auch den Engländern wollte im Poker um Macau kein Stich so richtig gelingen, und so schufen sie sich 1841 einen eigenen Stützpunkt: den Tiefseehafen Hongkong. Der mächtigen Konkurrenz Hongkongs und der chinesischen Freihandelshäfen hatte das verarmte Portugal bald nichts mehr entgegenzusetzen: Macau büßte seine wirtschaftliche Vormachtstellung ein und dümpelte fortan nurmehr im Windschatten der aufblühenden Kronkolonie. Im Hafen wurden zwar weiterhin Fisch, Reis, Textilien und andere chinesische Erzeugnisse umgeschlagen, Produktion und Ausfuhr konnten sich jedoch nie mehr am Handels- und Finanzzentrum Hongkong messen.

»Cidade do Nome de Deus de Macau – Nao há Outra Mais Leal« ... lautet der Wappenspruch Macaus, übersetzt etwa »Stadt mit dem Namen Gottes – Es gibt keine treuere«. Diesen Ehrentitel erwarb sich die Enklave in den Jahren 1580 bis 1640, als spanische Könige auf dem portugiesischen Thron saßen, die Bewohner Macaus in einem Akt zivilen Ungehorsams aber dennoch die portugiesische Flagge hißten.

Tausende von Flüchtlingen haben sich inzwischen auch in der lusitanischen Enklave am Südchinesischen Meer niedergelassen. Insgesamt stellen die Chinesen neunzig Prozent der Bevölkerung, und es besteht kein Zweifel, dass Kanton und Peking letztendlich in Macau mehr zu melden haben als die Regierung im fernen Lissabon. Dazu paßt, dass die Roten Garden 1967, also während der chinesischen Kulturrevolution, auch in Macau wüteten, während von der Nelkenrevolution in Portugal 1974 kaum Notiz genommen wurde. Infolge der Unruhen gegen Ende der sechziger Jahre sah sich Lissabon gezwungen, dem übermächtigen Nachbarn Zugeständnisse zu machen: ähnlich wie in Hongkong mußten sich die Behörden dazu verpflichten, alle illegal eingewanderten Flüchtlinge abzuschieben. Damals hatte Lissabon übrigens die Rückgabe Macaus angeboten und stieß mit diesem Ansinnen in Peking auf taube Ohren. Wohl ein einzigartiger Vorgang in der Kolonialgeschichte, dessen Hintergrund jedoch einleuchtet: hätte Peking damals den Abzug der Portugiesen – ihre Zahl beläuft sich auf spärliche viertausend – erzwungen, wäre auch das Vertrauen der kapitalistischen Welt in den Fortbestand der britischen Kronkolonie Hongkong erschüttert worden. Und an einem Fortfall dieser wichtigen Devisenquelle waren die Chinesen natürlich nicht interessiert. Am 31. Dezmber 1999, zwei Jahre nach der Übergabe Hongkongs, wird Macau in chinesische Hand übergehen: und man möchte doch eine wirtschaftlich potente Taube dort sitzen sehen und keinen armseligen Spatzen.

Wie auch immer: Portugal verwaltet Macau nun seit vierhundert Jahren. Wenngleich seine Zukunft im Ungewissen liegt, so wird sich solange nichts am pseudoneutralen Status Quo der portugiesischen Enklave ändern, wie dieser China, Hongkong, Portugal – und den unverbesserlichen Glücksspielern – Vorteile verspricht.