Schauplatz der Ursprünge
Schauplatz der Ursprünge
Wie erklärt sich diese ungebrochene Begeisterung, diese Vorliebe für angebliche Geheimnisse, nur Eingeweihten zugänglich, die im Besitz geheimer Wissenschaften sind?
Der Grund ist darin zu sehen, dass sich die ungestillte Sehnsucht nach dem Ursprung nach wie vor an Ägypten festmacht. Etwas vereinfacht gesagt, finden wir an der Wurzel der abendländischen Geschichtsphilosophie zwei radikal entgegengesetzte Grundmythen, die sich jedoch ergänzen. Einer davon handelt vom guten Wilden, vom Widerspruch zwischen Natur und Kultur – das Rousseausche Thema, das teilweise auf der »Entdeckung« Amerikas beruht. Und im fernen Osten wirkt Ägypten wie ein weiterer vergessener Kontinent, wie ein zweites Amerika. Andererseits geistern seit Plato die Idee und die Hoffnung umher, gerade hier, auf dem Grund der Urzivilisation, sprudele die Quelle allen Wissens; Kultur versus Natur. Der Vorhang hebt sich noch einmal über dem ersten Akt.
So gesehen, erweisen sich Freuds Überlegungen als überaus aufschlußreich. Der Vater der Psychoanalyse war ein erklärter Liebhaber pharaonischer Kunstgegenstände (sein Schreibtisch stand voll davon). Er interpretierte die ägyptischen Gegebenheiten auf ganz persönliche Art, mit der Ägyptologen durchaus nicht einverstanden sein müssen. Denken wir nur an seinen berühmten Aufsatz Moses und der Monotheismus. Aber das ist in diesem Zusammenhang unwichtig. Was zählt, sind die Metaphern aus der Archäologie, insbesondere der ägyptischen, die in der Definition von Psychoanalyse verwendet werden. Denn ihr geht es doch auch darum, die menschliche Psyche Schicht für Schicht freizulegen, bis hinab zur ältesten, unauslöschlichen. Zurück zu den Ursprüngen.