Sextourismus
Sex- und Heiratstourismus
Transnationale Prostitution
Voraussetzung für das Phänomen Sextourismus ist laut Professor Kleiber von der FU Berlin »ein starkes ökonomisches Gefälle zwischen den Ziel- und den Herkunftsländern«. Im Klartext: in Pattaya markiert der deutsche Michel den dicken Max und erkauft sich jene Chancen, die er zu Hause meist nicht hat. Wie sieht denn nun so ein Sextourist aus, einer unter schätzungsweise hunderttausenden allein in Deutschland? Alleinlebend nur ein geringer Prozentsatz ist verheiratet überwiegend zwischen zwanzig und dreißig Jahren alt (ein weiteres Drittel zwischen dreißig und vierzig), unterdurchschnittliche Bildung, unterdurchschnittliches Einkommen, erstaunlich naiv zudem: viele fallen aus allen Wolken, wenn sie feststellen, dass »ihr« Mädchen als Prostituierte arbeitet, transsexuell ist und sich von einem halben Dutzend Boyfriends aus aller Herren Länder Schecks per Post zusenden läßt. In Bangkok und Pattaya verdingen sich etliche Studenten als Übersetzer jener Briefe, in denen die Frauen ihrem Liebhaber nach Deutschland schreiben, er sei der einzige und ihre Liebe gelte nur ihm allein. Und so möchten denn auch fast vierzig Prozent der männlichen Sextouristen ihre Begleiterin beim nächsten Urlaub wiedersehen.
Übrigens stehen deutsche Freier in Pattaya und anderswo nicht alleine da: Japanern, Malaysiern, Koreanern, Hongkongchinesen, Taiwanesen oder Männern aus Singapur liegt das Sexdorado wider Willen räumlich ja noch viel näher. Und für männliche Thais (sogar Studenten!) zählt der Bordellbesuch ohnehin zum selbstverständlichen Bestandteil des Alltags.
Ein Wort noch zu jenen Thaifrauen, die als Ehefrauen deutscher Männer den Sprung nach Hamburg oder Eisenach geschafft haben übrigens dächte kein Thai auch nur im Traum daran, eine frühere Prostituierte zu heiraten, nicht einmal im armen Nordwesten, wo in etlichen Dörfern chronischer Frauenmangel herrscht: es fehlt ihnen meist an Sprachkenntnissen, sie kommen weder mit dem Klima, noch mit der ungewohnten Kost zurecht, der spendable Gönner entpuppt sich als armer Tropf und ist nicht in der Lage, die Familie der Ehefrau mit monatlichen Zahlungen zu unterstützen usw. Zu Hause sitzt das Geld eben nicht so locker wie im preiswerten Thailand.
Aller Voraussicht nach wird sich das längst zum Imageproblem avancierte Thema Prostitution im Wirtschaftswunderland Thailand spätestens dann von selbst gelöst haben, wenn der Fremdenverkehr wirtschaftlich nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Schon droht dem Bangkoker Rotlichtviertel die Abrißbirne: man braucht Platz für Bürohochhäuser; und in Pattaya siedeln sich immer mehr arbeitsplatzverheißende Großunternehmen an ...